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Zusammenlegung BKA und BundespolizeiDeutschland plant die Superpolizei

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) will Bundespolizei und Bundeskriminalamt zusammenlegen. Die Länder protestieren gegen die Schaffung einer "Mammutpolizei".

Einflug der Superpolizei? Beamte des Bundeskriminalamts. Bild: dpa

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Bundespolizei mit dem Bundeskriminalamt (BKA) zu einer "Polizei des Bundes" zusammenlegen. Einen entsprechenden Vorschlag einer von ihm im Frühjahr eingesetzten Expertenkommission nannte de Maizière am Donnerstag "überzeugend, bedenkenswert und verfolgenswert". Er plädierte für eine rasche Reform: Noch in dieser Legislaturperiode sollen die Pläne umgesetzt werden, wie genau, wolle er im Frühjahr entscheiden.

Begründet wird die Reform von der Kommission mit mangelnder Kooperation und zum Teil unklaren Zuständigkeiten; allein auf Bundesebene befassten sich vier Behörden mit der Kriminalitätsbekämpfung. Vorsitzender der Kommission war der frühere Verfassungsschutzpräsident Eckart Werthebach (CDU), weitere Mitglieder waren unter anderem Ex-Generalbundesanwalt Kay Nehm und der ehemalige Chef des Bundeskriminalamts, Ulrich Kersten.

Offen ist noch, von wo aus die neu zu schaffende Polizeibehörde geleitet werden könnte. Die aus dem ehemaligen Bundesgrenzschutz entstandene Bundespolizei mit derzeit 41.000 Mitarbeitern hat ihren Hauptsitz in Potsdam, das BKA mit rund 5.500 Mitarbeitern in Wiesbaden. De Maizière deutete allerdings an, dass es auch möglich sei, die Leitung einer neuen "Polizei des Bundes" direkt im Innenministerium in Berlin anzusiedeln.

Aus mehreren Bundesländern kam am Donnerstag umgehend Protest an den Plänen - offenbar aus Angst, dass den Länderpolizeien Kompetenzen verloren gehen könnten. "Ich lehne eine Zusammenlegung von Bundespolizei und BKA strikt ab", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Er werde einer solchen "Mammutpolizei" nicht zustimmen. Der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) warnte vor einer "zentralistischen Konkurrenz zu den Länderpolizeien" durch eine umfassende Polizei des Bundes. Skeptisch zeigte sich auch die Opposition im Bundestag.

De Maizière wies am Donnerstag Einschätzungen zurück, mit der Reform entstehe ein "deutsches FBI". Die US-amerikanische Behörde arbeite mitunter wie ein "Quasi-Nachrichtendienst", in Deutschland halte man an der Trennung zwischen Nachrichtendiensten und den Polizeibehörden fest. "Ich habe keine finsteren Pläne im Hintergrund", sagte de Maizière. Eine Grundgesetzänderung solle es für die Reform nicht geben.

Anders als von manchen erwartet, soll der dem Finanzministerium unterstehende Zoll nicht in den Umbau einbezogen werden. Die Zollfahndung und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit sollen in der bisherigen Form bestehen bleiben, so die Vorschläge. Die FDP hatte vor kurzem für eine Fusion großer Teile des Zolls mit der Bundespolizei plädiert. Die Kommission will nun lediglich die Zoll-Spezialeinheit ZUZ in die GSG 9 der Bundespolizei integrieren.

Unabhängig von der Frage einer erst noch zu schaffenden "Polizei des Bundes" soll es nach Vorstellung der Kommission zu einer Verschiebung mancher Zuständigkeiten von der Bundespolizei hin zum BKA kommen, etwa bei schwerer Schleusungskriminalität oder Piraterie. Im Gegenzug sollen die Bundespolizisten für den Personenschutz von Ministern, Abgeordneten und andere Mitglieder der Verfassungsorgane zuständig sein - allerdings erst wenn die neue Superpolizeibehörde steht.

Neu geschaffen werden sollte als Reaktion auf die zunehmende Computerkriminalität nach Ansicht der Kommission ein gemeinsames Strategiezentrum von BKA und Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. "Der Polizist der Zukunft wird der mit der PC-Maus in der Hand sein", sagte Kommissionschef Werthebach.

Außerdem plädieren die von de Maizière eingesetzten Experten in ihrem Gutachten für eine deutliche Ausweitung der Videoüberwachung: Auch S-Bahnhöfe, kleine Bahnhöfe und Haltepunkte des Regionalverkehrs sollten videoüberwacht werden, finden sie. Die Landespolizeien müssten auf diese Aufzeichnungen Zugriff erhalten. Zu diesem Teil der Vorschläge sagte Innenminister de Maizière am Donnerstag nichts. Eine Projektgruppe im Ministerium soll alle Ideen nun prüfen.

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21 Kommentare

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  • J
    Jonny

    die Leute, die hier von Gestapo faseln oder Vergleiche zur DDR ziehen, machen mir mehr sorgen als der Innenminister.

  • A
    Achtung!

    "in Deutschland halte man an der Trennung zwischen Nachrichtendiensten und den Polizeibehörden fest. "Ich habe keine finsteren Pläne im Hintergrund", sagte de Maizière."

     

    Also bekommen wir in diesem Schritt nur eine neue "Staatspolizei" -StaPo

    "geheim" (Ge) wird sie erst im nächsten Schritt ?

     

    Die Entwicklung von einer aus dem Zoll ausgelagerten Grenztruppe über die Umbenennung und Kompetenzen auf den Bahnhöfen plus BKA als Ermittlungsbehörde für wenige Gesamtstaatliche Einzelfälle mit ständiger kompetenzausweitung ist erschreckend !

     

    Für eine allgemeine Staatspolizei hat der Bund in vollem Bewußtsein KEINE Kompetenzen in unserem Grundgesetz bekommen !

  • E
    ekelfranz

    Chapeau, Herr Besendonk. Mal wieder jemand, der die Zusammenhänge erkannt hat. Ja, das hätten die Falken in diesem Land gerne gehabt. Die Kompetenzen der Schwarzen Gang des Zolls. Aber das war zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht durchsetzbar. Kommt aber noch. Der Masterplan existiert ja schon sehr lange für ein Bundessicherheitshauptamt. Da ist der Zoll mit allen seinen Gliederungen nur ein Mosaiksteinchen. Das wird aber bald eingefügt werden. Dann kommen die geheimen Sicherheitsorgane, dann kommt noch das mit neuen Aufgaben ausgestattete Bundesverwaltungsamt. Das BSI kommt auch „back to the Root“. Und dann, ja dann ist das US-amerikanische FBI eine Lachnummer dagegen. Da hat der Herr Bundesinnenminister ganz recht. Ein deutsches FBI hat niemand im Sinn. Nein, warum auch. Wir geben uns doch nicht mit halben Sachen ab. Wenn schon, denn schon. Der deutsche Michel soll doch wieder beruhigt über die Weihnachtsmärkte wandel können.

  • H
    HansWurst

    "Niemand hat die Absicht, eine GeStaPo zu errichten!"

  • W
    WaltaKa

    Nach den Erfahrungen im Dritten Reich haben die Väter und Mütter der Bundesrepublik und des Grundgesetzes die Behörden und deren Kompetenzen bewußt getrennt. Nun träumen die Politiker vom Reichssicherheitshauptamt 2.0. Was uns nicht verwundern darf. Wer, wie unsere Politiker, den Bürger an sich als potentielle Gefahr sieht, mit dem Lissabon-Vertrag der EU einem Vertrag zustimmt, der es Regierungen auch ausdrücklich erlaubt, bei "Aufruhr" und "Aufstand" (weiteres ist nicht definiert, S21 läßt grüßen) auf die Menschen zu schießen, wer für einen Reisepass

    fleißig die Menschen seines Landes Erkennungsdienstlich mit der Entnahme von Fingerabdrücken behandelt, wer auf Teufel komm raus die vorbeugende Datenspeicherung aller Kommunikationsverbindungen will usw, der braucht in seiner Logik auch diesen Zusammenschluss. Der 'Feind' dieses Staates ist nicht rechts, nicht links, nicht ausserhalb. Der Feind dieser Demokratie steht in ihrer parlamentarischen Mitte. Ganz legal verändern sie das Staatswesen.Legal waren die Nazis 1933 auch. Egal legal, so sagten sie damals.

  • ZI
    Zonengaby im Glück

    ... da sagte der ehem. DDR-Bürgerrechtler: "Na, immerhin hatten wir 20 Jahre Bananen..."

  • AB
    Arno Besendonk

    Nun kenne ich seine Körpersprache nicht, aber ich habe die Pressekonferenz auf Phönix gesehen und hatte danach nicht den Eindruck, dass de Innenminister mit dem Kommissionsvorschlag zufrieden war.

    Knackpunkt war wohl, dass die Beamten der Zollverwaltung aus ihren Fiskalgesetzen heraus immer noch mehr präventive Prüf- und Kontrollrechte haben und nutzen können als die Polizei.

    Und diese Rechte hätte man eben gern.

    Notfalls eben über gemeinsame Ermittlungsgruppen.

    In so fern - gut, dass die Trennung von Steuerermittlern und Polizei beibehalten wird.

    Ansonsten könnte man (jaja, auch die Innen) überall und von jedem X beliebigen Uniformierten mal eben ausgezogen werden.

  • Q
    Querulant

    >>"Ich habe keine finsteren Pläne im Hintergrund", sagte de Maizière.

  • A
    Antifaschista

    Nein, da hat natürlich keiner finstere Pläne..

     

    Warum auch?

     

    Das ist wieder so ein Beispiel dafür, wie sehr CDU/CSU-Politiker zum Grundgesetz stehen.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    "Begründet wird die Reform von der Kommission mit mangelnder Kooperation und zum Teil unklaren Zuständigkeiten; allein auf Bundesebene befassten sich vier Behörden mit der Kriminalitätsbekämpfung."

     

    Großartige Begründung! Interessant ist wie immer die selektive Wahrnehmung:

    Gegen die Finanzmafia und ihre politischen Unterstützer in Parteien und Regierung, die Billionenschäden angerichtet haben, ist wohl keine Sonderpolizei vorgesehen.

     

    Die neue Superpolizei wird sich in Zukunft in erster Linie mit Systemkritikern und Demonstranten befassen und den Schutz der politischen Klasse zu organisieren haben.

     

    Bei denjenigen, die das "für eine gute Sache halten", muss man sich fragen, ob sich die Krise des Gehirns in einem fortgeschrittenen Stadium befindet, sie also rein gar nichts begreifen, oder ob sie schlicht bezahlte Claqueure sind, die sich zu Hauf im Netz tummeln, um als dienstbare Geister ihrer Herren zu fungieren.

     

    Es ist überhaupt keine witzige Sache, was in Deutschland "abgeht": Diese Regierung steuert mindestens auf ein autoritäres Regime zu - mindestens. Manche wähnen das Land in einem Vorstadium zu einem neuen Faschismus.

  • K
    Karal

    Zum glück gibt es diesen Menschen garnicht, Thomas de Maizière...

    Der Bundesinnenminister heißt doch Karl de Maiziére. Ist also eine fehlmeldung!

  • K
    KFR

    falscher Titel : nach nur 20 Jahren Frieden und Freiheit kehrt Deutschland zu "besten" Traditionen zurück !

    Kann man eigentlich nicht verdenken, nach dem Totalversagen ( G20, S21, Loveparade, Brockdorf ) und dem vergeblichen Warnungsterror ( Ende November ) und den mehr als peinlichen wikileaks, Widerstand gegen Zensur und Totalüberwachung; es klappt doch gar nicht mehr !

  • V
    vic

    Hände hoch, oder ich klicke!

    Der Polizist der Zukunft hat also eine Maus in der Hand.

    Gut so, weg mit der Waffe.

    Nee, ist nicht lustig.

     

    Wieder einmal werden wir grandios angelogen. FBI? Aber nein, ...niemand will eine Mauer bauen...

    FBI heißt Bundespolizei wenn man´s übersetzt.

    (wörtlich ungefähr: Bundesamt für Ermittlung)

     

    Mehr Polizei = mehr Überwachung = weniger Bürgerrechte.

    Herr Innenminister sollte lieber eine Steuerpolizei schaffen, wenn er unbedingt eine neue Behörde braucht.

  • G
    Gustav

    Einen Namen hat das Kind auch schon. GESTAPO.

  • M
    Max

    Juhu, endlich erhalten wir eine gleichgeschaltete Polizei. Sind wir mal wieder soweit!

  • W
    wolfgm

    Erst die Voraussetzungen für Terrorismus schaffen in Irak,Somalia,Afghanistan usw.alles ist verfügbar und nachzulesen.Der nächste Schritt die Bürgerrechte reduzieren eine Superpolizei schaffen und sich um Haftplätze in Guantanamo Bay kümmern und alles weil sie Schiss haben.Was denen unser Grundgesetz wert ist zeigt sich seit Gründung der Bundesrepublik.Frauen werden immer noch benachteiligt trotz Grüne und SPD ,von den Nazi-Nachfolge--Parteien ganz zu schweigen.Ich hoffe ja noch auf die Linke das sich dies mal ändert.Von den anderen erwarte ich nur Armut und Tafel.

  • K
    Kerzenlicht

    Ich kann mich den beiden intelligenten Frauen hier nur anschließen. Anscheinend merkt hier keiner, worum es Herrn de Maizière wirklich geht. Es ist auch niemandem aufgefallen, dass die Terrorgefahr plötzlich wieder akut ist, seit die Gegner von S21 und Atomkraft immer mehr werden. Anscheinend glauben Viele wirklich, man kann Terroranschläge mit Videoüberwachung verhindern. Dabei ist doch klar, dass die Regierung aufgrund ihrer korrupten und verlogenen Politik zum Schaden der einfachen Bürger mit zunehmenden Unruhen rechnet und vorbereitet sein will. Nachdem mehrfache Versuche, einen Bundeswehreinsatz im Inneren durchzudrücken gescheitert sind, wird eben aus dere Polizei eine kleine Armee gemacht. Um Unruhen zu zerschlagen wird das reichen. Wie mir bekannt ist, ist das eine Strategie der Reps. Die haben auch den Plan, die Polizei rigoros aufzustocken und auszubauen, angeblich wegen der Gefahr linksextremistischen und islamistischen Terrors. Vielleicht kommen die Vorschläge aus dieser Richtung und dass der erzreaktionäre de Maizière sie so toll findet, zeigt, wo er eigentlich hingehört.

  • E
    EnzoAduro

    gute Sache

  • B
    Bürger

    Finde ich auf jeden Fall eine gute Sache, weiter so :-)

  • FK
    Frau Kirschgrün

    "Ich habe keine finsteren Pläne im Hintergrund", sagte de Maizière.

    Wenn das schon jemand ohne Nachfrage und freiwillig sagt!

     

    Schön, dass wir darüber gesprochen haben . . .

     

    Herr de Maizière schafft hier gerade unter dem Deckmantel einer angeblichen Terrorismusgefahr, die es nie oder immer gibt (denn wirkliche Sicherheit vor Terrorismus wird es nie und nirgends geben) den totalen Überwachungsstaat, er schafft zumindest die unumkehrbaren Voraussetzungen dafür.

     

    Merkt das niemand? Denkt hier niemand mehr selbst?

     

    Die Bürgerrechte werden faktisch abgeschafft, das bißchen Freiheit, das wir noch haben, wird restlos vernichtet (werden). Immer schön stückchenweise, mal hier Eck, mal da eins.

     

    Wir sind leider in Deutschland, da gibt es eben nur Befehlsempfänger und Hasenfüße - weder denkende Menschen noch Journalisten mit Rückgrat.

     

    Eine starke Gemeinschaft besteht aus starken Individuen.

    Gilt wohl nicht für Deutschland . . .

     

    Viel Kraft für Erkenntnis wünscht uns allen

    Frau Kirschgrün

     

    Irrigerweise habe ich doch glatt geglaubt, wir hätten das seit 60 Jahren hinter uns . . . es MUSS vorbei sein damit! Lasst und Freiheit und Verantwortung leben. Raus aus dem Hamsterrad. Denken und handeln anfangen.

  • ED
    Eva Dombrowski

    Spätestens ab der ersten Erwähnung des Wortes "FBI" sollten bei jedem nicht verblödeten, demokratisch gesinnten Menschen die Alarmglocken dröhnen.