Zusammenlegung BKA und Bundespolizei: Superpolizei weckt Sorgen
Das Grundgesetz begrenzt die Aufgaben von Bundeskriminalamt und Bundespolizei – auch nach einer Fusion. Das mindert die Angst vor einer Superbehörde.
Verstößt die geplante Fusion von Bundeskriminalamt und Bundespolizei gegen das Grundgesetz? Nachdem eine von Innenminister Thomas de Maizière eingesetzte Kommission diese am Donnerstag vorgeschlagen hat, äußerten nun zahlreiche Politiker "verfassungsrechtliche Bedenken" - vom bayerischen CSU-Innenminister Joachim Herrmann über die FDP-Fraktionsvize Gisela Piltz bis hin zur Linken-Politikerin Ulla Jelpke. Alle machen sich Sorgen, dass die neue Super-Bundespolizei zu sehr in Befugnisse der Länder eingreifen wird.
Diese Sorge ist allerdings schon deshalb nicht angebracht, weil der Bund bei der Fusion gar keine neuen Befugnisse bekommen soll. Vielmehr sollen nur zwei Bundesbehörden verschmolzen werden. Wenn der bisherige Zustand die Rechte der Länder nicht verletzt, ist auch eine fusionierte Super-Bundespolizei kein Verstoß gegen Länderrechte.
Im Grundgesetz steht zwar nirgends ausdrücklich, dass die Polizei Ländersache ist. Allerdings liegen alle Aufgaben bei den Ländern, soweit die Verfassung eine Aufgabe nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesen hat. Im Bereich der Polizei ist der Bund traditionell für den Grenzschutz zuständig. Außerdem ist im Grundgesetz ausdrücklich die Einrichtung des Bundeskriminalamts geregelt; es dient der "Zusammenarbeit von Bund und Ländern" im Bereich der Kriminalpolizei. Dabei führt es als Zentralstelle Datenbanken wie die Fingerabdruckdatei Afis. Außerdem ermittelt das BKA in vielen Bereichen der schweren und terroristischen Kriminalität. Seit 2009 ist das BKA auch für die präventive Abwehr des internationalen Terrors zuständig. Damals wurde ausdrücklich das Grundgesetz geändert.
Der Bundesgrenzschutz (BGS) wurde 2005 in Bundespolizei umbenannt, ohne dass das Grundgesetz geändert wurde. Die entscheidende Veränderung seiner Aufgaben erfolgte schon in den 90er Jahren, als sich die europäischen Binnengrenzen öffneten und der Grenzschutz unwichtiger wurde. Als Ausgleich übernahm der BGS die Bahnpolizei, damit die Bahn von einer Behörde in ein Unternehmen umgewandelt werden konnte. Dagegen klagte erfolglos das Land Nordrhein-Westfalen. Der Bund sei schon zu Bundesbahnzeiten für die Bahnpolizei zuständig gewesen, entschied das Bundesverfassungsgericht 1998. Allerdings setzte Karlsruhe der weiteren Expansion Grenzen. Der BGS müsse "sein Gepräge als Polizei mit begrenzten Aufgaben" behalten, hieß es in dem Urteil von 1998. Das gilt auch für die umbenannte Bundespolizei.
De Maizières Kommission begründet die Fusionspläne mit Synergien bei der Beschaffung und Flexibilität beim Personaleinsatz. Außerdem könnten so die kriminal- und schutzpolizeilichen Aufgaben von BKA und Bundespolizei neu geordnet werden. Befürchtungen bezüglich der Länderrechte können sich also nicht auf die konkreten Fusionspläne beziehen - sondern allenfalls auf mögliche spätere Begehrlichkeiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Börsen-Rekordhoch
Der DAX ist nicht alles
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Innenminister zur Migrationspolitik
Härter, immer härter
Habeck wirbt um Fachkräfte in Kenia
Gute Jobs, schlechtes Wetter