Zur Aufklärung begangener Straftaten: Überwachung von Skype-Telefonaten

Dürfen verschlüsselte Telefonate – zum Beispiel per Skype – bei der Strafverfolgung abgehört werden? Die zuständigen Minister sind uneins.

Noch ist nicht klar, ob Skype-Telefonate im Zweifel abgehört werden dürfen. Bild: dpa

FREIBURG taz | Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will keine Rechtsgrundlage für die Überwachung von verschlüsselten Internet-Telefonaten und E-Mails schaffen. Sie lehnte damit einen Vorstoß von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) ab.

Konkret geht es um die sogenannte Quellen-TKÜ, die Überwachung der Telekommunikation (TKÜ) direkt an der Quelle, also am Computer, mit dem gemailt oder telefoniert wird. Sie ist aus Polizeisicht erforderlich, wenn ein Gespräch nicht wie üblich auf dem Übertragungsweg abgehört werden kann, weil zum Beispiel Internet-Telefonate via Skype verschlüsselt sind. Wie bei der Onlinedurchsuchung muss dann der Computer mit einer Spähsoftware manipuliert werden. Hier soll sich der Trojaner aber nicht für den Inhalt der Festplatte interessieren, sondern nur die ein- und ausgehende Kommunikation an die Polizei weiterleiten.

Das Bundeskriminalamt (BKA) darf die Quellen-TKÜ zur Abwehr von bevorstehenden Terrorgefahren bereits seit der BKA-Reform von 2009 anwenden und tut dies derzeit auch fleißig. Umstritten ist aber, ob diese Überwachung auch dann zulässig ist, wenn es um die Aufklärung bereits begangener Straftaten geht.

Relevant wurde dies in einem Verfahren gegen vier Islamisten, das zunächst von der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft geführt wurde. Bei zwei von ihnen wurde - mit richterlicher Billigung - die Quellen-TKÜ angewandt. Die Justiz in den Ländern geht offensichtlich davon aus, dass dies nichts anderes ist als die normale Überwachung von Telefon- und E-Mail-Verkehr.

Doch dann gaben die Düsseldorfer Staatsanwälte das Verfahren an die Bundesanwaltschaft (BAW) ab, weil es doch größere Bedeutung hat. Die BAW kam aber in einem internen Gutachten zum Schluss, dass derzeit in der Strafprozessordnung eine Rechtsgrundlage für die Quellen-TKÜ fehlt. Der normale Abhör-Paragraf 100a genüge nicht mehr, weil die Manipulation des Computers ein "Eingriff in ein informationstechnisches System" ist. Solche Eingriffe seien seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Onlinedurchsuchung aus dem Jahr 2008 nur noch mit einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage möglich. Erst recht gelte dies, so das BAW-Gutachten, wenn in eine Wohnung eingebrochen werden muss, um den Computer entsprechend zu präparieren. Die Justizministerin teilt diese Auffassung.

Innenminister Thomas de Maizière hat deshalb vor zwei Wochen in einem Brief gefordert, in der Strafprozessordnung eine neue Rechtsgrundlage zu schaffen, damit "drohende Informationsverluste vermieden werden" könnten - so zitierte ihn jetzt die Rheinische Post. Leutheusser-Schnarrenberger lehnt dies jedoch ab und verweist auf entsprechende Beschlüsse der FDP-Fraktion.

Vermutlich wird man sich intern aber wohl pragmatisch einigen, dass in diesem Fall das BKA die Quellen-TKÜ durchführt - zur Gefahrenabwehr, nicht zur Strafverfolgung. So bekommt die Polizei, was sie braucht, und der Koalitionsfrieden ist gewahrt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.