Zusagen des Handels an die Bauern: Windelweich und sinnlos
Das eigentliche Problem der Bauern ist, dass sie zu viel produzieren. Das Überangebot der Lebensmittel drückt dann die Preise.

Die Einigung zwischen Bauernführern und den großen Supermarktketten soll die deutschen Landwirte stärken – ist aber windelweich und sinnlos. So werden die Bauern keine angemessenen Preise für ihre Produkte durchsetzen.
Am konkretesten ist noch die Zusage von Aldi, Lidl und den anderen Ketten, eine Ombudsstelle einzurichten, die Konflikte zwischen Bauern und Händlern beilegen soll. Aber an diese neue Stelle dürften sich kaum Landwirte wenden: Erstens hätten die Bauern zu große Angst, ausgelistet zu werden, wenn sie zum Beispiel Rewe bei der Ombudsstelle anschwärzen. Zweitens gibt es kaum Bauern, die ihre Produkte direkt an den Handel verkaufen. Von einigen großen Obst- und Gemüsebauern abgesehen, liefern fast alle Landwirte ihre Ware an Großhändler, Molkereien oder Schlachthöfe.
Schwammig ist die Äußerung des Handels zu einer Herkunftskennzeichnung für deutsche Agrarprodukte. Die Konzerne sagen nur, dass sie dieses Ziel „verfolgen“, nicht dass sie es tatsächlich umsetzen wollen. Aber selbst wenn sie auf ihren Waren künftig angeben würden, wie viele Zutaten aus Deutschland stammen, würde das den 270.000 hiesigen Bauern wenig nützen. Denn laut Statistischem Bundesamt produzieren sie schon jetzt rund 90 Prozent der Lebensmittel, die hierzulande verbraucht werden.
Gerade die besonders gebeutelten Milch- und Schweinebauern erzeugen viel mehr, als die Deutschen essen können. Der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch liegt bei 120 Prozent und bei fast allen Milcherzeugnissen ebenfalls bei über 100 Prozent.
Schon diese Zahlen machen deutlich, dass die deutschen Landwirte große Mengen exportieren. Deshalb können die Bauern nicht verlangen, dass nach Deutschland keine Lebensmittel importiert werden.
Statt die Probleme im Ausland zu suchen, sollten die Landwirte aufhören, so stark auf den Weltmarkt zu setzen, auf dem nur der Preis zählt. Sie müssen sich zusammenschließen und ihre Produktionsmengen senken – dann werden auch die Preise dauerhaft steigen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen