Zum Weltbienentag: Bienen als Coronatest
Per Geruch können Bienen wohl Menschen erkennen, die mit Coronaviren infiziert sind. Wissenschaftler:innen und ein Start-up wollen das nutzbar machen.
Bienen haben einen extrem guten Geruchssinn, der wohl noch empfindlicher ist als der von Hunden. Ihre Antennen beherbergen etwa 60.000 Duftrezeptoren; zudem können sie wohl Geruchsinformationen parallel verarbeiten und so präzise durch eine Art olfaktorische Landkarte navigieren. Die Forscher:innen der Universität Wageningen machen sich das zunutze, indem sie Honigbienen per pawlowscher Konditionierung gezielt auf Coronaviren trainieren.
Zunächst haben sie 150 Bienen heruntergekühlt und mit einer Art Gurt fixiert, um sie ruhig zu halten; dann wurden ihnen Proben vorgehalten. Kamen diese von infizierten Nerzen oder auch Menschen, bekamen die Tiere zusätzlich Zuckerwasser als Belohnung, ansonsten nicht.
Das wiederholte man immer wieder, bis die Bienen den Zusammenhang gelernt hatten. Sie reagierten nun auch ohne Zuckerwasser mit Ausrollen des Rüssels, wenn sie eine infizierte Probe vor sich hatten. Sie können offenbar kleinste Veränderungen im Stoffwechsel Infizierter wahrnehmen, ähnlich wie spezielle Coronaspürhunde.
Keine Laborausstattung nötig
Der Bienentest sei aber deutlich schneller, verspricht Veterinärmedizin-Professor Wim van der Poel. Der Experte für zoonotische Krankheiten leitet die Versuche. „Bienen kann man innerhalb weniger Stunden trainieren und bekommt dann bereits nach wenigen Sekunden ein Ergebnis“, sagt er. Es sei auch sicherer, weil sich Hunde zuweilen selbst das Virus einfingen, Bienen aber nicht.
Einen PCR-Test könnten sie zwar nicht ersetzen, aber erste Ergebnisse seien vielversprechend. „Man kann mehrere Bienen einsetzen, das erhöht die Genauigkeit“, sagt van der Poel.
Um auf die Bedeutung der Bienen und ihren dringend nötigen Schutz aufmerksam zu machen, rief die UN-Generalversammlung 2018 erstmals den Weltbienentag am 20. Mai aus. Vor allem die Bestäubungsleistungen der Insekten gelten als unerlässlich für Biodiversität und Ernährungssicherheit. Meist steht die Honigbiene im Fokus. Die ist zwar wichtig und leidet tatsächlich unter Klimawandel, Pestiziden oder Parasiten, allerdings wird sie schon seit vielen Jahrtausenden vom Menschen gehalten. Solange es gute Imker:innen gibt, ist sie nicht besonders gefährdet. Hierzulande hat die Zahl der Völker zuletzt gar zugenommen. Das Bienensterben betrifft vor allem die Wildbienen, zu denen auch Hummeln gehören. Die Tiere leben einzeln oder in kleineren Nestern, stechen meist nicht und bestäuben oft Pflanzen, die die Honigbiene links liegen lässt. Allein in Deutschland sind über 500 verschiedene Wildbienenarten bekannt. Etwadie Hälfte von ihnen steht auf der Roten Liste. Einige Studien deuten darauf hin, dass eine hohe Honigbienendichte zu Nahrungskonkurrenz und Vertreibung der Wildbienen führen kann – viele Fachleute sehen unter anderem deshalb den Hype um die Hobby-Imkerei kritisch. Als Hauptursache für den Rückgang gelten jedoch Nahrungs- und Habitatmangel, Flächenversiegelung oder der Verlust der Blütenvielfalt.
Die Forscher:innen hoffen auf eine Trefferquote von über 95 Prozent. Das wäre nicht nur schneller, sondern auch deutlich besser als bei vielen der aktuell verwendeten Schnelltests. Eine wissenschaftliche Veröffentlichung dazu stehe kurz bevor, so van der Poel.
Dass Ungeimpfte vor dem Friseurbesuch künftig standardmäßig ein dressiertes Insekt anhauchen, scheint fraglich. Da Honigbienen aber praktisch weltweit vorkommen, könnte der Ansatz – wenn er sich in der Praxis bewährt –, anderswo durchaus Sinn ergeben. „Die nötigen Materialien werden sehr günstig sein und eine Laboraustattung ist nicht nötig“, erklärt van der Poel. „Deswegen wird der Test in armen Ländern attraktiver sein.“
In Zusammenarbeit mit der Universität Wageningen hat die Firma InsectSense nach eigenen Angaben bereits eine erschwingliche und einfach handhabbare Vorrichtung entwickelt. Mit ihr soll es möglich sein, Hunderte Bienen am Tag zu trainieren, teils automatisch. Auch bei der Diagnose anderer Krankheiten soll die insektoide Technik zum Einsatz kommen.
Kaspar Bienefeld, Direktor des Länderinstituts für Bienenkunde im Brandenburger Hohen Neuendorf, findet die Idee nicht unbedingt abwegig: „Bienen werden schon lange eingesetzt, um Sprengstoff oder Drogen aufzuspüren“. Ob sie jedoch Corona-infizierte Proben wirklich spezifisch herausriechen, müsse sich noch zeigen. Zudem könnten die Insekten unter Stress schnell abgelenkt werden, was zu verfälschten Ergebnissen führen könne. „Das sind ja keine Roboter“, gibt Bienefeld zu Bedenken.
Sabrina Engel von der Tierrechtsorganisation Peta ist noch skeptischer. „Bienen sind keine Teststäbchen“, sagt die Fachreferentin für Tierversuche, „sie sind Lebewesen, die es verdient haben, von uns geschützt, nicht missbraucht zu werden.“ Sollte es jedoch möglich sein, die Geruchssensoren der Bienen technisch nachzubauen, sei das begrüßenswert. Das ist alles andere als unkompliziert, aber tatsächlich arbeitet InsectSense bereits daran.
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