Zum Tod von Jean-Paul Belmondo: Furchtlose Großartigkeit
Er ließ den gefühllosen Macho-Protagonisten der 50er- und 60er-Jahre hinter sich. Nun ist der französische Schauspieler Jean-Paul Belmondo gestorben.
Philippe de Brocas Actionkomödie aus dem Jahr 1964 zeigte die furchtlose Großartigkeit von Jean-Paul Belmondo, der am Montag im Alter von 88 Jahren starb. Als Frauen- und Männerheld gleichermaßen kreierte der französische Schauspieler, Produzent und Theaterintendant in seiner über 50jährigen Karriere eine neue Film-Persona, die den kühlen und gefühllosen Macho-Protagonisten der 50er- und 60er-Jahre-Actionfilme hinter sich ließ, und in Richtung eines jungen, seelen- und humorvollen, stürmischen Liebhabers ging.
Als eins von drei Kindern einer Künstler:innenfamilie (seine Eltern, ein Bildhauer und eine Malerin, hatten sich beim Kunststudium in Paris kennengelernt), stopfte der junge Belmondo seine ausufernde Dynamik zunächst in den Sport. Mit 15 sah er das erste Theaterstück, mit 16, während einer Tuberkulose-Erkrankung, die ihn eine Weile lahmlegte, entschied er sich, Schauspieler zu werden.
Nach Theater- und Film-Nebenrollen, unter anderem in einem Kurzfilm von Jean-Luc Godard, spielte er 1960 die Rolle seines Lebens, die nicht nur ihn, sondern auch den französischen Film prägte: Godard besetzte ihn in seinem ikonischen Nouvelle Vague-Lehrstück „À bout de souffle“ (Außer Atem) neben Jean Seberg. Und inszenierte bereits all die Talente, für die Belmondo später stand: Humor, der sich in einer fast slapstickhaften, unbekümmerten Körperlichkeit ausdrückte, entspannte Männlichkeit, Tempo. Selbst das permanente Rauchen, das heute als Zeichen einer körperlichen Schwäche gilt, sah bei Belmondo (wenn nicht bei allem Französ:innen) stets wie ein Zeichen von Lebenslust aus, nicht wie eine Sucht.
In Erinnerung bleiben vor allem seine Lippen
Wie vor ihm James Dean stand er symptomatisch für eine neue Generation von Schauspieler:innen, die sich weder mit den Werten, noch mit dem Stil der Älteren identifizierten. Er spielte für Louis Malle, Claude Lelouch und Truffaut, neben David Niven 1969 in der großartigen Caper-Komödie „The Brain“, und neben Alain Delon, mit dem er sich später um die Gage fetzte. Durch die ganzen 70er fetzte er sich zudem in meist französischen Actionfilmen, in den 80ern begann er mit unterschiedlichem Erfolg Filme zu produzieren, und litt etwas unter der – seiner Ansicht nach – zu verkopften französischen Filmbranche, die Action weniger goutierte als storylastige Dramen.
Seine Frauen und Freundinnen kamen (wenig überraschend) aus der Branche, waren Schauspielerinnen wie Ursula Andress, Tänzerinnen wie seine erste Frau und Mutter seiner drei Kinder Elodie Constantin, oder die 30 Jahre jüngere Natty Tardivel, die 2003 sein viertes Kind gebar.
Dass er sich am Ende nach einem Unfall und einem Schlaganfall kaum noch bewegen konnte, muss ihn schwer gequält haben. In Erinnerung bleiben vor allem seine Lippen, über die er in „Außer Atem“ selbstvergessen streicht, während er an seine Freundin denkt: Sehnsucht und Feuer in einer einzigen Geste.
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