Zum Tod des Sängers Georges Moustaki: Ein poetischer Weltbürger
Am Donnerstag ist Georges Moustaki 79-jährig in Nizza gestorben. Der Chansonnier blieb lebenlang der revolutionären Linken verbunden.
Es war schon seit Monaten still geworden um Georges Moustaki. Zum Singen hatte der 79-jährige Chansonnier keine Atemluft mehr, wegen seines Lungenleidens war er am Schluss auf die Sauerstoffflasche angewiesen. Am Donnerstag starb er in Nizza. Seine Musik – die Hits „Milord“ und „Ma Solitude“ und sehr engagierte Lieder wie „Le Métèque“ oder „Sans la nommer“ (über die „permanente Revolution“) – werden weiter erklingen.
Moustaki verkörperte mit Georges Brassens, Barbara und dem Belgier Jacques Brel die Generation des Pariser Chansons von Saint-Germain-des-Prés. Als Franzose im engen Sinne fühlte sich der in Ägypten geborene Moustaki selbst nie, obwohl er während vierzig Jahren auf der Pariser Seine-Insel Île Saint-Louis wohnte und dort wegen seiner Zugänglichkeit und seines Charmes von allen ins Herz geschlossen wurde.
Er blieb ein Weltbürger, der sich sein Leben lang poetisch, lächelnd oder mit erhobener Faust über die Dummheit und Engstirnigkeit der nationalistischen Fremdenfeindlichkeit empört hat. In seinem vielleicht bekanntesten Lied, „Le Métèque“, (die „Metöken“ waren ausgegrenzte Fremde im antiken Athen) macht er sich selbst lustig über seine „Fresse eines Ausländers, eines herumirrenden Juden und griechischen Viehhirten“. Diese Allergie gegen jeglichen Rassismus hat nicht zuletzt mit seiner eigenen Geschichte zu tun, mit seinen Eltern, die als griechische Juden von Korfu nach Alexandria gekommen waren.
Bei seiner Geburt am 3. Mai 1934 wurde er als Youssef Moustacchi registriert. Als er 1951 in Paris, wo er sich zuerst als Journalist und Barmann durchschlug, Georges Brassens hörte, war er angeblich so begeistert, dass er dessen Vorname übernahm und eine eigene Karriere als Sänger und Songtexter begann, bei der er auch mit Edith Piaf, Yves Montand, Juliette Gréco und anderen zusammenarbeitete.
Mehr als andere politisch engagierte Musiker war Moustaki aber der Barde der Jugendrevolte des Mai 1968. Sein Leben lang blieb er dem Kampf der revolutionären Linken verbunden. Noch bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2012, als er wegen seiner Atembeschwerden keine Konzerte mehr geben konnte, unterstützte er die Kandidatur des trotzkistischen Antikapitalisten Philippe Poutou. Die französische Kulturministerin Aurélie Filippetti würdigte Moustaki als „großen Poeten mit humanistischen Werten“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen