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Zum 85. Geburtstag von Helmut KohlGanz verrückte junge Leute

Der Altkanzler hat Geburtstag – diesmal an Karfreitag. Die Junge Union kennt keinen Schmerz und hat sich dafür was ganz Ausgeflipptes ausgedacht.

Geburtstagsplakat in Mainz, aufgehängt von CDU-Landeschefin Klöckner. Bild: dpa

BERLIN taz | Helmut Kohl wird 85 Jahre alt. Diesmal fällt er auf einen eher ungünstigen Tag – auf den Karfreitag. Wer mag da schon jubilieren, noch dazu als Mitglied jener Partei, die das Christliche im Namen trägt?

Die Junge Union kennt da keinen Schmerz. Ihr Vorsitzender Paul Ziemiak hat die Mitglieder vor zwei Wochen per Videobotschaft dazu aufgerufen, dem Altkanzler „auf etwas, zugegeben, unkonventionelle Weise zu gratulieren: nämlich mit einem Geburtstachsständchen“. Die JU-Mitglieder mögen doch bitte „Zum Geburtstach viel Glück!“ singen und die Aufnahme davon an unserlied@junge-union.de schicken. Das Material werde dann von kundiger Hand zu einer flotten Grußbotschaft zusammenmontiert.

Herrje, sind das verrückte junge Leute bei der Jungen Union. Singen! Zum Geburtstag! Auf sowas Ausgeflipptes können auch nur Button-down-Hemden-Träger kommen. Leider hat es dann aber nicht für mehr als fünfzehn Sekunden gereicht. Auf den Bildern von „Unser Lied für Helmut Kohl“ sehen wir junge Männer und ein paar wenige versprengte Frauen, die den Evergreen aller Bürogeburtstagspartys zu Gehör bringen und den einstigen Parteivorsitzenden mit „lieber Helmut“ anduzen.

Man mag sich gar nicht vorstellen, auf welche Resonanz dieser Videoschnipsel in Oggersheim gestoßen sein mag. Wenn Paul Ziemiak und die seinen Glück haben, spielt Kohls Ehefrau Meike Kohl-Richter dem Jubilar das Werk vor. Was das jetzt wieder soll, könnte der Altkanzler murmeln und fragen, was es heute zum Mittagessen gibt.

Besuch von Kohls heißestem Groupie

Aber vielleicht vergisst Frau Dr. Kohl-Richter es auch, weil sie noch das Geschirr des Gastes vom Vortag abspülen muss. Da war nämlich Kohls heißestes Groupie angereist. Kai Diekmann, Chefredakteur von Springers Bild-Zeitung, wird immer ganz gefühlig, wenn es um seinen „Lieblings-Bundeskanzler“ geht. Auf dem Sprung in die Osterferien ist er noch eben in Oggersheim rangefahren, um anschließend ein gemeinsames Foto auf Facebook posten zu können – inklusive lustiger Emoticon-Nachricht, man habe „heute schon mal ein klitze-klein-bisschen vorgefeiert“. So sieht Kontaktpflege aus!

Vor fünf Jahren hatten es die Schnullis von der Jungen Union noch drauf. Zu Helmut Kohls 80. Geburtstag reisten 500 JUler nach Ludwigshafen an und nervten die Nachbarschaft mit schwarz-rot-goldenen Luftballons und lautem Gesang. Auch damals lief noch die Fastenzeit, es war der Karsamstag. Und auch damals war die stille Zeit wurscht.

Der Massenchorleiter Gotthilf Fischer (ein Vertreter der regierungsseitig erwünschten Kultur während Helmut Kohls Achtzigerjahre-Kanzlerschaft) war auch gekommen und leitete die 500 Sangesfreunde an. Vor Kohls Bungalow erklang, wegen der vielen jungen Männer, ein eher basslastiger Gesang.

Live vor Konserve

Was soll man sagen? Auch vor fünf Jahren wurde es nur „Zum Geburtstag viel Glück“. Der Verehrung für den Kanzler verlieh man jedoch mit einer Wiederholung, anschließenden „Hurra!“- und „Helmut!“-Rufen sowie einer begeisterten Ansprache des damaligen JU-Chefs Philipp Mißfelder Ausdruck. Helmut Kohl war in seinem Rollstuhl vor die Haustür gekommen, um die Huldigung entgegenzunehmen. Hinter ihm schaute Meike Kohl-Richter irritiert in die Menge. Kohls ehemaliger Berater Horst Teltschik rieb sich die klammen Hände, Kai Diekmanns Ehefrau Katja Kessler fror im ärmellosen Kleid.

Was für Bilder!

Schön war das, auch wenn das Wetter ähnlich grausig war wie jetzt. Aber he, live geht vor Konserve. Merkt euch das für die nächste Huldigung, liebe JUler. Der Kai hat es vorgemacht. Und jetzt joggt er schon in Florida.

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5 Kommentare

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  • Man könnte meinen, Helmut Kohl ist nicht gerade beliebt bei der taz.

  • 6G
    65572 (Profil gelöscht)

    "Helmut Kohl wird 85 Jahre alt. Diesmal fällt er auf einen eher ungünstigen Tag – auf den Karfreitag."

    Ganz schön hart für den Helmut K., wäre doch ein Rosenmontag ein wesentlich sanfteres Kissen gewesen.

  • "(...) wegen der vielen jungen Männer, ein eher basslastiger Gesang.(...)"

     

    Männerchöre haben neben zwei Bass- auch zwei Tenorstimmlagen, wenn die nicht durchkommen ist das ein Problem der unproportionalen Stimmaufteilung durch die Chorleitung in diesem Falle aus Zeitmangel. Zudem konnte auch wohl nicht geübt werden. Ad hoc Chöre haben eben so ihre Grenzen, auch Herr Fischer kann da keine Wunder wirken.

  • Kohl !? War das nicht der Flickschuster Europas ? War das nicht der, dem es nicht schnell genug ging eine "Chimäre zu gründen", die von vornherein mit Problemen beladen war. Das war doch der, der für eine uehrenhafte Sache, sein Ehrenwort gegeben hat. Für dieses Ehrenwort, wäre jeder andere in Beugehaft genommen worden.(Das mal wieder zum Thema -Rechtsstaat.)

  • CDU-Bürgerkinder für Vorstandsposten, Beamten-Pensionen, Profit und Dividende und die 'freiheitliche', 'demokratische' und staatlich-juristisch geschützte Ausbeutung des werktätigen Menschen durch die (auch) persönlich leistungslosen Eigentümer von gesellschaftlichen Produktionsmitteln. Für die Drecksarbeit -- fürs Kapital und Erbschaftsvermögen -- gibt es, heute wie gestern, auch die spezialdemokratischen GroKo-Partner/innen