Zukunft für Syrien: Krisenlösung mit oder ohne Assad?
Um den IS-Terror zu stoppen, müsste der Bürgerkrieg in Syrien beendet werden. Doch Präsident Assad will seine Gegner erst besiegen, bevor er mit ihnen verhandelt.
Assad bekämpft gemäßigte und radikal islamistische Aufständische, die er allesamt als „Terroristen“ bezeichnet. Seine Gegner in Syrien bekriegen sich auch untereinander. Der Bürgerkrieg in Syrien tobt seit mehr als viereinhalb Jahren. Mehr als 250 000 Menschen wurden getötet, mehr als elf Millionen mussten ihre Häuser verlassen. Es entstand ein Machtvakuum, in dem sich der IS etablierte und mehr als ein Drittel des Landes unter seine Kontrolle brachte. Diese nutzt er auch als Basis für seine Terroranschläge.
Obama sagte, mit Assad an der Regierung sei der Bürgerkrieg nicht zu stoppen. Russland und der Iran müssten sich entscheiden, ob sie Assad weiter stützen oder den Staat Syrien als Ganzes mit einer legitimen Regierung erhalten wollten.
Ziel der jüngsten diplomatischen Bemühungen um ein Ende der Syrien-Krise sei, Raum und einen Ansatz für einen politischen Übergang zu schaffen. Der anvisierte Waffenstillstand werde möglicherweise nicht von allen Beteiligten des Bürgerkriegs eingehalten, doch könne er eine Art Ruhezonen schaffen, fügte Obama hinzu.
Die USA, Russland und 17 weitere Länder hatten am vergangenen Wochenende in Wien einen Plan für eine politische Lösung für Syrien skizziert. Danach sollen Vertreter der Assad-Regierung und der Opposition bis zum 1. Januar 2016 zu ersten Gesprächen über die Bildung einer Übergangsregierung sowie Neuwahlen zusammenkommen. Binnen sechs Monaten soll eine Übergangsregierung stehen, in 18 Monaten sollen Neuwahlen folgen.
US-Außenminister John Kerry sagte danach, er halte einen Waffenstillstand schon binnen weniger Wochen für möglich. Weder die syrische Regierung noch die Opposition waren jedoch an den Verhandlungen beteiligt.
Assad sagte im italienischen Fernsehen zu einem politischen Übergangsprozess: „Nichts kann beginnen, ehe nicht die Terroristen bezwungen sind, die Teile Syriens besetzen.“ Sollte das syrische Volk eine Präsidentschaftswahl wollen, „wird es keine rote Linie“ gegen deren Ansetzung geben. Auf die Frage, wie groß das von seiner Regierung kontrollierte Gebiet nach viereinhalb Jahren Bürgerkrieg sei, entgegnete er: „Geografisch gesehen, verändert sich die Situation Tag für Tag.“
Ob er die Terrormiliz IS unterstützt habe, um die Opposition zu spalten, erwiderte Assad: Der IS-Anführer Abu Bakr „al-Bagdadi wurde von den USA freigelassen, der IS hat also nicht in Syrien begonnen, sondern im Irak und sogar noch früher in Afghanistan“. Der frühere britische Premierminister Tony Blair habe „selbst gesagt, dass die Geburt des IS auch das Ergebnis von Fehlern des Westens“ sei. Die Anschläge in Paris seien „ein schreckliches Verbrechen. Wir in Syrien wissen, was es heißt, einen geliebten Menschen bei einem so schrecklichen Verbrechen zu verlieren: Wir leiden seit fünf Jahren darunter.“
Frankreich hat nach den vom IS verantworteten Terroranschlägen in Paris seine Luftangriffe gegen die Terrormiliz in Syrien verstärkt. Militärsprecher Gilles Jaron sagte, Kampfflugzeuge hätten seit den Attentaten etwa 60 Bomben abgeworfen und 35 IS-Ziele zerstört. Getroffen worden seien Kommandozentren und Ausbildungsanlagen. Ziel der Luftangriffe sei es, den IS zu schwächen und seine Organisation lahmzulegen.
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