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Zukunft des Tempelhofer Felds in BerlinUnverbindliche Ideensammlung

Von Baumpflanzungen bis Randbebauung: Die Siegerentwürfe des Wettbewerbs zur Zukunft des Tempelhofer Felds stehen fest. Was daraus folgt, ist unklar.

„So was kostet nun mal Geld“: Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) auf dem Dach des ehemaligen Flughafens Tempelhof Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Ständig diese Geldfragen. Immer wieder müsse er sich in Teilen der Presse die drei Millionen Euro vorhalten lassen, die der Ideenwettbewerb zur Zukunft des Tempelhofer Feldes kostet, klagte Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) am Montag bei der Vorstellung der Ergebnisse ebenjenen Wettbewerbs.

Während der Pressekonferenz im Neuen Stadthaus in Mitte belehrte Gaebler den Fragesteller dann aber wenigstens: „So was kostet nun mal Geld, und Demokratie kostet auch Geld.“ Und dass die drei Millionen „gut investiert“ seien, zeigten die jetzt von einer elfköpfigen Jury ausgezeichneten sechs Entwurfsideen, so Gaebler weiter.

Die prämierten Konzepte könnten dabei unterschiedlicher kaum sein. Die Bandbreite reicht von rein landschaftsgestalterischen Anpassungen über Baumpflanzungen bis zu Wohnungsbau am Feldrand.

Einen der Preisträger mit Bebauungsfantasien lobte die Juryvorsitzende, Bremens Senatsbaudirektorin Iris Reuther, mit den Worten: „Wir finden das als Angebot sehr interessant und tragfähig.“ Geplant sei hier eine „mindestens vierstellige“ Zahl an Wohnungen, so Reuther. In der schwarz-roten Koalition rennt man mit solchen Ideen offene Türen ein. Die Randbebauung ist schließlich erklärtes Fernziel von CDU und SPD.

Sechs aus 160

Die Stadtentwicklungsverwaltung hatte den zweistufigen Ideenwettbewerb im vergangenen Jahr ausgerufen. Insgesamt wurden dabei über 160 Vorschläge eingereicht, 20 davon kamen in die nähere Auswahl – und eben sechs nun aufs Siegertreppchen.

Um es noch etwas aufwendiger zu machen, hatte Gaeblers Verwaltung dem Wettbewerb im September 2024 noch zwei „Dialogwerkstätten“ zur Zukunft des Tempelhofer Felds mit über 270 zufällig ausgewählten Ber­li­ne­r:in­nen vorausgeschickt. Und deren Votum war eindeutig: „Wir empfehlen aus klima- und naturschutzfachlicher Sicht keine Bebauung.“

Der zuständige Senator gab sich am Montag zumindest mit Blick auf die Feld­be­wah­re­r:in­nen tiefenentspannt. Die Diskussionen um das Feld seien ja doch „über längere Zeit nicht ideen-, sondern ideologiegeprägt“ gelaufen, erklärte Gaebler. Der Wettbewerb zeige, wie es auch gehen könne. Und: „Alle, die sagen, es darf sich nichts ändern, sind hiermit eines Besseren belehrt.“

Kritik von Opposition und Umweltverbänden

Die Kri­ti­ke­r:in­nen des kompletten Prozesses sehen das naturgemäß anders. So monierte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Julian Schwarze, dass der Senat die Ergebnisse der „Dialogwerkstätten“ endlich akzeptieren müsse. „Statt Millionen Euro für Wettbewerbe und eine Scheindebatte auszugeben, sollte er Ressourcen bündeln und bestehende Bauprojekte voranbringen“, sagte Schwarze. Berlin habe diesbezüglich kein Flächen-, sondern ein Umsetzungsproblem.

Auch der Umweltverband BUND kritisiert die „Verschwendung von Steuergeldern“ und das Drehen „immer neuer Planungsschleifen“. Die fortlaufende Erstellung neuer Konzepte unter der Ägide von Schwarz-Rot sei vor allem eines, so BUND-Stadtnaturschutz-Referentin Verena Fehlenberg: „ein Verstoß gegen den erklärten Willen der Bürger:innen“.

Fakt ist: CDU und SPD sind in ihren Feldambitionen vorerst ohnehin ausgebremst durch das im Mai 2014 per Volksentscheid zustande gekommene Tempelhof-Gesetz. Gut 740.000 von mehr als 1,1 Millionen Ab­stim­mungs­teil­neh­me­r:in­nen hatten sich damals für den dauerhaften Schutz des riesigen Feldes und gegen jegliche Bebauungsgelüste des Senats ausgesprochen – fast 65 Prozent.

Fakt ist aber auch, dass die baufreudigen Teile der schwarz-roten Koalition an der Stelle stets sehr klar waren und sagen: Dann muss das Gesetz eben wieder geändert werden.

Gaebler: Kein „Realisierungsversprechen“

Stadtentwicklungssenator Gaebler ließ unterdessen offen, was nun überhaupt mit den Wettbewerbsergebnissen geschehen wird. Ein „Realisierungsversprechen“ wolle er jedenfalls nicht abgeben, betonte Gaebler.

Es liege auch nicht an ihm, der Koalition „Vorgaben zu machen“. Er sei sich aber „ziemlich sicher, dass die politischen Akteure sich dem annehmen und weitere Schritte entwickeln“. Genau das befürchten auch die Kri­ti­ke­r:in­nen des Projekts.

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