Zukunft des Tempelhofer Felds: Unverbindlich über Häuser reden

Beim Start der Dialogwerkstätten über die Zukunft des Tempelhofer Felds zweifeln selbst Teilnehmende am Sinn und Zweck der Veranstaltung.

Bausenator Christian Gabler auf dem Gebäude des Flughafens Tempelhof

Baumeister im Glück: SPD-Senator Christian Gaebler Anfang September auf dem Dach des Ex-Flughafengebäudes Tempelhof Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | SPD-Bausenator Christian Gaebler mag noch so häufig von Ergebnisoffenheit sprechen: Kritiker sehen in den von seinem Haus angesetzten Dialogwerkstätten zur Zukunft des Tempelhofer Felds eine bloße Beteiligungssimulation. An diesem Wochenende startete die erste von mehreren Diskussionsrunden mit 275 zufällig ausgelosten Berlinern – passenderweise vor Ort, im Gebäude des Ex-Flughafens.

Die Teilnehmenden sollten sich mit jedem nur erdenkbaren Aspekt rund um das Tempelhofer Feld vertraut machen. Am ersten Tag gab es eine historische Einführung, eine Begehung des Felds, auch Initiativen stellten sich vor. Am Sonntag wurde unter Ausschluss der Presseöffentlichkeit in Gruppen diskutiert, verhandelt und abgewägt.

Rasch stellte sich dabei heraus, dass nicht wenige der Teilnehmenden ihre Zweifel an der kompletten Veranstaltung haben. In ersten kurzen Frage-und-Antwort-Runden ging es munter zu.

Eine Teilnehmerin sagte, sie habe gehört, die sogenannte Bürgerbeteiligung würde 1,3 Millionen Euro kosten, sie sei sich nicht sicher, ob sie das gut fände. Die Abteilungsleiterin für Stadtplanung in der Senatsbauverwaltung, Beate Profé, bestätigte, dass sich der Senat den Prozess tatsächlich einiges kosten lässt. 1,3 Millionen sei eine realistische Zahl.

Volksentscheid? Schnee von gestern

Jenseits der Geldfrage wollte ein anderer Teilnehmer wissen, was denn überhaupt so demokratisch an diesem Prozess sein soll. Schließlich habe es vor ziemlich genau zehn Jahren einen erfolgreichen Volksentscheid gegeben, bei dem sich eine Mehrheit der Abstimmenden für die Freihaltung des rund 300 Hektar großen Tempelhofer Feldes entschieden hat. Alles Schnee von gestern?

Die Position des schwarz-roten Senats ist jedenfalls klar: Ja, das ist Schnee von gestern. Es brauche dringend eine Randbebauung des Feldes mit 5.000 Wohnungen. Denn seit dem Volksentscheid 2014 habe sich die Situation in Berlin grundlegend verändert. Es gebe zu wenig Wohnungen in der Stadt, deswegen müsse man „bauen, bauen, bauen“, so die Argumentation von CDU und SPD, die aber auch schon vor zehn Jahren genau dafür plädierten.

Erst gab es den Plan, einen neuen Volksentscheid aufzusetzen. Einen „von oben“, wie Kritiker monierten. Die Idee wurde vorerst zu den Akten gelegt. Dafür soll nun über die am Samstag gestarteten Dialogwerkstätten eine halbwegs repräsentative Meinung eingeholt werden. 20.000 Berliner wurden vorab stichprobenartig angeschrieben. Unter den 1.000, die sich zurückgemeldet hatten, wurden per Zufallslosung eben jene 275 ausgewählt, die jetzt Empfehlungen an das Abgeordnetenhaus erarbeiten sollen.

Ideenwettbewerb zur Bebauung

Die Vorschläge aus den Dialogwerkstätten sollen zudem in den internationalen Ideenwettbewerb Tempelhofer Feld einfließen, der im November beginnen und sich dann auch auf die von Schwarz-Rot forcierte Bebauung konzentrieren soll. Einige Teilnehmer der Dialogwerkstätten sollen in der Jury vertreten sein. Im Juli 2025 sollen die Einreichungen der Architekturbüros prämiert werden.

Nun aber erst einmal das versprochene Beteiligungsformat. Zum Auftakt durfte am Samstag auch die Initiative 100 Prozent Tempelhofer Feld ihre Broschüren und Infomaterialien auslegen. Ihre Forderung ist klar: Das Feld bleibt, wie es ist – keine Bebauung, nirgends. Und was passiert, wenn die Dialogwerkstätten am Ende genau zu dem gleichen Fazit kommen?

Das sei schon möglich, heißt es vom Senat. Dass eine solche Empfehlung bei SPD und CDU Eindruck machen würde, sei mal dahingestellt.

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