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Zukunft der sozialistischen TageszeitungIst das ND nah?

Die Tageszeitung „Neues Deutschland“ soll eine Genossenschaft werden. So wollen es ihre Gesellschafter, zu der auch Die Linke gehört.

Glückt die Genossen­schafts­gründung? Redaktions­gebäude des „nd“ in Berlin Foto: Paul Zinken/dpa/picture alliance

Die linke Tageszeitung Neues Deutschland (nd) steht vor einer ungewissen Zukunft. Ihre Gesellschafter planen, die Eigentümerstruktur der Zeitung zu verändern. Bisher gehört sie je zur Hälfte der Partei Die Linke beziehungsweise deren Gesellschaft Fevac und einer Beteiligungsgenossenschaft, der Communio eG, die der Partei nahesteht. Deren Vorsitzender und Mehrheitseigner, Matthias Schindler, ist auch Geschäftsführer des nd. Diesen Posten will er bis Ende des Jahres aufgeben.

Vergangene Woche habe Schindler die Belegschaft darüber informiert, dass die Gesellschafter beschlossen hätten, die GmbH, die das nd herausgibt, zum Jahresende aufzulösen. So schreibt es der Chefredakteur des nd. Vorher solle die Belegschaft eine Genossenschaft gründen, die die Zeitung dann weiter herausgeben könne. Gelänge ihr das nicht, solle die Zeitung abgewickelt werden. „Eiskalt“ habe sie diese Ankündigung erwischt, heißt es aus der Redaktion.

Sollten die beiden Gesellschafter des nd, also die Fevac und die Communio, die Auflösung der Verlags-GmbH tatsächlich beschlossen haben, müsste der Parteivorstand dem wohl noch zustimmen. Das ist offenbar noch nicht passiert. Die Idee der Genossenschaft sei innerhalb der Partei diskutiert worden, einen Beschluss des Parteivorstands gebe es aber nicht, sagte der scheidende Parteivorsitzende Bernd Riexinger am Samstag bei einer Protestaktion der nd-Belegschaft vor dem Bundesparteitag der Linken. Ähnlich äußerte sich auch Harald Wolf, Schatzmeister der Partei, in anderen Medien.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Partei über die Zukunft der Zeitung diskutiert. Die Krise im Tageszeitungsgeschäft trifft das nd härter als viele andere Blätter. Die Auflage sinkt, gut 18.000 Exemplare verkauft sie momentan noch. Online nimmt sie kaum Geld ein, 2018 stand die Insolvenz knapp bevor, die Gehälter der Mitarbeitenden sollten gekürzt werden. Die Linkspartei gab einen Kredit, aber schon damals war klar, dass die Partei die Zeitung nicht ewig am Leben halten würde.

Das nd könnte es schwerer haben als die taz

Die Idee, die Zeitung in eine Genossenschaft zu überführen, stößt sowohl in der Belegschaft als auch bei der Gewerkschaft Verdi, die die Belegschaft unterstützt, grundsätzlich auf Gefallen. Die Belegschaft hatte in der Vergangenheit schon einmal versucht, eine Genossenschaft zu gründen. Der Geschäftsführer Matthias Schindler hatte das damals abgelehnt.

Nun organisiert sich die Redaktion selbst, fordert von den Gesellschaftern Transparenz und hat für kommenden Mittwoch einen Genossenschaftsprofi zur Beratung eingeladen. „Wir sind sehr motiviert, weil wir das nd als wichtige linke Stimme in der Medienlandschaft halten wollen“, sagt Marie Frank, Co-Ressortleiterin der Berlin-Redaktion. Allerdings fühle sich die Redaktion, als bekäme sie die „Pistole auf die Brust“ gesetzt. Eine Genossenschaft zu gründen brauche Zeit und Geld, von beidem gebe es nach der Ankündigung der Geschäftsführung nun nicht viel, so Marie Frank.

Beginnend mit der taz 1992, haben sich in den letzten Jahren mehrere Berliner Medien wie die Junge Welt und Krautreporter als Genossenschaften etabliert. Das nd könnte es dennoch schwerer haben. Ihre LeserInnenschaft ist alt, älter vermutlich als die anderer Zeitungen. Den Großteil ihrer LeserInnen hat das Blatt in Ostdeutschland, viele von ihnen sind treu geblieben aus alter DDR-Verbundenheit, als die Zeitung noch Zentralorgan der SED war. Treten die noch in eine neue Genossenschaft ein?

Die Belegschaft des nd hält die Gründung einer Genossenschaft dennoch für sinnvoll. Die Redaktion könnte sich damit nicht nur finanziell, sondern auch in ihrer Außenwahrnehmung unabhängig von der Linkspartei machen kann, sagt Redakteurin Marie Frank. Zwar regelt das Redaktionsstatut, dass die Partei keinen Einfluss auf die Berichterstattung haben darf. Allerdings erzählen nd-Mitarbeitende hinter vorgehaltener Hand, wie Linken-PolitikerInnen hartnäckig versuchten, ihre Beiträge in die Zeitung zu bringen. Auch aus Parteikreisen heißt es immer mal wieder, das nd sei nicht nah genug dran an Entwicklungen in der Partei.

Einhundert Angestellte arbeiten beim nd. Sollten zum Ende des Jahres wirklich Schluss sein, und die Mitarbeitenden ihre Jobs verlieren, wäre das das ersten Mal seit dem Ende der Financial Times Deutschland und der Insolvenz der Frankfurter Rundschau 2012, dass eine Tageszeitung auf der Kippe stünde.

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6 Kommentare

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  • Ich war immer skeptisch was ND anging, dachte dass ist eine Zeitung die der DDR hinterhertrauerte. Als Ossi sah ich das sehr kritisch. Allerdings habe ich das neue Deutschland in den letzten Jahren ab und an mal gelesen und war jedesmal sehr positiv überrascht. Eine klare selbstkritische linke Stimme, meistens mit sehr guten Analysen. Und mir ist aufgefallen dass es mir fehlen würde, wenn es ND nicht mehr gäbe. Für mich geben sie eine einzigartige ostdeutsche linke Perspektive in unserer Zeitungslandschaft wieder, eine die so einfach nicht präsent ist und sie sind dabei nicht im kalten Krieg verhaftet wie die junge Welt.

  • ND.. das ist SED Ramsch die braucht keiner die kann weg. Gott sei Dank gibt es die taz...Links jawoll ...aber kein Anhängsel/Sprachrohrder LINKEN.



    Was tut trotzdem weh ? Die 100 Mitarbeiter .... da aber nur da, da aber nur für die muss eine Lösung her.

  • In dem Beitrag taz.de/Zeitung-Neu...erdi+billiglösung/ wurde das etwas anders und schärfer dargestellt:



    „ Die Gewerkschaft Verdi beklagte eine „fehlende Kommunikation“ auf Seiten der Linkspartei gegenüber den Arbeitnehmervertretungen für die rund 100 Mitarbeiter . . . Die Genossenschaft darf nicht die ‚Billiglösung‘ sein“



    So sieht das wohl aus, wenn sich hundertprozentige Marxisten (-Leninisten) und Vorkämpfer für den gesellschaftlichen Fortschritt kapitalistischer Methoden bedienen, um das eigene Überleben zu sichern. Wenn die sinkenden Abonnementenzahlen die Ursache sind, sollte erst mal die Akzeptanz dieses Blattes verbessert werden, statt mit gesenkten Kosten weiterzumachen wie bisher!



    Wer das ND vermissen sollte, falls es untergeht, muss dennoch nicht unter Entzug leiden. Es gibt ja noch die „Junge Welt“ (JW), ehemals Propagandaorgan der DDR-Jugendorganisation FDJ. Gemäß der politischen Farbenlehre könnte man das ND als „rosarot“ und die JW als „knallrot“ bezeichnen!

  • Ich bin ein bischen gespalten.

    Ich älter. Das heißt wenn mal" ND-NEUESDEUTSCHLAND"(kein Zufall) in die Hände genommen, dann ausschließlich von hinten gelesen.



    de.wikipedia.org/w...en_Deutschland.jpg

    Die Junge Welt gibt's noch, den Eulenspiegel- reicht.

    eulenspiegel-zeits...oon-der-woche-9-3/

    - Unbestechlich aber käuflich-

    Den(Beitrag) Überschriften Jungs*innen. Supi+!

    • @Ringelnatz1:

      You made my day - 😂 -

      “ Ich bin ein bischen gespalten & … dann ausschließlich von hinten gelesen.“

      Das könnte glatt in Neuss Deutschland stehn & - auf chinesisch:

      WISCHE WISCHE POPO - 🤫 - 🧷 -

      Als frauman in Halle Blumenstr 7 -



      Wie Angie die Hände übern Kopp & mit



      “DRUSCHBA“ - Freundschaft begrüßte.

      kurz - Meine sozialistische Erziehung!



      War kurz - Aber fulminant - 🤝 -



      &



      Bei - “Spitzbart Bauch & Brille -



      Sind nicht des Volkes Wille!“



      Da hatte ich schon rübergemacht - 🥳 -

      • @Lowandorder:

        Klaro.



        Schwibbel,Step....



        In dem Fall hatte ich wirklich von hinten- lesen- gemeint.



        Bei uns wurden eigentlich alle Zeitungen von hinten gelesen. Die ersten Seiten konntest du nur expektorieren....



        ABER



        Den Nagel (bibber, zitter) gabs natürlich extra.