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Zukunft der Vereinigten StaatenSteigbügel für den Autokraten

Macht- und führungslos schauen die US-De­mo­kra­t*in­nen dabei zu, wie Donald Trump den Staat umbaut. Als wäre er ein ganz normaler Präsident.

On day one: Menschen laufen über eine Brü cke ins mexikanische Tijuana, nachdem sie am Dienstag aus den USA abgeschoben wurden Foto: Felix Marquez/ap

Berlin taz | Es war die Woche von Donald Trump. Er war überall, und man konnte nur schwer Schritt halten mit der Flut von Dekreten, die er unmittelbar nach seiner Amtseinführung am vergangenen Montag erließ. Der angekündigte Politik- und Staatsumbau hat begonnen, mit ihm will Trump die US-Demokratie grundlegend verändern, in ein autoritäres Herrschaftsmodell mit einem Gesellschaftsbild aus dem vergangenen Jahrhundert.

Die Demokratische Partei, die nach der verheerenden Wahlniederlage im vergangenen November weder das Weiße Haus noch Senat oder Repräsentantenhaus kontrolliert, konnte dabei nur zusehen. Als Vorsitzende des gemeinsamen Kongressausschusses für Amtseinführungsfeiern – ja, das gibt es wirklich – hatte die Demokratische Senatorin Amy Klobuchar aus Minnesota gar die Aufgabe, den reibungslosen Ablauf von Trumps Krönungsfeierlichkeiten zu organisieren. Auch dank ihr lief die Machtübernahme jenes Mannes störungsfrei, den eine Mehrheit gewählt hat, obwohl die De­mo­kra­t*in­nen ihn in vielen Monaten Wahlkampf zu recht als kriminelle, extremistische Gefahr für die USA brandmarkten. Der Widerspruch zwischen den Warnungen aus dem Wahlkampf und dem zuvorkommend ausgerollten Teppich am Montag war schon auf der Ebene der Bilder kaum auszuhalten.

Er markiert das Dilemma einer Demokratischen Partei, die auf nationaler Ebene macht- und führungslos dasteht. Vom inzwischen 82-jährigen Ex-Präsidenten Joe Biden wird nicht mehr viel zu hören sein. Die Zukunft seiner glücklosen Vizepräsidentin, der unterlegenen Kandidatin Kamala Harris, ist unklar. Manche Be­ob­ach­te­r*in­nen gehen davon aus, dass sie 2028 erneut eine Präsidentschaftskandidatur versuchen wird, andere glauben, dass sie 2026 als Gouverneurin von Kalifornien antreten wird, wenn der amtierende Gavin Newsom nicht erneut kandidieren darf. Vielleicht aber zieht sie sich auch ganz aus der Politik zurück.

So bleibt es zunächst drei Männern vorbehalten, die Botschaft der De­mo­kra­t*innen auf nationaler Ebene zu definieren: den beiden Fraktionsvorsitzenden Hakeem Jeffries (Repräsentantenhaus) und Chuck Schumer (Senat) sowie dem Vorsitzenden des Democratic National Comittee (DNC). Das Gremium kommt einem Parteivorstand im deutschen Verständnis am nächsten – und ist trotzdem ganz anders. 448 Mitglieder aus allen 50 Bundesstaaten gehören dem DNC an, am 1. Februar wird ein neuer Vorsitzender gewählt. Die besten Chancen hat Ken Martin, derzeit Chef der Demokratischen Partei in Minnesota. Aber anders als in Deutschland gibt der Parteivorstand nicht die politische Linie vor, schreibt keine auf Parteitagen diskutierten Leitanträge, sondern organisiert und schafft Geld heran. Damit übt er dann allerdings parteiintern Einfluss aus.

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Wenig Interesse an Kritik

Kaum jemand hat das so sehr gespürt wie Bernie Sanders, der linke Senator aus Vermont, der in seinem Vorwahlkampf um die demokratische Präsidentschaftskandidatur 2016 nicht nur gegen Hillary Clinton antrat, sondern auch gegen das DNC. „Die Demokratische Partei wird immer mehr zu einer von Milliardären dominierten Partei, die von gutbezahlten Beratern geführt wird, deren Ideologie darin besteht, an den Randbereichen eines höchstgradig ungerechten und unfairen oligarchischen Systems herumzupfuschen“, sagt Sanders.

Die De­mo­kra­t*in­nen hätten dem Laken Riley Act niemals zustimmen dürfen. Fundamentale Prinzipien des Rechtsstaats werden damit aufgegeben

Ken Martin als vermutlich neuer Chef hat bislang wenig Interesse signalisiert, sich mit derartiger Kritik auseinanderzusetzen. Ihm geht es darum, Parteistrukturen wiederaufzubauen, wo die De­mo­kra­t*in­nen überhaupt nicht mehr sichtbar sind – und das gilt für große Teile des Landes, die auf den Nachwahlkarten als riesige rote, also republikanische Flächen auftauchen. Dazu braucht es vor allem Geld, und das will Ken Martin auftreiben.

Die Ideen hingegen müssen sich zunächst im Kongress zeigen, und auch dort navigieren die Se­na­to­r*in­nen und Abgeordneten auf dünnem Eis. Wer als Demokrat aus einem Wahlkreis kommt, in dem bei der Präsidentschaftswahl Trump gewonnen hat, wird sich gut überlegen, welche Kämpfe wirklich zu führen sind und welche besser nicht. Und nachdem Kamala Harris mit dem Versuch gescheitert ist, ihren Wahlkampf auf die Warnung vor Trump aufzubauen, sind offensichtlich viele De­mo­kra­t*in­nen verunsichert. Scheinbar so sehr, dass zwölf demokratische Se­na­to­r*in­nen und 48 demokratische Abgeordnete in dieser Woche sogar dem Laken Riley Act zustimmten. Mit dem Gesetz kann Donald Trump seine Pläne zur millionenfachen Abschiebung undokumentierter Mi­gran­t*in­nen leichter in die Tat umsetzen. Wer auch nur im Verdacht einer Straftat steht, kann sofort in Abschiebehaft genommen werden, heißt es da. Fundamentale Prinzipien des Rechtsstaats werden damit aufgegeben. De­mo­kra­t*in­nen hätten dem Gesetz niemals zustimmen dürfen.

John Fetterman ist einer derer, die für diesen Spagat stehen. Fetterman ist Senator aus Pennsylvania – einem der Staaten, die als Teil der alten „Blue Wall“ den Demokraten bei vielen Präsidentschaftswahlen zu Siegen verhalf, aber im November deutlich an Donald Trump ging. Als erster Demokrat traf er Trump noch vor dessen Amtseinführung in Mar-a-Lago und signalisierte ihm Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Trump, der Fetterman zuvor als „ra­sen­den Irren“ bezeichnet hatte, lobte ihn nun als „beeindruckende Persönlichkeit“. Fetterman wurde schließlich zum Mitinitiator des Laken Riley Acts. Auf der anderen Seite stehen jene Se­na­to­r*in­nen, die in den verschiedenen Senatsanhörungen der Nominierten für Trumps Kabinett durch besonders scharfe Fragen hervorstechen. Tim Kaine etwa, demokratischer Senator aus Virginia, grillte Trumps Pentagon-Kandidaten Pete Hegseth für seine außer­ehelichen Affären und sein Alkoholproblem am Arbeitsplatz. Das ist der Stoff, aus dem Clips in sozialen Medien entstehen.

Trump hat tatsächlich eine Stimmenmehrheit

Dass sich Demokratische Abgeordnete und Se­na­to­r*in­nen nicht einig sind, ist nichts Neues: Zwischen der linken Ikone Alexandria Ocasio-Cortez aus New York und dem konservativen Vicente González aus Texas gibt es wenig Gemeinsamkeiten. Aber die Frage nach der strategischen Ausrichtung im Kongress beschäftigt die Demokraten gerade jetzt ganz besonders. Eine zu fundamentale Opposition gegen Trump halten etwa die Fraktionsvorsitzenden Jeffries und Schumer für wenig ratsam – immerhin hat Trump im November nicht nur die meisten Wahlleute im Electoral College gewonnen, sondern als erster Republikaner seit 20 Jahren auch landesweit eine Stimmenmehrheit bekommen.

Dabei verhalten sich die De­mo­kra­t*in­nen bei ihren strategischen Überlegungen für die Zwischenwahlen 2026 und die nächste Präsidentschaftswahl 2028 so, als wäre da ein ganz normaler republikanischer Präsident im Weißen Haus. Das Credo: Die Erfahrung zeige, dass bei den Zwischenwahlen meist die Opposition gewinnt, sodass eine oder gar beide Kammern wieder demokratisch kontrolliert werden. Bis dahin, hoffen die Demokraten, dürfte ohnehin klar sein, dass viele von Trumps Politikvorschlägen das Leben der Menschen nicht verbessern. Ab 2026 bauen sich dann, vermutlich aus dem Kreis der demokratischen Gouverneur*innen, neue Prä­si­dent­schafts­kan­di­da­t*in­nen auf, die den wenig charismatischen J. D. Vance 2028 schon besiegen werden. Dieser scheint als republikanischer Trump-Nachfolger schon jetzt gesetzt.

Das wirkt einerseits angenehm unaufgeregt. Andererseits werden die De­mo­kra­t*in­nen der akuten Bedrohung der demokratischen Institutionen und so vieler Lebensrealitäten durch die Trump-Regierung nicht gerecht. Wenn die De­mo­kra­t*in­nen es wieder nicht schaffen, in Zeiten der Not an der Seite der betroffenen Menschen zu stehen, werden sie dafür kaum belohnt werden.

Womöglich lohnt der Versuch, Trumps rhetorische wie tatsächlichen Überwältigung von Öffentlichkeit, Medien und Opposition ins Leere laufen zu lassen. Schnappatmung hilft nicht. Nur: Mitmachen wie beim Laken Riley Act dürfen De­mo­kra­t*in­nen nicht. Eine Partei, die jahrelang vor dem Faschismus warnt und ihm dann den Steigbügel hält, wenn es darauf ankommt, braucht kein Mensch.

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12 Kommentare

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  • Wie hätte das wohl ausgesehen, wenn die Dems einfach den Löffel hingeschmissen hätten und Donnie weder den Teppich ausgerollt, noch die Hand geschüttelt hätten? Wenn Biden auch einfach abgereist wäre, wie Donnie 1.0 es tat? Wenn kein Dem zur Krönung erschienen wäre?



    Das hätte Charakter gezeigt!

  • wie kann man den Demokraten vorhalten das sie die Würde des Weißen Hauses nicht genauso mit den Füßen treten wie damals die Republikaner?



    Das Volk hat die Demokraten für ihr volksfremdes Regieren abgestraft, in allen Kammern.



    Jetzt haben sie vorerst nur die möglichkeit das Schlimmste via Gericht zu verhindern, solange es noch Richter gibt die gegen den Willen der Reps entscheiden.

  • Auch Demokraten werden beim Thema Migration rechts.



    Wir wollen halt nicht teilen.



    Me first.

  • Die Demokaten sind gescheitert, weil sie sich hoffnungslos in intellektuelle linke Ideen und Konstrukte für Oberklassenprobleme verrannt haben und sich von der Lebenswirklichkeit ihrer eigenen Kundschaft völlig gelöst haben.



    Woke Themenkreise sind den Abgehängten sowas von egal und Lebensmittelpreise , Arbeitsbedingungen im Turbokapitalismus, Krankenversicherungen und Lohndumping durch illegale Einwanderung haben die Demokraten schon lange nicht mehr im Angebot. Hier haben sie die Tür für die Populisten weit aufgehalten!

  • Grundsätzlich ist Parlamentarismus bestenfalls die Vorstufe einer Demokratie. Eine Demokratie braucht sicherlich noch bessere Institutionen einer diskursiven und wissenschaftsbasierten Mitbestimmung.

    Und wenn man sich am Beispiel der USA ansieht, WIE dort der Parlamantarismus aussieht, wo also in den beiden Kammern vor allem Millionäre/Milliardäre, Industrielle, Banker, ... herum sitzen und über Geschicke der Bevölkerung bestimmen, dann ist das noch mal eine antidemokratische Komponente, die sich auch nicht einfach durch das Wahlverhalten der Wähler:innen reparieren lässt.

    Denn allein schon die interne Auswahl der Präsidentschaftskandidaten führt in der Regel dazu, dass tendenziell die rechtesten, antisozialsten und am meisten kriegslüsternen Kandidat:innen dem Wähler zur Wahl gestellt werden.

    Da wird dann eben bei den Demokraten ein Biden angeboten, aber keine Ocasio-Cortez. Und bei den Republikanern steht am Ende so ein Trump auf der Wahlbühne.

    In Deutschland ist es nicht viel besser, wenn man sich Merz, Scholz & co. betrachtet. Von Italien, Niederlande, Österreich usw. will ich gar nicht erst reden.

  • Zwei Parteien sind nicht genug fùr die Demokratie und des Pudels Kern ist das undemokratische Mehrheitswahlrecht. Es ist undemokratisch, weil es die Gesellschaft in ihrer Vielfältigkeit nicht wiederspiegelt. Dies zusammen mit einer Oligarchie, die die öffentliche Meinung manipuliert, und wir stehen vor dem Scherbenhaufen, den wir alle ratlos angucken.

    Das Ziel der Trump-Administration ist das Ende der Gewaltenteilung und sie setzt dabei auf die Gleichschaltung der Meinung und der Justiz. Gelingt dies erst einmal (durch massiven Personalumbau in den oberen Stockwerken), ist die amerikanische Verfassung wohl Geschichte.

    • @Deutschfranzose:

      So viele Parteien hier. Spiegeln sie die Gesellschaft in ihrer Vielfalt wieder oder in ihrer Einfalt?



      Es ist anscheinend sehr leicht, den Menschen die Menschlichkeit zu rauben, so dass sie anderen Menschen das Menschsein absprechen.

  • Ziemlich gute Analyse des Zustands der-



    SPD.



    Politik die den Menschen hilft macht nur noch Herr Habeck.

  • Autokratie von Big Money

    Zitat: „Als Vorsitzende des gemeinsamen Kongressausschusses für Amtseinführungsfeiern hatte die Demokratische Senatorin Amy Klobuchar aus Minnesota gar die Aufgabe, den reibungslosen Ablauf von Trumps Krönungsfeierlichkeiten zu organisieren.“

    Dazu trug auch ihre ausgewogene und würdevolle Rede zu Beginn der Zeremonie bei. Deren Kernsatz: Die USA sind seit ihrer Gründung vor 250 Jahren eine Demokratie. Also ohne Unterbrechungen, also auch nicht von der Nachfolgepräsidentschaft Obamas unterbrochen.

    Warum sollte das in den nächsten vier Jahren nun anders sein? Die Basisinstitutionen dieser Staatenunion, gewissermaßen das Betriebssystem, sind stabil und nicht so leicht anzutasten. Intra muros dieses Systems kommt es immer mal wieder alternierend zu unterschiedlichen Regierungsprogrammen, gewissermaßen als Anwendungsprogramme. Die Amerikaner halten diese Alternanz und die Check-and-Balance-Institutionen für den Kern ihrer Demokratie. Daran kann auch das Brauchtum der beiden Großparteien nichts ändern, gegenseitig bei einer Niederlage den Teufel des Demokratie-Untergangs an die Wand malen.

    Trump hin oder her: Letztlich regiert das Big Money. (DosPassos)

  • Zunächst hielt ich den Artikel für die x-te gehenden Nehmt-euch-in-Acht-vor-dem-„Autokraten“-Warnung, mit denen in den vergangenen Wochen große Teile des Medienmarktes geradezu geflutet wurden. Dann jedoch: Erstaunlich differenziert, Hintergründe beleuchtend, so dass ich auch dem Autor zwei Komplimente machen möchte, welche er den Demokraten zugesteht: Angenehm unaufgeregt, Schnappatmung hilft nicht.

  • Es mag uns nicht gefallen was Trump jetzt veranstaltet, aber er wurde demokratisch gewählt. Ich wünsche mir auch, dass unsere neue Regierung nach der 23. Februar kurzfristig ihre Wahlversprechen vollständig umsetzt.

    • @CaoCao_de_taz:

      Demokratisch gewählt ist natürlich Interpretationssache.



      Wenn man einen Staat, der ein völlig ungerechtes Wahl- und Rechtssystem für die Wiege der Demokratie hält (vielen Bürgern das Wählen erschwert oder unmöglich macht, die Todesstrafe nicht abschafft, passives Wahlrecht für kleinste Vergehen nimmt aber aktives Wahlrecht für echte Verbrecher zulässt …) …



      Wenn man Heranwachsende zu Engstirnigkeit erzieht, indem man sie fundamentalistischen Erziehungs- oder Glaubensdogmen unterwirft …



      und und und … Dann ist „demokratische Wahl“ wohl eher eine Farce.