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Zugerichtete Athlet*innen im SpitzensportMechanismen des Missbrauchs

Das Beispiel der Schwimmerin und Olympiasiegerin Casey Legler zeigt: Der Leistungssport beeinträchtigt das Leben Jugendlicher brutal.

Hartes Training: ein Jugendlicher pflügt sich durchs Wasser Foto: Imago Images/Frank Sorge

V or einigen Tagen hat Casey Legler dem britischen Guardian vielsagende Einblicke in die Nachwuchsförderung im Schwimmen gegeben. Ihre Aussagen sind auch deshalb so wichtig, weil sie den Blick weiten: Nicht nur sexueller Missbrauch ruiniert Leben im Sport. Es gibt weitere, subtilere Mechanismen im Umgang mit jugendlichen Elite-SportlerInnen, die enorme Schäden anrichten und kaum kontrollierbar und in den meisten Fällen nicht strafbar sind.

Wie verbreitet sie sind oder ob sie heute noch so gelten, lässt sich daraus nicht ablesen; ihre Ursache aber liegt im System. Casey Legler brach 1996 mit 19 Jahren im Training den Weltrekord über 50 Meter Freistil, beendete jedoch schon mit 21 Jahren ihre Karriere, litt unter Alkohol- und Drogensucht. Beides sei weit verbreitet gewesen unter minderjährigen SpitzensportlerInnen, hat Legler nun gesagt. „Wir wurden einfach alleingelassen.“

Sie beschreibt ein System der Extreme: Trainer, die einerseits absolute Kontrolle über die Jugendlichen und ihre Körper ausüben (auch Legler wurde von einem Physiotherapeuten sexuell missbraucht) und Kinder wie Geldanlagen behandeln, ihnen aber andererseits in den Trainingslagern lange Phasen totaler Freiheit lassen, ohne sich darum zu scheren, was die Kinder tun. Die bei Verletzungen rücksichtslos auf Weitermachen drängen, bei Doping und Essstörungen wegschauen, „die Normalisierung von Vernachlässigung“ nennt es Legler.

Jugendliche, die unter hohem Druck stehen, aber von niemandem ernsthaft betreut werden. Das französische Schwimmteam habe hart getrunken und Drogen genommen, um „uns die Macht zurückzuholen“, um seine Verachtung zu zeigen für diese Welt der heuchlerischen Erwachsenen. Einige, so sagt es Legler, kämpften bis heute mit der Sucht.

Es sind Mechanismen, die, ähnlich wie sexueller Missbrauch, aus einem System erwachsen, in dem eindeutige Machtpositionen verteilt sind: hier die TrainerInnen, dort die Schützlinge, oft gemeinsam isoliert in abgeriegelten Trainingszentren. Mindestens ebenso aber sind sie Ergebnis des Leistungssystems. Sie bleiben, das zeigt das Beispiel Schwimmen, nicht reduziert auf Sportarten, wo große Profitmargen warten: Es reicht die Aussicht auf Titel, damit TrainerInnen Jugendliche als Ware betrachten.

Viel wird derzeit über zu ehrgeizige Eltern gesprochen, wenig über rücksichtslose TrainerInnen. Es muss über das System Spitzensport an sich gesprochen werden. Und über Verantwortung. Nicht nur sexueller Missbrauch ist Missbrauch.

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Alina Schwermer
freie Autorin
Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum und Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen und übers Reisen. Autorin mehrerer Bücher, zuletzt "Futopia - Ideen für eine bessere Fußballwelt" (2022), das auf der Shortlist zum Fußballbuch des Jahres stand.
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4 Kommentare

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  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Ich bin in den 90zigern gerne ins Sportforum Berlin- Hohenschönhausen gegangen. In der Schwimmhalle konnte man auf einer Bahn inmitten der Profischwimmer trainieren.Gewundert hatte mich schon das die alten DDR-Trainer(Laut Untersuchungen, Berichten-dopingbelastet) am Beckenrand standen und ihre Trainingsgruppen trainierten.



    Das große Thema Politik(Medaillen)-Leistungssport-Doping-Jugendliche-Eltern ist nach wie vor aktuell wie eh und jeh. Als Ergänzung zum guten Kommentar passt:



    sportspitze.de/201...uerdige-beziehung/



    Ines Geipel hat in ihren Büchern, Kommentaren auch viel zum Thema beigetragen. Obwohl länger zurückliegend sind manche Sachverhalte aktuell und scheinen sich immer zu wiederholen.

    • @05158 (Profil gelöscht):

      Ergänz mal - für - auch Mutti Höschenschnüfflerin & Co.

      Anfang der 70er brachte der Stern mal eine Serie zu Deformation im Turnen -



      Kinder&Jugendliche etc. Die dazu veröffentlichten Röntgenbilder zu Knochen Gelenken Wirbelsäulen etc waren so derart niederschmetternd.



      Unvergessen.

      kurz - Wer‘s wissen will. Kann‘s wissen.

      • 0G
        05158 (Profil gelöscht)
        @Lowandorder:

        Auch in des ernsten, schnöden Tagesthemen kann es noch lustig Andres geben(improvisiert.;)..):

        FREIÜBUNGEN

        (Grund-Stellung)

        Wenn eine Frau in uns Begierden weckt

        Und diese Frau hat schon ihr Herz vergeben,

        Dann (Arme vorwärts streckt!)

        Dann ist es ratsam, daß man sich versteckt.

        Denn später (langsam auf den Fersen heben!)

        Denn später wird uns ein Gefühl umschweben,

        Das von Familiensinn und guten Eltern zeugt.

        (Arme - beugt!)

        Denn was die Frau an einem Manne reizt,

        (Hüften fest - Beine spreizt! - Grundstellung)

        Ist Ehrbarkeit. Nur die hat wahren Wert,

        Auch auf die Dauer (Ganze Abteilung, kehrt!).

        Das ist von beiden Teilen der begehrtste,

        Von dem man sagt: (Rumpfbeuge) Das ist der allerwertste.



        s.Orginal

  • Liggers & ergänz mal -

    “Wie die Untersuchungen von Ogilvie/Tutko an 20.000 US-Sportlern zeigen:"If you want to build charakter, try something else."



    taz.de/Mythos-Deut...ndachter/!5089080/

    Aber das intellektuelle Niveau negigable inne taz zu -



    Leibesübungen - ist ja doch längst im hybriden Leistungswahn entsorgt. Newahr.



    Normal. Keine Ahnung - aber davon viel •