Zu viele Tote im Straßenverkehr: Die Opfer der Raserei
Mobilitätsexperten warnen: Deutschland könnte sein Ziel verfehlen, die Zahl der Verkehrstoten zu reduzieren. Wer ist besonders gefährdet?
BERLIN taz | Deutschland wird sein Ziel, bis zum Jahr 2020 die Zahl der Verkehrstoten um 40 Prozent zu senken, nicht erreichen – wenn die Bundesländer ihre Anstrengungen dafür nicht erhöhen. Zu diesem Schluss kommt die Bahnlobbyorganisation „Allianz pro Schiene“, die am Freitag ihren Bundesländerindex Mobilität vorstellte. Er zeigt, dass in zwölf Bundesländern die Zahl der Verkehrstoten nicht deutlich genug sank – in Sachsen wuchs die Zahl sogar.
Im vergangenen Jahr starben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden 3.600 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr – so wenig wie noch nie seit 1950. Im Vorjahresvergleich war die Zahl der Toten um rund zehn Prozent gesunken. Damit setzt sich die langfristige positive Entwicklung im letzten Jahr fort, nachdem es im Jahr 2011 einen Anstieg der Zahl der Verkehrstoten zu beklagen gab.
Den Ausreißer im Jahr 2011 hatten Experten mit länger anhaltenden Schönwetterperioden erklärt: Bei schönem Wetter sind mehr Menschen unterwegs, was die Unfallwahrscheinlichkeit erhöht.
Der Präsident des Deutschen Verkehrssicherheitsrates, Walter Eichendorf, zeigte sich von der Entwicklung nicht zufrieden. „Lediglich vier Bundesländer erreichen bei den Straßenverkehrstoten den Zielkorridor, den der Bund mit einem angestrebten Minus von 40 Prozent für den Zeitraum 2010 bis 2020 vorgegeben hat.“
Eichendorf forderte die Länder zu mehr Anstrengungen auf. „Alleine kann der Bund das nicht schaffen.“ Allerdings müsse auch berücksichtigt werden, dass die Bedingungen in den Bundesländern sehr unterschiedlich seien.
Alleen sind gefährlich
So verfügt Brandenburg – im Bundesländerindex wegen der vergleichsweise hohen Zahl der Verkehrstoten auf dem letzten Platz gelandet – über viele Alleen. Diese sind nicht nur landschaftlich wertvoll, sondern locken auch Touristen in wirtschaftsschwache Landstriche. Alleen aber sind für Kraftfahrer gefährlich – ein Fehler, und schon können sie gegen einen Baum knallen.
Gefährdet sind vor allem junge Erwachsene. Gemessen an der Einwohnerzahl war laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2012 das Risiko der 18- bis 24-Jährigen, im Verkehr tödlich zu verunglücken, doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller Altersgruppen, nämlich 44 Getötete je eine Million Einwohner. Zum Vergleich: Das Risiko für Kinder unter 15 Jahren, im Verkehr zu sterben, war 2012 deutlich geringer; je eine Million Einwohner kamen sieben Kinder ums Leben.
Im Bundesländervergleich ist den Verkehrsexperten aber auch überraschenderweise eine positive Entwicklung aufgefallen. Demnach liegen die meisten Bundesländer beim Flächenverbrauch im Zielkorridor des Bundes, wonach bis 2020 deutschlandweit nur noch 30 Hektar pro Tag versiegelt werden sollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“