Zivilgesellschaft in Thüringen: Sorge vor Kürzungen

Bei EU- und Kommunalwahlen erstarkt die AfD, vor allem in den östlichen Bundesländern. Für die Flüchtlingsarbeit sind die Wahlergebnisse bedrohlich.

Plakat mit der Aufschrift Solidarität mit Geflüchteten

Solidarität mit Geflüchteten und Integrationspolitik sind durch die AFD bedroht Foto: imago

ILMENAU I taz | Mit Sorgen und Ängsten blicken Initiativen, die in der Migranten- und Flüchtlingsarbeit tätig sind, auf die Ergebnisse der AfD bei den Kommunal- und Europawahlen in den östlichen Bundesländern. „Bestärkt wird dadurch eine Wohlfühlatmosphäre für Rassismus“, sagt Benjamin Heinrichs vom DGB-Bildungswerk Thüringen.

Beim Bildungswerk „Faire Integration“ bietet Heinrichs arbeitsrechtliche Beratungen für Beschäftigte aus Drittstaaten an. Rassismus in Betrieben sei ein wachsendes Problem. Ergebnisse wie das der AfD bei den jüngsten Wahlen beförderten diese Tendenzen. Bei den Beratungen werde er von ArbeitnehmerInnen immer wieder mit Überlegungen wie dieser konfrontiert: „Soll ich Thüringen nicht besser verlassen und nach Westdeutschland gehen?“

Thüringens Zukunft

Das betreffe auch die Zukunft von Thüringen, sagt Heinrichs. „Was würde denn passieren, wenn alle diese Menschen gehen würden? Wer würde dann in Thüringen noch die Pakete austragen?“ Und nicht nur im Paketdienst seien viele Menschen mit Migrationshintergrund beschäftigt. Auch in den Krankenhäusern und den Pflegediensten, „vom Chefarzt bis zu den Reinigungskräften, überall“.

Hamidou Maurice Bouguerra ist politischer Referent bei DaMOst. Das ist der einzige Dachverband der Mi­gran­t*in­nen­or­ga­ni­sa­tio­nen in Ostdeutschland und damit nach eigenen Angaben die wichtigste Interessenvertretung von Mi­gran­t*in­nen in den östlichen Bundesländern. Das Ergebnis der AfD bei den Kommunal- und Europawahlen sei keine Überraschung, sagt Bouguerra. Die Prognosen für die kommenden Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg hätten sich bestätigt: „Das ist bitter.“

Denn auf Landes- und Kommunalebene werde die tatsächliche Integrationspolitik gemacht. In den Kreistagen und Stadträten könne die AfD nun immensen Schaden auf diesem Gebiet anrichten. Gelder für die Unterbringung von Geflüchteten, für Integrations-, Kultur- und Demokratieprojekte könnten gekürzt oder ganz gestrichen werden.

Resignation und Ohnmacht

Die Projekte könnten sich eines Resignations- und Ohnmachtsgefühls nicht erwehren. „Wir versuchen, Strategien dagegen zu finden“, sagt Bouguerra. Aber viel mehr als bisher könne man kaum tun. Das Erstarken der AfD zu verhindern sei Aufgabe der Mehrheitsgesellschaft und der Regierungsparteien.

Das Beratungsprojekt des DGB-Bildungswerks Thüringen ist im Unterschied zu den kommunal betriebenen Integrationsprojekten nicht durch das Erstarken der AfD bedroht. Man sei EU-finanziert, sagt Benjamin Heinrichs. „Aber auch wir werden weiter dafür kämpfen, dass sich die gesellschaftliche Stimmung wieder verbessert.“

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