: Zimmerantenne her!
Weil ARD und ZDF vom Atlantik bis zum Ural zu empfangen sind, hängt der WM-Rechte-Deal schief. Bis zu 580.000 deutsche TV-Haushalte betroffen
von THILO KNOTTund STEFFEN GRIMBERG
Im Prinzip sind die Urlaubspläne für deutsche Fußballfans für das kommende Jahr immer noch einfach zu gestalten: Einmal vier Wochen Mallorca im Juni bitte (so sie denn nicht sowieso für Japan und Korea gebucht haben) – und das ohne große Bedenken. Denn selbst auf des Deutschen liebster Urlaubsinsel hätte der Fan nicht auf das verzichten müssen, was ihm im anderen Falle Kopfzerbrechen bereitet hätte: die Fußball-Weltmeisterschaft 2002. ARD und ZDF machen’s möglich, sind die Öffentlich-Rechtlichen doch via Satellit auch auf Mallorca zu empfangen. Eigentlich.
Denn in diesen Genuss werden Urlauber mit digitalem Empfangsgerät jetzt vermutlich nicht kommen. Und damit nicht genug: Auch die 580.000 Haushalte in Deutschland, die ihr Free-TV-Signal digital per Satellit empfangen, könnten dann in die Röhre schauen.
Bei der WM-Auslosung am vergangenen Samstag musste das ZDF sogar die gesamte Übertragung unterbrechen, da ein spanischer Pay-TV-Sender gegen die Ausstrahlung klagte – denn das ZDF-Signal vom Astra-Satelliten ist, egal ob analog oder digital, von den Kanarischen Inseln bis in die Ukraine zu empfangen. Und für die ARD gilt das natürlich genauso.
„Wir werden 2006 so weit sein, dass wir die Ausleuchtzone entlang der nationalen Grenzen ziehen können“, sagt Friedrich-Karl Reichardt, Pressesprecher des Satellitenbetreibers Astra in Deutschland. Und zur Weltmeisterschaft 2002? „Eine Lösung ist mir zur Zeit nicht bekannt.“
Rechte-Disput
Auf eine Lösung aber drängt der spanische Pay-TV-Sender Via Digital, der vom WM-Rechteinhaber Kirch exklusiv die digitale Ausstrahlung für Spanien gekauft hat. Und dies, argumentiert der Sender, schließe eine parallele analoge Übertragung natürlich auch aus. Via Digital, ein Tochterunternehmen des Telekommunikationskonzerns Telefónica, verlangt, dass ARD und ZDF ihre 25 Livespiele deshalb verschlüsselt übertragen. Doch das beträfe wiederum alle satellitenabhängigen Free-TV-Haushalte in Deutschland.
Klar, dass auch die Öffentlich-Rechtlichen die Situation von der Kirch-Gruppe geklärt haben wollen: „Für die WM haben wir einen eindeutigen Vertrag“, sagt ZDF-Sprecher Walter Kehr. Deshalb müsse die Kirch-Gruppe mit seinen anderen Partnern die Vertragsverhältnisse klären. Für den Satellitenbetreiber ist überhaupt unbegreiflich, wie es zum Streit zwischen Rechteinhaber Kirch und den Rechtekäufern kommen konnte. „Die Probleme liegen doch längst auf der Hand“, sagt Astra-Sprecher Reinhardt.
„ARD und ZDF wissen, dass sie die digitale Ausstrahlung auf Deutschland beschränken müssen“, hält Kirch-Sprecher Hartmut Schultz dagegen: „Wie das Problem gelöst wird, liegt bei den Sendern.“ Für das analoge Signal gelte diese Beschränkung nicht. Allerdings, bestätigt Schultz, legten die Spanier ihren Exklusiv-Vertrag so aus: „Wir sind in Gesprächen mit Via Digital und gehen davon aus, dass das Problem bald gelöst wird.“
Und für die deutschen Zuschauer, die auf das Digitalsignal von ARD und ZDF gesetzt haben, hat ZDF-Mann Kehr schon Vorschläge parat: Über die gute alte Dachantenne oder Zimmerantenne seien die WM-Spiele ganz terrestrisch allemal zu empfangen. Kehr: „Die Entscheidung für einen digitalen Anschluss hat der Käufer getroffen – und nicht wir.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen