Zeugenaussage im Glaeseker-Prozess: Wulff findet sein Gedächtnis wieder
Von Glaesekers Gratisurlauben hat er nun doch gewusst. Im Korruptionsprozess gegen seinen Ex-Sprecher kann sich Christian Wulff plötzlich wieder erinnern.
HANNOVER taz | Christian Wulff kann sich wieder erinnern. Am Montag sagte der einstige Bundespräsident als Zeuge im Korruptionsprozess gegen seinen Exsprecher Olaf Glaeseker vor dem Landgericht Hannover aus. Vier Stunden lang äußerte er sich ausführlich dazu, wie sich Glaeseker für die Politpromipartys „Nord-Süd-Dialog“ einsetzte und wie sich dies zu den Urlauben verhielt, die Glaeseker beim Nord-Süd-Veranstalter Manfred Schmidt verbrachte. Bei einer ersten Vernehmung 2012 behauptete Wulff noch, von all dem nichts gewusst zu haben.
„Ich bin ein verhältnismäßig junger Altpräsident, unfreiwillig“, stellt Wulff sich vor Gericht vor. Es ist das zweite Wiedersehen mit seinem Exsprecher nach zwei Jahren Funkstille. Ende 2011 entließ Wulff Glaeseker in der Hochphase seiner Privatkredit- und Gratisurlaubaffäre. Vor drei Wochen trat Glaeseker als Zeuge im Prozess gegen Wulff selbst auf, der ebenfalls wegen Korruption angeklagt ist. Doch während das Gericht im Wulff-Verfahren schon mehrfach einen Freispruch noch im Februar angedeutet hat, ist bei Glaeseker noch alles offen.
Der soll sich als niedersächsischer Regierungssprecher mit Gratisurlauben im Wert von 12.000 Euro vom mitangeklagten Eventmanager Schmidt bestechen lassen haben. Und im Gegenzug 650.000 Euro Sponsorengelder für Schmidts Nord-Süd-Dialoge zwischen 2007 und 2009 geworben haben. Schmidt und Glaeseker streiten das ab. Die Urlaube erklären sie mit ihrem „fast familiären Verhältnis“. Glaeseker hat zudem angegeben, sich auch bei den Promisausen „im Sinne seines Dienstherrn“ engagiert zu haben, der Schirmherr bei Nord-Süd war. Die bisherigen Zeugen, darunter weitere Exmitarbeiter Wulffs, haben das bestätigt.
Dieser Linie schließt sich am Montag auch Wulff an. Er rühmt die Events, die der „Atmosphäre“ zwischen Niedersachsen und Baden-Württemberg dienen sollten, als „Win-win-win-Situation“ für Politik, Wirtschaft und Privatveranstalter Schmidt. Dass sie „gigantisch erfolgreich“ waren, sei Glaesekers Verdienst. Dem habe er „grenzenlos vertraut“ und „niemals“ schlechte Erfahrungen damit gemacht, sagt Wulff. „Ich wusste nicht, wo er im Dienst ist, ich wusste nur, dass er immer im Dienst ist.“
Keine Bettelbriefe
Und während Wulff in seiner ersten Vernehmung eine Sponsorensuche für Nord-Süd ausschloss, verneint er jetzt nur noch, offizielle „Bettelbriefe“ verfasst zu haben. Für die Akquise sei zwar Veranstalter Schmidt zuständig gewesen. In Unternehmerkreisen habe aber auch er selbst auf die Dialoge „hingewiesen“, sagt er.
Auch bei Fragen zu Glaesekers Urlauben bei Schmidt und der Nähe zwischen den beiden rudert Wulff zurück. 2012 gab er noch an, davon erst in der Presse erfahren zu haben. „Die beiden sind eng befreundet und kennen sich lange“, sagt er jetzt – und empört sich, dass die Vernehmungsprotokolle an die Medien gelangt und dort „tendenziös“ ausgewertet worden seien. „Inzwischen ist mir auch wieder eingefallen, dass Olaf Glaeseker mir gelegentlich von Urlauben bei Manfred Schmidt in Barcelona erzählt hat.“
Statt „null Kontakt“ will er während der Urlaube mittlerweile „fast keinen Kontakt“ zu seinem damaligen Sprecher gehabt haben. An weitere Details könne er sich nicht erinnern, sagt er. Seither seien immerhin acht Jahre vergangen. Acht Jahre, in denen viel passiert sei.
Leser*innenkommentare
774 (Profil gelöscht)
Gast
Blickt überhaupt noch einer durch in diesem Schauprozeß? Es geht hier um nichts, als karrieresüchtige Staatsanwälte.
Hulu
Gast
Nennt es doch einfach Freispruch!
Ihm passiert Nichts.Und wenn,"Auf Bewährung"ist gleich Freispruch.
Wulff,bald Hoeness,früher Zumwinkel,Schwarzer. Eine 87jährige Oma muss in den Knast
und diese Leute lachen sich ins Fäustchen. Der Artikel 3 des GG
ist die grösste Lachnummer des Jahrhunderts.
Heinz Günter Gruse
Allein der Gedanke, dass wir einen Typen wie Wulff bis an sein Lebensende mit unseren Steuergeldern alimentieren müssen, ist unerträglich.
lowandorder
Gast
"....„Ich bin ein verhältnismäßig junger Altpräsident, unfreiwillig“,.."
wenn man das als Vorstellung des ehemaligen Repräsentanten
dieser Republik vor Gericht
und den übigen Schmarrn "...fast familiäres Verhältnis..." usw liest;
dann wundert man sich doch sehr, diese Herrschaften
in weißen - und nicht wie angemessener: in
breitschwarz-weiß-gestreiften Hemden und entsprechenden
Hosenträgern und Rund-Krempen-Hüten zu sehen;
und dieser Herr Wulf überraschend doch nicht als "Onkel" apostrophiert;
Berliner Sparverein - Unser Treu -
wär auch ne gute Adresse.
lichtgestalt
Der erste Mann im Staat:
ein Winkeladvokat.