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Zerstrittene US-DemokratenGegen Trump? Gegeneinander!

Parteikader gegen Sanders, Linke gegen Bloomberg, Progressive gegen Buttigieg. Dabei müsste es bei den Demokraten heißen: Alle gegen Trump.

Ein Bernie Sanders Unterstützer während der Wahl in New Hampshire Foto: Mike Segar/reuters

E igentlich hatten die US-Demokraten aus ihrem großen Fiasko vom 8. November 2016 eine große Lehre gezogen: Gemeinsam gegen die Republikaner, statt untereinander streiten. Man war sich einig: Donald Trump hatte vom Zwist zwischen Hillary Clinton und Bernie Sanders entscheidend profitiert.

So tief waren die im Vorwahlkampf geschlagenen Wunden, so ungeliebt war Clinton unter den Sanders-Anhänger_innen, dass etliche Sanders-Leute es nicht über sich bringen konnten, für die Partei-Establishment-Kandidatin Clinton zu stimmen. Das Resultat ist bekannt. Trotzdem scheinen die US-Demokraten ihre Lektion schon wieder vergessen zu haben.

Zuerst die grandios verpatzte Vorwahl in Iowa, das tagelange Chaos der nicht funktionierenden Auszählung, in dem sich zunächst alle Kandidat_innen kurzerhand selbst zu Sieger_innen erklärten und es am Ende keinen echten Sieger gab, mit Pete Buttigieg und Bernie Sanderes irgendwie gleichauf, aber dann doch wieder nicht, der eine hatte mehr Delegierte, der andere mehr Stimmen.

Also forderten beide eine Neuauszählung, ebenso wie der Vorsitzende des Democratic National Committee, Tom Perez. Und schon machten Verschwörungstheorien die Runde, dass die Parteikader etwas gegen Bernie Sanders hätten und klammheimlich daran arbeiten, ihn zu sabotieren, dass eine Firma des Kandidaten Pete Buttigieg an der Programmierung der Auszählungs-App mitgewirkt habe, das könne doch alles kein Zufall sein.

Staatstragend und schnöselig

Nach der New-Hampshire-Vorwahl hat sich das Kandidat_innenfeld gelichtet, jetzt sind nur noch Weiße dabei – immerhin zwei davon Frauen und einer der erste offen schwule Präsidentschaftsanwärter der US-Geschichte. Doch das alles ändert nichts daran, dass sich die verbliebenen Kandidierenden gegenseitig an die Gurgel gehen.

Geht’s noch? Klar, gibt es Gründe für oder gegen die Kandidat_innen. Bernie Sanders ist ein alter Grantler, der von seinen guten Ideen wohl nur wenige wird umsetzen können. Eli­za­beth Warren ähnlich, nur Besserwisserin statt Grantler. Pete Buttigieg der einzige Nichtmillionär unter den Kandidierenden, aber so staatstragend und schnöselig, dass sich die Queerbewegung angeekelt abwendet. Joe Biden eine Karikatur seiner selbst. Amy Klobuchars Erfolgsdynamik wird „Klomentum“ genannt. Michael Bloomberg will sich die Kandidatur kaufen (und wird womöglich damit Erfolg haben).

Aber eigentlich geht es darum, Trump abzuwählen. Selbst ein Besenstiel wäre ein besserer Präsident.

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Malte Göbel
Autor_in
Berliner mit Kartoffelhintergrund. 2011-2020 bei der taz, u.a. als Ressortleiter Online, jetzt Autor, Themen: Privilegien, Machtstrukturen, USA, Italien, Fußball, Queer, Comics u.a.
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15 Kommentare

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  • Sanders gegen Trump

    Zitat: „Ein weiterer Wahlsieg Trumps sei im Sinne der moderaten Demokraten wünschenswerter als die Neuorientierung der Partei unter einem möglichen Präsidenten Sanders. Matthews sprach aus, was womöglich tatsächlich einige Parteioberen denken.“ ( „Die Zeit“ von heute)

    Dies war schon vor vier Jahren evident. Eine CNN-Umfrage vom Febr. 2016, also noch vor der Nominierung von H. Clinton, hatte die beiden Duell-Hypothesen Clinton rsp. Sanders gegen Trump, vorgelegt. Danach hieße bei der ersteren Variante das Verhältnis 52 % zu 44% für die Dems und bei der zweiten 55 zu 43%. Mit 46 % für Trump fiel dann das Ergebnis um 2 % höher aus. Unterstellt man die gleiche Abweichung bei Sanders als Duellant, hätte Trump nur 45 % der Popular Votes verbuchen können, was für den Sieg des Herausforderers gereicht haben dürfte.

    Wenn auch das Popular Vote nicht unbedingt dem Wahlausgang entsprechen muß, wie gesehen, so bliebe doch die Erkenntnis, daß Sanders Chancen gegen Trump a priori größer waren als die Clintons. Daraus folgt, die Hauptsorge des DNC galt damals wie heute nicht der Wahl Trumps sondern derjenigen Sanders. Um Sanders zu verhindern, wurde Trump in Kauf genommen.

    Ergo: Wer Trump verhindern will, unterstützt Sanders. Das soll, so das jüngste Gerücht aus der Geheimdienst-Diskursküche, auch das Streben des Kremls sein. Es ist so plausible wie alle Nachrichten dieser Provenienz. Sollte es ausnahmsweise mal zutreffen, so wäre der Kreml folglich gegen Trump. Und das wäre gut so.

  • In einer Welt des totalitären Finanzkapitalismus spielt die Linke kaum noch eine Rolle: Sanders ist der letzte Mohikaner, aber deshalb ehren wir ihn. Sterben tun wir sowieso, aber ein Leben in geistiger Versklavung ist nichts wert: Und dafür stehen die rechten Demokraten.



    Ja, die TAZ ist in Teilen stark gentrifiziert, antidemokratisch und bieder geworden.



    Die US-Korrespondentin sieht die Sache übrigens anders. Malte sollte einfach mal zu einem town meeting von Sanders gehen und die Stimmung mit denen seiner Konkurrent*en vergleichen. Sanders ist der Einzige, der den Zorn in Worte fassen kann (das ist viel mehr als "grumpy"), und noch über die entsprechende Energie verfügt. Lang möge er leben (und seine "running mate").



    Die US-Demokraten haben sich in der Finanzkrise als zu dämlich erwiesen, eine alternative Philosophie zu einem kannibalistischen System zu entwickeln, in dem 1% der Weltbevölkerung so viel Vermögen besitzt wie die anderen 99%. Das Gleiche gilt für die Klima-Ignoranz der USA heute.



    Der Frust sitzt tief, die corporate mainstream media nehmen das kaum wahr. Sanders spricht das an, ist in der Lage, Begeisterung zu entfachen, um das Land von Trump weg zu bewegen.



    Warren, die ich wählen würde, ist zu intellektuell: Die USA sind nicht so verkopft wie die Deutschen, selbst ein eloquenter Mann wie Obama hatte nur zwei Jahre lang Unterstützung im Kongress (selbst der Papst hat mehr für people of color wie Mumia Abu Jamal getan als Obama; siehe auch den Fall Leonard Peltier, dessen Begnadigung er abgelehnt hat).

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wie sollen die US-Demokraten den geeigneten Gegenkandidaten zum Schreckgespenst menschlicher Evolution finden, wenn sie noch nicht einmal inhaltlich streiten dürfen?

    Das Werfen von Wattebäuschchen ist wenig zielführend. Die Gülle, die vonseiten der Republikaner kommen wird, hat sich gewaschen. Drei Jahre Trump sind der passende Anschauungsunterricht.

    Auf, in die Vollen, democrats.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Ich frage mich, wieviel US-Debatten Göbel überhaupt verfolgt hat. Mir fiel dabei auf, wie absolut respektvoll die Kandidat*innen miteinander diskutiert haben.



      Ich habe mich richtig nach Meinungsverschiedenheiten gesehnt (nur Warren hat den Fehler gemacht, Sanders entgegengestreckte Hand abzuweisen). Nun ja, wenn das Establishment sich bedroht sieht, wird es zurückschlagen, also brauchen wir nicht mehr lange zu warten.



      Und die Republikaner halten sowieso alle inklusive Mitt Romney für pädophil.

  • Dass entgegen Bernie Sanders Aufrufen einige seiner Anhänger Hillary Clinton nicht gewählt haben, weil Clinton dem Großkapital verbunden war und sie und ihre Verbündeten oben in der Partei Sanders übel mitgespielt hatten, hat wenig geschadet. Die Mehrheiten in New New York oder Kalifornien waren weniger hoch. Aber wer ein Bundesland gewinnt bekommt ja alle Stimmen der Wahlmänner. Der Untergang waren die knapp verlorenen Staaten, wo die alte deklassiert Industriearbeiterschaft von den Fahnen gegangen ist. Der erneut erbitterte Streit zeigt aber, dass die Linken bei den Demokraten Trump nicht viel schlimmer finden wie den Großkapitalflügel der eigenen Partei. Und der Großkapitalflügel fühlt sich mit Trumps niedrigen Steuern wohler als mit Bernies Sozialismus. Der Wahlausgang ist offen mit Vorteil Trump.

    • @Balder :

      Nein, Wahlausgang nach Meinungsumfragen läuft schon jetzt mit klarem Vorteil der Demokraten:poll.qu.edu/



      (auf diesem link gibts mehrere interessante Infos; so far unnoticed by depressive Vermins).



      Die Leute sind Trump müde geworden, einem hässlichen Typ seit 2016 beim Masturbieren und Wittern zu schauen zu müssen, macht keinen Spaß (to witter: labern).

  • "So tief waren die im Vorwahlkampf geschlagenen Wunden, so ungeliebt war Clinton unter den Sanders-Anhänger_innen, dass etliche Sanders-Leute es nicht über sich bringen konnten, für die Partei-Establishment-Kandidatin Clinton zu stimmen. Das Resultat ist bekannt."

    Nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig. Sicher gab es Sanders Fans die nicht zur Wahl gegangen sind (entgegen Sanders Empfehlung).



    Viel wesentlicher sind jedoch all die wenig politisch interessierten Nichtwähler, die zur klassischen Basis der Demokraten gehören, aber mit gutem Grund glauben dass es für sie keinen substantiellen Unterschied machen wird wer im Weißen Haus sitzt.

    Die Antwort ist meiner Meinung nach sehr simpel: Die Demokraten müssen aufhören Kandidaten aufzustellen die weit rechts von ihrer eigentlichen Basis stehen. Wahlen "in der Mitte" zu gewinnen wird hüben wie drüben nicht mehr funktionieren.

  • Bitte bei allem anti-amerikanischen Klischees nicht vergessen, dass es auch in den USA um Inhalte geht.



    Große Bevölkerungsteile der USA sind von einer Gesundheitsversorgung ausgeschlossen, sind hoch verschuldet, wegen Studien und Immobilienkrediten, haben mehrere Jobs und kommen trotzdem nicht über die Runden. Für diese Menschen ist es von Interesse dass ihre Problem gehört und gelöst werden. Andere treibt die Sorge um die Klimakatastrophe um. Sanders ist derzeit der einzige Kandidat, für sie. Das ist nicht unbedingt eine auf die Person Sanders ausgerichtete Entscheidung, sondern eine existentzielle Frage.

  • Ich hoffe sehr dass sie es auf die Kette kriegen wenn es zählt. Mit harten Bandagen um den besten Kandidaten kämpfen, von mir aus. Hoffentlich wählen sie dann aber auch demokratisch wenn es drauf ankommt.

    Ich erinnere mich an 2016, als jede Menge Bernie-Fans dann plötzlich aus Enttäuschung ins Trump-Lager wechselten. Noch vier Jahre Trump, mit einem Trump der weiß dass ihn niemand zur Rechnung ziehen wird, wären fatal

    • @Yodel Diplom:

      Sanders hat 37 Veranstaltungen für Clinton absolviert auf denen er zu ihrer Wahl aufgerufen hat. Clinton hat lediglich 8 Veranstaltungen für Obama gemacht. Die Unterstützung von Sanders für Clinton war weit aus größer als die von Clinton für Obama. Clinton hat verloren, weil sie eine grottenschlechte Kanditatin war, die den Wählern kein anderes politisches Angebot machen konnte, als die Tatsache, dass sie nicht Trump ist. Das hat nicht gereicht.

      • @Sandor Krasna:

        Es geht nicht um die Kandidaten und wen die unterstützen. Davon schrieb ich auch nichts. Es geht um die Wähler, und die haben sich aufgeführt wie enttäuschte Kleinkinder als es nicht ihr Wunschkandidate wurde. Ich sag nur #BernieOrBust. Und ich hoffe das passiert nicht nochmal. Darum ging es mir. Und das schrieb ich auch, warum Du jetzt auf die Kandidaten abhebst wirst nur Du alleine wissen.

        "Clinton hat verloren, weil sie eine grottenschlechte Kanditatin war, die den Wählern kein anderes politisches Angebot machen konnte, als die Tatsache, dass sie nicht Trump ist"

        Völliger Unsinn. Clinton war eine der best qualifiziertesten KandidatInnen der früheren Geschichte. Sie hat sogar mehr Stimmen bekommen als Trump. Leider ist das US-Wahlsystem reichlich im Eimer und war bei seiner Einführung vielleicht brauchbar, kann aber mit der aktuellen Lage nicht mithalten. Z.B. war das electoral college damals notwendig um die Demokratie zu verteidigen, heutzutage schadet es ihr.

        Aber das geht völlig am Thema vorbei. Es geht mir um das Wählerverhalten. Unter einem Artikel über eben dieses.

        • @Yodel Diplom:

          Leider sieht das Clinton selbst anders. Auf die Frage, ob sie sich für Sanders entscheiden würde, wenn er gegen Trump antritt hat sie keine Antwort gegeben. Allein dies lässt mich an ihrer Aufrichtigkeit zweifeln.

          Es waren auch nicht die Bernie-Bros und nicht die Russen und auch nicht das Wahlsystem, dass ihr den Sieg gekostet hat. Sie hat in den entscheidenden Bundesstaaten keine politischen Antworten auf die Probleme gegeben können. So einfach ist das manchmal in der Politik

        • @Yodel Diplom:

          Clinton w a r grottenschlecht, ihren Ansprachen haben nur noch ein paar Rest-Politicos zuhören können (ich dummerweise auch). Sie war Helmut Kohl in Person, nur weiblich und irgendwie vegetarischer, hatte keine einzige originelle Idee, aber klar, sie wäre immer noch Lichtjahre besser gewesen als orange man. Ich hätte mich auch zu den Urnen begeben und sie gewählt (sterben müssen wir eh).

        • @Yodel Diplom:

          Ach Gottchen, auch hier wieder der Bernie or Bust Mythos.

          Ja. Ein paar Sanders-Fans haben tatsächlich Trump gewählt. War das der auschlaggebende Faktor? Sicherlich nicht. Der Punkt ist dass potentielle demokratische Wähler nicht motiviert waren zur Wahl zu gehen. So groß war dieses Problem, dass Clinton gegen einen Kandidaten verloren hat der in reinen Zahlen noch weniger Stimmen bekommen hat als der republikanische Wahlverlierer 2012, Mitt Romney.

          Wenn eine Politikerin ihre ureigene Basis nicht motivieren kann zur Wahl zu gehen, dann ist es sicher nicht der Wähler der Schuld hat...

          • @Tobsen:

            "Bernie or Bust Mythos"

            Es geht nicht darum dass die Leute Trump gewählt haben, auch wenn das vorgekommen ist. Es geht um die kindische Verweigerungshaltung die sich darin ausdrückte. Oder auch in nicht-wählen

            "Der Punkt ist dass potentielle demokratische Wähler nicht motiviert waren zur Wahl zu gehen"

            Und das ist das wahre Problem. Ja. Und "Bernie or Bust" trug dazu bei.

            "Wenn eine Politikerin ihre ureigene Basis nicht motivieren kann zur Wahl zu gehen, dann ist es sicher nicht der Wähler der Schuld hat.."

            Doch. Weil das nicht ihre Aufgabe ist. Nicht zur Wahl zu gehen ist einfach dämlich. Das ist kindische Verweigerungshaltung. Wenn Du nicht die wählst die am meisten auf Deiner Linie sind bekommst Du die die garnicht auf Deiner Linie sind.

            Wenn es eine Sache gibt die die ach so demokratischen Linken von Konservativen und Rechten lernen können dann ist es dass man zur Wahl geht. Die wählen jeglichen Kandidaten solange er irgendwie auf ihrer Seite ist. Die gehen zur Wahl. Linke sterben lieber in Schönheit und das ist dämlich.

            Wenn Du die Wahl hast zwischen Clinton und Good Ol' Pussygrabber dann stimmst Du für Clinton, weil nur das Dir Cheetoface fernhält. Es ist völlig egal ob Clinton Dein Wunschkandidat ist, es ist die einzige Option die Du hast. Jede nicht abgegebene Stimme stärkt jede andere Stimme. Das ist kein Protest, das ist Idiotie.

            Rechte und Konservative verstehen das. Linke offensichtlich nicht.