Zentralafrikanische Republik: Bangui von Muslimen „gesäubert“
Afrikanische Eingreiftruppen eskortieren fast alle der noch in der zentralafrikanischen Hauptstadt verbliebenen Muslime aus der Stadt
BERLIN taz | Fast alle der noch verbliebenen Muslime in der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui sind am Wochenende unter Schutz der afrikanischen Eingreiftruppe Misca evakuiert worden. Ein imposanter Konvoi aus 18 hochbeladenen Lastwagen setzte sich am Sonntag mittag aus dem Distrikt PK 12 am nördlichen Rand von Bangui in Bewegung Richtung Norden. Auf den Lastwagen saßen rund 1300 Muslime, die wochenlang unter Todesangst in PK12 ausgeharrt hatten, mitsamt ihrem Hab und Gut. Sie sollen im Norden des Landes nahe der tschadischen Grenze untergebracht werden.
PK12 war einer von mehreren Sammelpunkten gewesen, in denen sich die einst mehreren zehntausend Muslime von Bangui vor Angriffen anti-muslimischer Anti-Balaka-Milizen versammelt hatten. Immer wieder waren sie auch dort angegriffen worden. Seit Dezember wurden in PK12 18 Menschen von Anti-Balaka-Kämpfern getötet. Der Schutz durch Misca-Truppen erwies sich immer wieder als ungenügend. Nachdem vor einigen Wochen Tschad sein Misca-Kontingent abzog, verloren die Muslime von PK12 ihre Hoffnung auf baldige Rettung.
Die Übergangsregierung der Zentralafrikanischen Republik kritisierte die Evakuierungsaktion. Diese sei "einseitig" und "ohne Absprache und ohne unser Wissen" erfolgt, sagte ein Regierungssprecher am Sonntag abend. Die Interntionale Organisation für Migration (IOM) hingegen sagte, sie sei "glücklich", dass die Menschen gerettet werden konnten.
„Wir danken Gott für diesen schönen Sonntag“
Nach der Räumung zerstörten Anti-Balaka-Milizen das muslimische Lager komplett, griffen auch die Moschee an und erklärten, Bangui sei jetzt „gesäubert“. Anwesende kongolesische Eingreiftruppen griffen nicht ein. „Wir danken Gott für diesen schönen Sonntag“, sagte einer der Milizionäre laut einem AFP-Bericht. Angeblich hatten die Muslime die Moschee jedoch mit Sprengsätzen vermint, bevor sie PK12 verließen, erklärte ein Misca-Soldat.
Es verbleibt nun in Bangui eine weitere muslimische Vertriebenenansammlung im Distrikt PK5 unter Schutz burundischer Misca-Truppen.
Derweil wurden bei einem Racheangriff mutmaßlicher muslimischer Seleka-Rebellen auf ein Krankenhaus im nördlichen Nanga Boguila nahe der Grenze zum Tschad mindestens 22 Menschen getötet. Unter ihnen seien auch drei zentralafrikanische MSF-Mitarbeiter, sagte ein Misca-Offizier am Montag gegenüber AFP. Der Sprecher von Ärzte ohne Grenzen in Zentralafrika, Samuel Hanryon, bestätigte den Tod der drei Kollegen.
Die Angreifer attackierten demnach zunächst ein Treffen von Mitarbeitern der Hilfsorganisation mit Vertretern aus der Region. Anschließend seien die bewaffneten Männer auf das Gelände des Krankenhauses vorgedrungen, wo sie weitere Menschen getötet und Computer und andere Wertsachen gestohlen hätten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär