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Zensur in VietnamDrakonische Strafen für drei Blogger

Der Machtkampf in der vietnamesischen KP-Führung führt zu verschärfter Repression gegen Netzaktivisten. Drei Blogger wurden zu langjähirgen Haftstrafen verurteilt.

In Vietnam soll alles so bleiben wie es ist: „Verbreitung von staatsfeindlicher Propaganda“ wird hart bestraft. Bild: dpa

BERLIN taz | In keinem fernöstlichen Land außer China sind derzeit so viele Journalisten und Blogger inhaftiert wie in Vietnam. Die von der Kommunistischen Partei kontrollierte Justiz hat am Montag dafür gesorgt, dass es dabei bleibt. Die Blogger Nguyen Van Hai und Phan Thanh Hai und die Bloggerin Ta Phong Tan wurden nach Angaben eines ihrer Anwälte nach kurzem Prozess in Ho-Chi-Minh-Stadt wegen „Verbreitung staatsfeindlicher Propaganda“ zu zwölf, zehn und vier Jahren Haft verurteilt.

Die drei betrieben die KP-kritische Blogseite „Freier Journalistenclub“, auf der sie Korruption von Kadern sowie Chinas wachsenden Einfluss kritisierten. Die drei saßen schon seit April 2008, September 2011 und Oktober 2010 in Haft.

Nguyen Van Hai saß zwischenzeitlich 30 Monate wegen Steuervergehens ab. Beobachter hielten die Anklage für fabriziert, um den Regimekritiker aus dem Verkehr zu ziehen. Nach Verbüßung der Strafe wurde er aber nicht freigelassen, sondern mit der neuen Anklage konfrontiert, die ihm jetzt die zwölf Jahre Haft einbrachten. Der Prozess gegen die drei war mehrfach verschoben worden, zuletzt Anfang August. Denn am 30. Juli starb die Mutter der Bloggerin Ta Phong Tan, als sie sich aus Protest gegen die Inhaftierung ihrer Tochter selbst anzündete.

„Die harten Strafen gegen die Blogger sind empörend und zeigen das Ausmaß der Intoleranz der vietnamesischen Regierung gegenüber oppositionellen Ansichten“, sagte Phil Robertson, Asienexperte der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, zum Urteil. Die internationale Gemeinschaft solle Vietnam signalisieren, dass es so den angestrebten Sitz im UN-Menschenrechtsrat nicht bekomme.

Laut Reporter ohne Grenzen sitzen in Vietnam derzeit fünf Journalisten und 19 Blogger in Haft. Am 12. September ordnete Premierminister Nguyen Tan Dung die Behörden an, gegen drei Blogs vorzugehen. Er forderte explizit, die Verantwortlichen „ernsthaft zu bestrafen“.

Da die Kommunistische Partei alle einheimischen Medien kontrolliert, sind Grenzen austestende Blogs populär. Der als korrupt geltende wirtschaftsliberale Premier Dung kämpft mit dem orthodoxeren Staatspräsidenten Truong Tan Sang um Einfluss. Kürzlich wurden Premier Dung nahestehende Wirtschaftsführer unter Korruptionsverdacht festgenommen. Da das Wirtschaftswachstum nachlässt und soziale Spannungen zunehmen, gilt das Vorgehen gegen Blogger als Versuch Dungs, Kritik zu unterbinden und Interna unter der Decke zu halten.

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5 Kommentare

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  • Auch wir, Vietnamesen sind sehr froh darüber, dass solche Nachrichten endlich angekommen sind (wenig ist besser als gar nichts). In Deutschland sind Nachrichten aus Vietnam sehr spärlich. In Frankreich, England weiß jeder mehr als Menschen hier bei uns. Hat es mit den wirtschaftlichen Vorteilen mit Vietnam zu tun, wie Eugen beschrieben hat? Warum verschweigt dies der größten Teil der Medien absichtlich? Wo bleibt dann deren beruftliche Verantwortung?

  • H
    Hans

    Es ist gut auch mal einen Artikel darüber zu lesen. SOnst hört man von sowas ja nur aus China. Dass es Vietnam genau so schlimm ist ist leider fakt.

  • E
    Eugen

    Wie hoch wurde unser ach so mutiger Wirtschaftsminister von der deutschen Presse für seine mutige Rede vor den Studenten während seiner Vietnamreise gelobt! Vor der Freiheit müsse man keine Angst haben! Sicher nicht. Denn unsere Staatsmänner und Staatsfrauen halten es, was die Freiheit angeht, eher mit Hegel. Das macht sie auch so beliebt bei autoritären Regimes roter, wie grüner, wie brauner Couleur einerseits und bei den deutsche Wertarbeit verkaufenden (auch wenn es selten ohne Bestechung gelingt) Jobmotoren und Kapitalgeneratoren. Heute hat noch die Bausparkasse Schwäbisch Hall ein Memorandum of Understanding mit dem vietnamesischen Bauministerium unterzeichnet. (www.stoxplus.com/News/91751/1/179/viet-nam-germany-plan-housing-fund.stox) Die Häuslebauer werden von der (teils negativen) Erfahrung aus ihrem China-Geschäft profitieren können. Die ehrlichen Deutschen wurden nämlich schon öfters übers Ohr gehauen - Kreditbetrug ist Volkssport in Asien. Bei unseren fleißigen Exportweltmeistern ist die Erkenntnis noch nicht angekommen, dass gute Beziehungen zu Diktaturen zwar kurzfristige Geschäfte eröffnen, aber langfristig Wirtschaftsbeziehungen verbauen - denn besonders in Diktaturen blühen Korruption und Betrug.

  • H
    Harald

    Im Namen des heiligen Urheberrechts werden bei uns täglich Blogger gesperrt. Erst heute Morgen habe ich schon wieder einen Bloggerkollegen verloren, nur weil er Videos hochgeladen hat die sonst der Depublizierung zum Opfer gefallen wären.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Depublizieren

     

    Es ist für mich auch bezeichnend, dass ich über das Suchfenster der TAZ keinen einzigen Artikel mit dem Stichwort "depublizieren" finden kann.

  • M
    Marco

    Ich finde es gut das die Kommunistische Partei gegen die kommunismusfeindlichen Umtriebe entschlossen und kraftvoll vorgeht! Eine echte linke Regierung darf sowas einfach nicht dulden! Leider ist unsere Linke in Deutschland noch weit davon entfernt...