Zeitschrift „Kot und Köter“: Wuff
Zielgruppe Hundefeinde und Hundehasser: Die Artikel der Nullnummer von „Kot und Köter“ sind skurril, erlogen, verschroben – oder einfach nur irrelevant.
Im Ernst? Das ist die wohl brennendste Frage zur Neuerscheinung von Kot und Köter – Die Zeitschrift für den Deutschen Hundefeind. Hält man die Zeitschrift in Händen, erkennt man, dass das ganze „mit einem Augenzwinkern“ zu verstehen ist, wie Herausgeber Wulf Beleites sagt.
Mit Überschriften wie „Georg Kreislers Tagebücher entdeckt: selbige Hundevergiften im Park“ oder „Jute statt Plastik – Grüne fordern ökologisches Umdenken in Sachen Hundekot“ löst die Zeitschrift ihr Kampfslogan „aggressiv, pseudoernst, satirisch“ ein; zudem sind die Artikel skurril, verschroben, erdichtet, erlogen, persönlich, humorvoll, kritisch oder einfach nur irrelevant.
Bei ihrer Vorstellung in Hamburg wird Kot und Köter im Gassi-Beutel verteilt, womit direkt – wie sich das für gute Satire gehört – das Niveau ganz unten, also auf Höhe der beklagten Hundehaufen, angesetzt wird. „Das ist das Schlimmste, was einem Menschen in der Großstadt passieren kann“, gibt Beleites, neben absurden Kotberechnungen und fingierten Sprichwörtern, zum Thema Hundescheiße zum Besten. Der Mann ist etwa 70 Prozent Inszenierung, 25 Prozent Witz und zu maximal 0,5 Prozent Hundehasser. An Hunden störe ihn „der Dreck“ und „die Gefährlichkeit“ – vor allem aber empöre ihn „das obere Ende der Leine“.
Inszeniert ist beispielsweise das mit dem Rauchen, wozu er wiederholt einlädt. Er selbst steckt sich eine nach der anderen an, um auch ja auf jedem Bild mit Zigarette zu sehen zu sein. Sein Stil, sein Auftreten, seine ganze Erscheinung scheint jenem linken, intellektuellen Rockertypen entlehnt zu sein, als der er sich selbst gerne sehen möchte: grauer Zopf, Brille, Ledermantel, Lederstiefel. Auch den Gründungsmythos von Kot und Köter hat er inzwischen soweit stilisiert, dass er ihn im Wortlaut genauso wiedergibt, wie er bereits in Interviews zitiert wurde.
Deutscher Schäferhund und Inge Meysel
Der geht so: 1992, „vier Journalisten, also drei Kollegen und ich“ sitzen gemeinsam in einer Bar, trinken Guiness und überlegen, „was wohl die beste, nicht zu toppende Schlagzeile für den deutschen Boulevard“ sei – einstimmig wird sich schließlich für „Deutscher Schäferhund beißt Inge Meysel Brustkrebs weg“ ausgesprochen. Etliche Guiness später wird diskutiert „welche ebenso überfällige wie überflüssige Zeitschrift der deutsche Markt nicht braucht“, wobei – noch mehr Guiness – der Titel Kot und Köter entstanden sei. Ein Magazin-Name, mit dem Beleites in den 90ern als Hundehasser von Talkshow zu Talkshow gereicht wurde, ohne dass die Zeitschrift jemals existiert hätte.
Das soll sich nun ändern: Am 7. April erschien die Nullnummer, also eine Testausgabe, von Kot und Köter mit einer Auflage von 1.000 Stück bei Beleites im Eigenverlag, finanziert durch Crowdfunding. Der Grund, diese alte Idee wieder auszugraben, sei ein Selbstversuch gewesen, mit dem Beleites jungen Journalisten das Thema Crowdfunding näher bringen wollte. Nachdem der freie Journalist aus Hamburg, der unter anderem für die NDR-Satiresendung „Extra 3“ gearbeitet hat, die geplanten 7.000 Euro für die Nullnummer zusammenbekommen hatte, war er seinen Förderern Kot und Köter schuldig. Unterstützt wurde die Ausgabe von zahlreichen freien Text- und Bildreportern, die sich der guten Sache freiwillig annahmen.
In Zukunft will er damit hoch hinaus – seine Ziele schwanken von einer Kiosk-fähigen Auflage von 5.000, über Konkurrenzfähigkeit mit dem Hundemagazin Dogs (ca. 70.000) bis hin zu Auflagenhöhen von 1 Million wie sie derzeit etwa das Magazin LandLust erzielt. Bisher hat Beleites' Zeitschrift etwa 850 AbonentInnen sowie weitere 230 unbeantwortete Abo-Anfragen. Zur Zielgruppe gehören „Hundefeinde, Hundegegner, Hundehasser“ sowie Hundeliebhaber, die die Sache mit Humor betrachten. Eine nächste Ausgabe werde es auf jeden Fall geben, versichert Beleites. Themen dafür liegen auf der Straße.
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