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Zähes Ringen der Mini-Anstalten

Den kleinen Rundfunksendern geht es finanziell schlecht. Mächtige ARD-Anstalten drohen, ihnen die Gelder zu sperren, um sie so in die Knie zu zwingen  ■ Aus Potsdam Georg Löwisch

Potsdam (taz) – Die elf Rundfunkanstalten der ARD sind sich nicht einig, wie die künftige Struktur des Senderverbundes aussehen soll. Trotz zäher Verhandlungen auf einer Tagung in Potsdam, die gestern zu Ende ging, seien die Intendanten ohne Konsens auseinandergegangen, hieß es nach der Sitzung übereinstimmend.

In dem Tauziehen ging es um die Zahlungen der reichen, großen Sender wie WDR, NDR, BR oder Südwestrundfunk an die finanzschwachen Kleinsender Radio Bremen, Saarländischer Rundfunk und Sender Freies Berlin. Bisher erhalten sie aus dem ARD-internen Finanzausgleich jährlich 186 Millionen Mark.

Um nicht ohne Ergebnis dazustehen, erklärte der ARD-Vorsitzende und MDR-Intendant, Udo Reiter, die ARD-Strukturreform nehme „Gestalt an“. Die Intendanten der großen Sender würden den Kleinen ein Zukunftsmodell anbieten. Demnach sollen vom Finanzausgleich jährlich rund 80 Millionen Mark erhalten bleiben. Der Rest werde schrittweise abgebaut, voraussichtlich bis zum Jahre 2011. Bisher hatte Reiter eine Reduzierung des Ausgleichs auf Null gefordert, ist von dieser Radikaldiät aber inzwischen abgekommen.

Zum neuen Vorschlag der großen Anstalten gehört laut Reiter auch, daß der SFB kein Ausgleichsgeld mehr bekommt. Dies stieß erwartungsgemäß auf den Protest von SFB-Intendant Horst Schättle, der erklärte, ohne festen Ausgleich komme seine Anstalt nicht aus. Durch die Abwanderung von Berlinern nach Brandenburg komme es zu „dramatischen Gebühreneinbrüchen für den SFB“.

Der Indendant des Saarländischen Rundfunks, Fritz Raff, kommentierte, das Angebot der großen Anstalten reiche nicht aus. Da die kleinen in neue Strukturen erst hineinwachsen müßten, sei eine sofortige Absenkung des Ausgleichs unmöglich. Zudem solle der Restausgleich eine Höhe von 120 Millionen Mark haben.

Eigentlich wollten die Intendanten einen im Frühjahr ausgehandelten, aber noch schwammigen Kompromiß konkretisieren. Darum hatten die Ministerpräsidenten der Länder gebeten. Sie denken ebenfalls über die ARD- Strukturen nach, seit die Regierungschefs Stoiber und Biedenkopf 1995 forderten, die Zahl der Sender zu verringern.

Der Finanzausgleich ist aber auch ein Hebel: Bayern und Baden-Württemberg haben schon erklärt, zum Jahre 2001 das in einem Staatsvertrag geregelte Abkommen aufzukündigen, um eine Strukturreform zu erzwingen. Fehlt den Kleinsendern das Geld, so das Kalkül, werden sie schrumpfen oder sich großen Nachbarn anschließen müssen.

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