ZDF-Unterhaltungschef über seine Pläne: „Mehr Unterhaltung mit Haltung“

Oliver Fuchs leitet seit einem Jahr die Entertainment-Sparte beim ZDF. Er erzählt von „Wetten, dass..?“, dem Samstagabend und dem Kampf um ein junges Publikum.

Der „Formatkern“ von „Wetten dass..?“: „Amateure, die aus Passion oder Spaß Außergewöhnliches leisten“ – wie auf einer Reihe Lippenstiften zu balancieren. Bild: dpa

Wenn das ins Trudeln geratene Showflaggschiff „Wetten dass..?“ gesendet wird, dann ist sich Oliver Fuchs über eines klar: Direkt nach der Sendung wird wieder die „reflexartige“ Kritik an dem Format einsetzen. Im Gespräch mit der taz zieht er ein erstes Resümee seiner Arbeit und spricht über seine Pläne.

taz: Herr Fuchs, welche Funktion kann ein öffentlich-rechtlicher Sender heute überhaupt noch erfüllen, wenn es um das Thema Unterhaltung geht?

Oliver Fuchs: Auch die Unterhaltung ist ein klar definierter Auftrag des öffentlichen-rechtlichen Fernsehens. Und wir wollen und müssen so viele Zuschauer wie möglich unterhalten. Die Quotendiskussion ist deshalb gerade in der Unterhaltung wichtig, da sie der einzige objektivierbare Faktor ist. Wenn dort keiner zuguckt, bekäme der Satz „Für dieses Programm bezahle ich keine GEZ“ eine Relevanz. Der Spagat wird aber bleiben – zwischen der „Heute Show“ und „Willkommen bei Carmen Nebel“ liegen inhaltlich und zielgruppenspezifisch Welten.

Aber es ist immer auch die Frage der Definition von Unterhaltung. Wir werden die unterhaltende Information sowie Kabarettformate nutzen, um das auszugleichen, was die klassische Show nicht mehr in der gewohnten Breite liefern kann, also mehr Unterhaltung mit Haltung. Künstler wie Oliver Welke, Urban Priol oder Frank Markus Barwasser (Pelzig, d. Red.) sind dabei Vorreiter.

Zählen Sie „Wetten, dass..?“ auch dazu? Und ist die Show in dieser Form überhaupt noch überlebensfähig?

„Manche Kritiker behandeln die Sendung, als wäre sie der Nahostkonflikt“, sagte „Circus Halligalli“-Moderator Klaas Heufer-Umlauf in einem Interview zu der reflexhaften Kritik an „Wetten, dass ..?“. Diese Verrisse sagen nichts über Erfolg oder Misserfolg der Sendung aus. Den Spagat zwischen Alt und Jung wollen wir aber noch besser hinbekommen.

45, ist der ZDF-Unterhaltungschef. Er trat vor einem Jahr sein Amt an.

Das heißt, Sie halten auch zukünftig an dieser Show fest?

Ich glaube an den Formatkern: Amateure, die aus Passion oder einfach Spaß heraus Außergewöhnliches leisten. Das Format lief ja auch schon in China, und aktuell verhandeln wir in Amerika mit neuen Partnern. Den Kern können Sie nicht verändern. Wenn man sich die Marktanteile anschaut, sind wir zufrieden. Es ist falsch, die absolute Zuschauerzahl als Gradmesser heranzuziehen. Wir sind immer noch die erfolgreichste Show im deutschen Fernsehen.

Aber damit allein kann man die Samstagabende auch nicht bestreiten.

Mein Ziel ist es, vermehrt auf eine Eventisierung von Shows zu gehen, also den Samstagabend mit einem bestimmten Thema oder Aufhänger noch einmal ein bisschen größer zu machen, so wie wir es mit „50 Jahre ZDF“ oder „Deutschlands größter Grillshow“ schon gemacht haben. Das wäre dann ein Teil künftiger Markenarbeit, und gleichzeitig liegt just darin ein Problem, dass bei der Vielzahl kurzlebiger Showformate neben „Wetten, dass..?“ kaum Primetime-Marken ausdefiniert werden.

Ist es überhaupt noch zeitgemäß, den Samstagabend als den wichtigen Fernsehabend zu sehen? RTL etwa hatte für „Die 2 – Jauch und Gottschalk gegen alle“ den Montagabend genutzt und damit gezeigt, dass es auch anders geht.

Der Samstag bleibt bei uns wichtig! Obwohl Fernsehen als Unterhaltungsmedium heutzutage nicht alternativlos ist, sehe ich es als Aufgabe, unseren Zuschauern auch am Samstagabend ein verlässliches Showangebot bieten zu können. In der Quizsprache würde ich wie folgt antworten: Eine gute Primetime-Show ist: A) live und unmittelbar, B) einzigartig moderiert, C) glamourös, D) mit dem Netz vereinbar.

Insgesamt gilt das ZDF nicht gerade als innovativer Sender. Kann man solch ein Image überhaupt noch einmal ändern?

Ein großer nationaler Sender wie das ZDF muss in Zukunft Vorreiter sein und sollte sich nicht auf abgekupferte Formate verlassen, die anderswo schon erfolgreich gelaufen sind. Wir haben jedenfalls im letzten Jahr das Genre Kabarett und Comedy neu aufgeladen und wollen das demnächst mit der neuen „Anstalt“ mit Max Uthoff und Claus von Wagner, einem neuen Format mit Urban Priol und zwei Sitcoms im Sommer 2014 mit Cordula Stratmann und Michael Kessler ausbauen. Auch die Neuverpflichtung von Christian Rach bringt sicher neue Markenkraft mit. Er kann etwas bewegen, weil er seine Inhalte aus innerem Antrieb heraus kreiert, er ist glaubwürdig.

Trotz all dieser Bemühungen, bleibt das ZDF mit einem durchschnittlichen Zuschaueralter von über 60 Jahren der „Kukident-Sender“, wie es Konkurrenten bei den Privatsendern mal hämisch formuliert haben.

Zunächst einmal geht es nicht darum, die Älteren auszuklammern. Das ist ein großes Missverständnis. Die demografischen Entwicklungen sind bekannt. Es geht uns darum, die Jungen nicht völlig zu verlieren. Auch bei RTL wurde die Zielgruppe der „Jungen“ von 14 bis 49 Jahre auf 14 bis 59 Jahre geändert, weil man auch beim jungen RTL die gesellschaftliche Entwicklung bemerkt.

Beim ZDF sind wir keinem Jugendwahn verfallen. Wir wollen die sogenannten aktiv Familienorientierten erreichen, und wir wollen die Gesellschaft abbilden. Es wird Programme geben, die sind tendenziell eher älter. Es gibt aber auch Programme, die jünger sind. Die Jungen sind auch Beitragszahler und haben ein Recht auf Angebote von uns.

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