ZDF-Film „Honecker und der Pastor“: Jeder macht Fehler
Jan Josef Liefers erzählt in einem Spielfilm, wie das Ehepaar Honecker 1990 bei einer Pfarrersfamilie unterkam. Und zeigt zugleich, was gelebte Barmherzigkeit ist.
Keine Frage, der bekannte Schauspieler Jan Josef Liefers hält sich etwas auf seine Zivilcourage zugute. Er hat einst an der Alexanderplatz-Demonstration am 4. November 1989 teilgenommen und dort eine Rede gehalten. Er hat jüngst als Mitwirkender bei den Aktionen #allesdichtmachen und #allesaufdentisch Kritik am Coronamanagement der Bundesregierung geübt. Man kann sagen, er ist einer, der im Dienste der von ihm als gut und moralisch richtig erkannten Sache für sich in Anspruch nimmt, seine Popularität in die Waagschale zu werfen.
Da wundert es nicht, dass Liefers sich für diese Geschichte begeistern konnte: „Wenn ich Ihnen erzähle, dass ein gestürzter Diktator ausgerechnet beim Geringgeschätztesten seines unterdrückten Volkes um Hilfe bitten muss – Sie würden es für ein schönes Märchen halten. Doch das hat es tatsächlich gegeben. 1990 in Ostdeutschland, zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung“, erklärt Liefers seine Faszination, die ihn immerhin veranlasste, nach zwanzig Jahren Pause wieder auf den Regiestuhl zu steigen.
Tatsächlich tritt er in seinem Spielfilm „Honecker und der Pastor“ als Schauspieler überhaupt nicht in Erscheinung. Ihm verbundene Darsteller wie Axel Prahl, Anna Loos, Kurt Krömer und Devid Striesow treten dafür in zum Teil winzigen Nebenrollen auf. Die ganze Show, die wie ein Kammerspiel daherkommt und, laut Liefers, ein Thriller sein soll, überlässt er Hans-Uwe Bauer und Steffi Kühnert in den Rollen des Pfarrers Holmer und seiner Frau sowie Edgar Selge und Barbara Schnitzler als Erich und Margot Honecker. Es sind selbstredend die Pfarrersleute, nicht die Honeckers, denen Liefers ein Denkmal setzen will.
Der – im Kern wahre – Handlungsrahmen des Films ist rasch erzählt: Nach seiner Entmachtung und der Auflösung der Gated Community der DDR-Apparatschiks in Wandlitz wähnen sich die Honeckers obdachlos und finden für ein paar Wochen Unterkunft bei einer evangelischen Pfarrersfamilie. Ausgerechnet bei denen also, die sie zuvor jahrzehntelang nur gepiesackt hatten. „Wie können Sie nur?“, muss der Pfarrer sich von seinen Kirchenoberen wie von dem vor seinem Haus versammelten Mob fragen lassen. Seine Antwort ist einfach und klar: „Wenn wir Barmherzigkeit predigen, dann müssen wir sie auch leben. Selbst wenn es schwerfällt.“
Kein märchenhaftes Idyll
Die Honeckers geben sich als höfliche Gäste, darum bemüht, ihren Gastgebern nicht mehr Umstände zu machen als unbedingt notwendig. Unbedingt notwendig sind offenbar: getrennte Betten, der im originalen Langnese-Glas servierte Honig und der jeden Morgen frisch gepresste Zitronensaft für den bereits an Nierenkrebs erkrankten Honecker. Dass Margot die von den Honeckers mitbenutzten Treppen im Haus auch mal höchstpersönlich gewischt habe, bezeugt in der Doku der jüngste Sohn der Holmers. Dass sie dabei gar auf die Knie gegangen ist, mag Liefers sich hinzugedacht haben – es ist ein zu schönes Bild.
„Honecker und der Pastor“ läuft am Montag, 21. März um 20.15 Uhr im ZDF. Er ist zudem bereits jetzt in der Mediathek abrufbar – ebenso der begleitende Dokumentarfilm.
Gemeinsame Spaziergänge eröffnen die Möglichkeit, entscheidende Fragen zu stellen. „Gibt es denn gar nichts zu bereuen?“, will der Pfarrer wissen. „Jeder macht Fehler. Die muss man nicht bereuen, wenn man aus ihnen lernt“, bescheidet ihn Margot. „Aber Hunderte Menschen starben allein an den Grenzen“, hält er ihr entgegen. Sie bleibt ungerührt: „Die hat keiner gezwungen. Jeder wusste, dass Republikflucht strafbar ist.“
In der Doku will Liefers von Pfarrer Holmer auch wissen, ob Vergebung nicht Reue voraussetze. Im Spielfilm verzichtet eine junge Frau, die im Jugendwerkhof – Margot Honecker war als Ministerin für Volksbildung für diese Disziplinareinrichtungen unmittelbar verantwortlich gewesen – traumatisiert wurde, in einer Fernsehtalkshow gegenüber dem Pastor auf die höfliche Frageform: „Sie haben kein Recht, denen zu verzeihen!“
Es sind solche Momente, die Liefers Film davor bewahren, in allzu märchenhaftem Idyll zu versinken. Sie und die abgrundtief biederen Kombinationen aus Krawatte und Strickjacke, vorzugsweise Grau in Grau, die beide Männer, Honecker und der Pastor, als Garderobe bevorzugen.
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