ZDF-Doku „Intensivstation“: Von Helfen bis Abschied
Das ZDF zeigt die beeindruckende Doku „Intensivstation“. Das ist gut. Leider läuft sie erst um Mitternacht. Das ist viel zu spät.
Ein gerade eingelieferter Mann wird reanimiert; ein anderer droht zu ersticken, weil ein Beatmungsgerät nicht funktioniert; eine Pflegerin spricht wahrscheinlich zum letzten Mal mit einem Sterbenden, der kürzlich noch wacker Bertolt Brechts Ausspruch „Das Leben ist hart, aber es übt kolossal“ zitiert hat.
Eva Wolf zeigt in ihrer eindrucksvollen Dokumentation „Intensivstation“ Szenen, die dem Zuschauer viel abverlangen. Der eineinhalbstündige Film ist das Ergebnis viermonatiger Dreharbeiten in der internistischen Intensivstation der Berliner Charité – nicht zu vergessen die vielen Monate, in denen Wolf das Vertrauen der Klinikmitarbeiter gewann.
Die Dokumentation, zu sehen in der ZDF-Reihe „Das Kleine Fernsehspiel“, ist gegliedert in fünf Kapitel („Helfen“, „Überleben“, „Entscheiden“, „Sterben“, „Abschied“). Der Zuschauer bekommt einen Eindruck davon, wie die Menschen, die „manchmal Gott spielen“, wie eine Pflegerin sagt, miteinander reden. Über eine Patientin heißt es: „Frank und Achim haben am Freitag herausgearbeitet, dass, wenn sie sich plötzlich entscheidet zu gehen, wir uns nicht dazwischenstellen.“
„Intensivstation“ ist ein ruhig fließender Film, der jede Dramatisierung vermeidet. Wolf und ihr Kameramann Michael Weihrauch dringen in privateste Bereiche ein und wahren dennoch respektvolle Distanz zu den Patienten. Die stehen ohnehin nicht im Fokus.
Die Regisseurin konzentriert sich auf die Frage, wie weit die technischen Möglichkeiten der Intensivmedizin ausgereizt werden sollten, um jemanden vor dem Tod zu bewahren. Wolf bringt Pfleger und Ärzte dazu, sich sehr persönlich zu äußern: „Wie möchtest du es für dich selber?“ Quintessenz: Sämtliche Möglichkeiten sollen ausgeschöpft werden, aber nur über einen begrenzten Zeitraum. Ärgerlich, dass so ein Film im deutschen Fernsehen nur zur Geisterstunde laufen kann.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos