: Yearof the Tiger
Am Anfang war ein Wettrennen. Jadekaiser Yu Di lud alle Tiere dazu ein. Zwölf nahmen die Einladung an und versammelten sich an der Startlinie: Schwein, Hund, Hahn, Affe, Ziege, Pferd, Schlange, Drache, Hase, Tiger, Ochse und Ratte. Allein für ihr Erscheinen wollte Yu Di die Tiere belohnen und versprach, jeweils ein Jahr nach ihnen zu benennen. Die Reihenfolge sollte durch das Wettrennen bestimmt werden.
Die Strecke, die beim Wettlauf zurückzulegen war, wurde von einem großen Fluss unterbrochen, den alle Tiere überqueren mussten. Die Ratte war listig. Sie fragte den freundlichen Ochsen, ob er sie auf seinem Kopf durch das Wasser tragen würde, und nachdem sie am anderen Ufer angekommen waren, sprang sie von ihm hinunter und rannte schnell als erste durchs Ziel. So wurde sie das erste Tier im Zwölf-Jahres-Zyklus. Der Ochse wurde zweiter. Und dann kam der Tiger.
Am 1. Februar beginnt daher das neue Mondjahr im Zeichen des Tigers. Es ist das dritte im Tierkreis, der 2020 wieder von vorn angefangen hat. Zufall, dass 2020 das Jahr der Ratte und der Anfang der Pandemie war. Zufall, dass 2021, das zweite Coronajahr, im Zeichen des Ochsen stand, der für sein Durchhaltevermögen, seine Ehrlichkeit und sein genügsames, robustes Wesen bekannt ist. Und Zufall, dass uns nun das Jahr des Tigers bevorsteht. Und doch: Wenn die Ratte das Virus bringt, und der Ochse es erträgt – was tut dann der Tiger?
Tiger sind mutig und tapfer, heißt es. Und optimistisch. Vielleicht manchmal etwas zu stur, zu aggressiv, zu einzelgängerisch. Aber sie arbeiten hingebungsvoll daran, die Welt zu einer besseren zu machen, zumindest sagt man sich das so in der Tierkreiszeichenanalyseszene. Die ganz bodenständige Biologie wiederum weiß über den Tiger, dass er sich den unterschiedlichsten Lebensräumen anpassen kann: Sümpfe, Savannen, Regenwälder, Bergwälder, Schnee. Der Tiger kommt klar.
Alles Zufall, gut möglich. Weit hergeholt, vielleicht. Aber auch die Chance auf ein bisschen Zuversicht für das dritte – und vielleicht endlich letzte Jahr Pandemie. Lin Hierse
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen