Wolfsjagd in Schweden: Frei zum Abschuss
In diesem Jahr dürfen in Schweden so viele Wölfe erlegt werden wie noch nie. Bereits in den ersten Tagen von 2023 starben 33 Raubtiere.
Mit einer Jagdquote von 75 Tieren ist die Wolfsjagd 2023 die umfassendste, seit Stockholm diese größte Jagd im Jahre 2010 wieder genehmigt hat. In den vergangenen 13 Jahren waren bei den Lizenzjagden insgesamt 203 Wölfe gejagt worden. Der auf aktuell 460 Wölfe geschätzte Bestand sei zu hoch, lautet die Begründung der Regierung für die massive Erhöhung der diesjährigen Jagdquote. In Deutschland wird die Anzahl der Wölfe auf rund 1.700 Tiere geschätzt.
„Die Zunahme der Wolfspopulation hat negative Auswirkungen auf viele Menschen, die auf dem Land leben, auf deren Tierhaltung und damit unsere Lebensmittelversorgung“, sagte Peter Kullgren, der Landwirtschaftsminister, in einem Interview zum Jahreswechsel. Außerdem kündigte er an, selbst an der Jagd teilnehmen zu wollen. Die neue Regierung plane, den Bestand in den kommenden Jahren weiter zu verkleinern. Dafür gebe es im Parlament eine breite Mehrheit.
Die schwedische Naturschutzbehörde bekam den Regierungsauftrag, bis Oktober kommenden Jahres zu untersuchen, ob eine Halbierung der Wolfspopulation auf ein Niveau von nicht mehr als 170 Tiere möglich ist – ohne mit Brüssel und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) in Konflikt zu geraten. Den rechtspopulistischen Schwedendemokraten geht auch das noch zu langsam. „Gar keine Wölfe mehr in Schweden“, ist das Ziel ihres jagdpolitischen Sprechers Magnus Persson.
Die Lizenzjagd auf Wölfe ist umstritten
Umgekehrt kritisieren die Grünen und mehrere Naturschutzorganisationen bereits die diesjährige Jagdquote als unwissenschaftlich und als eine Gefahr für die Überlebensfähigkeit eines zunehmend von Inzucht bedrohten Wolfsbestands. Guillaume Chapron, Biologe an der schwedischen Landwirtschaftsuniversität SLU, wirft der Regierung vor, gegen die in der FFH aufgestellte Pflicht zur Sicherung eines „günstigen Erhaltungszustands“ für die Wolfspopulation zu verstoßen.
„Das ist so, als ob ein Arzt einen Patienten mit dem einzigen Ziel untersucht, ihn für gesund zu erklären, und deshalb wichtige Symptome ganz einfach ignoriert“, sagt Chapron. Die EU-Kommission prüft seit 2010, ob Schweden mit seiner Lizenzjagd auf Wölfe gegen die FFH-Richtlinie verstößt, ohne aber bislang zu einem Beschluss gekommen zu sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern