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Wohnungsnot und MieterrechtBund bremst stärker

Überhöhte Mieten müssen auch rückwirkend ausgeglichen werden. Der Bundestag hat die Mietpreisbremse verschärft und verlängert.

Demonstration gegen Mieterhöhung im vergangenen Oktober in Berlin Foto: Karsten Thielker

Berlin taz | MieterInnen, die in eine überteuerte Wohnung neu einziehen, können künftig die zu viel gezahlte Miete für einen Zeitraum von bis zu zweieinhalb Jahren rückwirkend zurückverlangen. Der Bundestag stimmte am Freitag einem entsprechenden Gesetz zu. Dieses sieht auch die Verlängerung der bisher schon geltenden Mietpreisbremse auf weitere fünf Jahre vor.

Die Mietpreisbremse ermöglicht den Bundesländern, Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt zu bestimmen, in denen die Miete dann bei einer Neuvermietung nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf. War die Vormiete schon sehr hoch, gilt die Mietpreisbremse allerdings nicht. Neubauten sind ausgenommen.

Das Gesetz wurde 2015 eingeführt, war auf fünf Jahre befristet, wurde schon einmal verschärft und wäre ausgelaufen, hätte der Bundestag die Regelung nicht am Freitag mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen bis zum Jahre 2025 verlängert.

Bisher erhalten neue MieterInnen, die mehr zahlen als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete, die überzahlte Summe erst ab dem Zeitpunkt zurück, ab dem sie dem Vermieter eine sogenannte Rüge erteilt haben. Durch die neue Regelung können sich MieterInnen Zeit lassen mit der Rüge. Auch noch 30 Monate nach Vertragsbeginn können sie Rückzahlungsansprüche geltend machen. RednerInnen von SPD und Union begrüßten dies als Stärkung der Mieterrechte.

Die Bremse wirkt

SPD-Fraktionsvize Eva Högl wies daraufhin, dass sich der Anstieg der Mieten bei Neuvermietungen in den Gebieten, in denen die Mietpreisbremse gelte, „verlangsamt“ habe. Dies habe ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ergeben.

Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, begrüßte die Verlängerung und Verschärfung der Mietpreisbremse. Diese Nachbesserungen „reichen aber noch nicht aus“, sagte er. Die Mietpreisbremse müsse bundesweit gelten, also nicht nur in besonders angespannten Gebieten. Auch müsse die Ausnahme gestrichen werden, dass überhöhte Mieten dann rechtens sind, wenn bereits die Vormiete weit über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag.

In der Bundestagsdebatte kam auch der Mietendeckel in Berlin zur Sprache, der für den größten Teil der Wohnungen im Bestand jede Mieterhöhung für fünf Jahre verbietet. Der AfD-Abgeordnete Stefan Brandner erklärte, mit dem Mietendeckel in Berlin kehre man zu den „rotsozialistischen Linken und den Nationalsozialisten“ zurück. Auch im Nationalsozialismus und in der DDR seien die Mieten eingefroren und staatlich begrenzt worden.

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11 Kommentare

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  • Kommentar entfernt. Bitte vermeiden Sie Beleidigungen und Unterstellungen.

    Die Moderation

  • Im Gutachten steht auch, dass die Mietpreisbremse nichts an der Wohnungsknappheit geändert hat: "Dennoch sollte sich die Politik nicht allein auf preisregulierende Maßnahmen verlassen. Diese bekämpfen nicht die Wohnungsknappheit": www.diw.de/de/diw_...marktproblems.html

    Auch gegen den Trend zu abgehängten Regionen in Deutschland mit dortiger Arbeitslosigkeit, Leerstand und fehlender Infrastruktur als eine Ursache für Binnenmigration und Wohnungsmangel in den Metropolen hilft eine Mietpreisbremse nichts.

  • 0G
    09399 (Profil gelöscht)

    Danke für den sachlichen Artikel. Sehr informativ. Merkdwürdig finde ich allerdings den Schluss. Es gab eine Debatte und die einzige Stimme, die daraus zitiert wird, ist ein Faschist? Der Artikel endet mit diesem Zitat und liefert mit dem verwendeten Berichtsstil eine vermeintlich neutrale Bühne. Sollte solche historisch völlig verqueren propagandistischen Behauptungen wie die von Brandner journalistisch nicht anders verarbeitet werden als andere Beiträge, die zumindest einen sachlichen Kern beinhalten? Frage für eine antifaschistische Freundin.

  • WählerInnen aufgepasst! Die AfD ist für hohe Mieten!

    • @tomás zerolo:

      ach was - das hat nichts mit der AfD zu tun!

      • @Monika Frommel :

        Nicht? Sondern?

        Schaue ich mir das Abstimmverhalten, dann sehe ich, dass FDP (keine Überraschung) und AfD nicht für die Mietpreisbremse gestimmt haben.

        Nehme ich die Grütze, die Herr Brandner von sich gegeben hat dazu, so ergibt sich für mich ein klares Bild:

        MieterInnen, die AfD ist nicht für Euch.

        Wie sehen Sie das?

        • @tomás zerolo:

          Holen Sie ihre politischen Bewertungen für 50 Cents aus dem Wahlomaten? Bei dieser Methode muss man sich nich wundern über die vielen links=rechts Gleichsetzungen bei Populisten.

          • @Rudolf Fissner:

            "Holen Sie ihre politischen Bewertungen für 50 Cents aus dem Wahlomaten?"

            Noch schlimmer! Ich kriege sie umsonst!

            "Bei dieser Methode muss man sich nich wundern über die vielen links=rechts Gleichsetzungen bei Populisten"

            Hm. Das müssen Sie mir jetzt genauer erklären.

            Also nochmal, zum Mitschreiben: Meine Bemerkung oben zielt darauf ab, dass die AfD unter dem Dekmantel "Partei für die kleinen Leute" eine knallharte neoliberale Linie fährt. Das ist ein Merkmal, das sie mit allen anderen (proto-) faschistischen Strömungen gemein hat.

            • @tomás zerolo:

              "Meine Bemerkung oben zielt darauf ab, dass die AfD unter dem Dekmantel "Partei für die kleinen Leute" eine knallharte neoliberale Linie fährt"

              Nochmal. Sie zielen nicht. Sie raunen und assoziieren einen Zusammenhang zwischen andern Parteien und der faschistischen AfD. Diese Art der Faschismusbeschreibung ist lediglich schwammig, instrumentalisierend und verharmlosend. Das ist das übliche Spiel, in dem schon immer demokratische Parteien mit dem Faschismus gleich gesetzt wurden.