Wohnungsnot in Berlin: Hoffen auf die Ampel

Bevor Umwandlungen in Eigentumswohnungen per Gesetz unmöglich gemacht wurden, haben Eigentümer nochmal zugelangt. Ein Wochenkommentar.

Plakat Mieten deckeln

In Berlin bleibt der Druck von der Straße weiter nötig Foto: dpa

Wie unübersichtlich die Zeiten sind, die auf die Mieterinnen und Mieter in Berlin zukommen, zeigt ein Papier, das Noch-Bausenator Sebastian Scheel (Linkspartei) am Mittwoch veröffentlicht hat. Aus dem so genannten Umwandlungsbericht seiner Verwaltung geht hervor, dass die Zahl der in Eigentumswohnungen umgewandelten Mietwohnungen 2020 im Vergleich zu 2019 noch einmal drastisch gestiegen ist: von 12.700 auf 19.200 Wohnungen. Besonders betroffen waren die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg, Pankow und Tempelhof-Schöneberg.

Das ist die schlechte Nachricht.

Die gute: In den kommenden Jahren dürfte der Bericht, wer auch immer dann den Senatsposten am Fehrbelliner Platz bekleidet, deutlich sinkende Zahlen aufweisen. Denn der Bundestag hat mit dem Baulandmobilisierungsgesetz eine Lücke geschlossen, durch die viele Spekulanten trotz eines in Milieuschutzgebieten geltenden Umwandlungsverbots geschlüpft waren.

Eine Ausnahmeregelung hatte zuvor besagt, dass Eigentümer von Mietshäusern ihre Wohnungen zu Eigentumswohnungen machen können, wenn sie diese zuvor den Mieterinnen und Mietern zum Kauf anbieten. Da diese aber in der Regel nicht in der Lage waren, die geforderten Summen zu zahlen, waren dem Umwandlungsgeschehen Tür und Tor geöffnet. Alleine in den 72 Berliner Milieuschutzgebieten wurden 2020 insgesamt 8.600 Wohnungen umgewandelt. Im Jahr zuvor waren es noch 5.600 gewesen.

Wenn das Geschäftsmodell Umwandlung nun nicht mehr klappt, werden sich die Eigentümer neue Geschäftsmodelle suchen.

Seit Oktober 2021 gilt aber nun: Umgewandelt werden kann nur noch dann, wenn ein Haus weniger als fünf Wohnungen hat. Gerade in den Gründerzeitgebieten dürfte das spekulative Geschehen mit Eigentumswohnungen damit zum Erliegen kommen.

Ampel blinkt gelb

Ganz gut ist die Nachricht dennoch nicht. Denn die Schließung der Lücke hat der Bundestag beschlossen. Es war ein klassischer Kompromiss, den die SPD mit der Union ausgehandelt hatte. Weniger Umwandlungen für mehr Baurecht in den ländlichen Räumen. Nun, da die Ampel im Bund regiert, steht also die Frage im Raum: Sind solche Kompromisse künftig auch von SPD, Grünen und FDP zu erwarten?

Skepsis ist angebracht. Weder das von der SPD geforderte Mietenmoratorium noch die Ermächtigung für die Bundesländer, das juristisch gekippte Vorkaufsrecht wieder einzuführen, steht im Ampelvertrag. Die Ampel blinkt also gelb.

Wenn das Geschäftsmodell Umwandlung nun nicht mehr klappt, werden sich die Eigentümer neue Geschäftsmodelle suchen. Kommunen und Länder sind dabei weitgehend machtlos. Sie können nur hoffen, dass jenseits des Koalitionsvertrags im Bund ähnliche Kompromisse verhandelt werden wie der vom Oktober 2021.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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