Wohnraum-Programm des Bremer Senats: Teuer wohnen für alle

Der Senat bleibt mit seinem Wohnraum-Programm deutlich hinter den Zielen zurück, aber dennoch optimistisch. Die Opposition vermisst sozialen Wohnraum.

Um ein Hafenbecken stehen die neuen Häuser der Bremer Überseestadt.

Wer braucht sozialen Wohnraum, wenn die Überseestadt blinkt? Foto: dpa

BREMEN taz | 350 neue Sozialwohnungen pro Jahr, so lautete einmal die Zielsetzung des Senats vor fünf Jahren, als das erste Wohnraumförderprogramm aufgelegt wurde. Tatsächlich sind in dieser Zeit insgesamt nur 453 Sozialwohnungen entstanden, wie Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und Bausenator Joachim Lohse (Grüne) am Donnerstag im Rathaus mitteilten. Immerhin, so betonten die beiden Senatsvertreter, sei bereits die Förderung für weitere 1.422 Wohnungen angemeldet – knapp 1.000 Sozialwohnungen seien bereits in den Bauplanungen „vornotiert“.

„Es ist im sozialen Wohnungsbau gelungen, den Negativtrend zu stoppen“, sagte Lohse trotz der wenigen neuen Sozialwohnungen. Denn immerhin werde der Bestand bis 2020 mit angestrebten 8.600 Sozialwohnungen erstmals wieder steigen. 2015 waren es noch 8.276. Verantwortlich dafür seien die seit fünf Jahren laufenden und mit 160 Millionen geförderten Wohnraumprogramme – im Sommer soll das nächste für 40 Millionen Euro verabschiedet werden.

Anlass dazu hatten Wohnraumknappheit und steigende Mieten sowie die bundesweit höchste Mietbelastungsquote gegeben – rund 30 Prozent des Haushaltseinkommens geben BremerInnen für Miete aus. Zudem fielen viele Sozialwohnungen aus der Preisbindung – Anfang der 1990er gab es 78.900 und im Jahr 2000 gab es immerhin noch 30.000.

Tatsächlich steigen Baugenehmigungen und auch Fertigstellungen seit dem Beginn der Förderprogramme kontinuierlich, wie auch aus einer aktuellen Anfrage der Linken hervorgeht. 1.840 Baufertigstellungen gab es 2016 gegenüber 1.074 im Jahr 2013. Ebenso wurden zahlreiche Bauvorhaben genehmigt, rund 2.500 nämlich. 2013 waren es noch 1.683. Nur helfen die neuen Wohnungen nicht da, wo sie am dringendsten benötigt werden: an der unteren Einkommensgrenze.

Die Zahlen zeigen nämlich auch: Die neu eingeführte 25-Prozent-Quote für sozialen Wohnraum hat bislang wenig Auswirkungen. Laut der sind Käuferinnen von Flächen oder Bauunternehmen, wenn städtischer Grund verkauft wird oder sich der Bebauungsplan ändert, verpflichtet, mindestens 25 Prozent sozialen Wohnraum zu schaffen.

Claudia Bernhard, Linke

„Die 25-Prozent-Quote hat sich als nahezu wirkungslos erwiesen“

Angesichts von 1.840 fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2016 ist die Zahl der so geschaffenen Sozialwohnungen allerdings verschwindend gering, wie die aktuellen Zahlen zeigen: Es waren lediglich 231 neue Sozialwohnungen, die der Senat mit der Quote in fünf Jahren geschaffen hat.

Claudia Bernhard, stadtpolitische Sprecherin der Linken, kritisierte dann auch genau das: „Die 25-Prozent-Quote hat sich als nahezu wirkungslos erwiesen.“ Die Quote sei ein „wirkungsarmes Trostpflaster“, die bisherige Wohnungspolitik des Senats gescheitert. Der größte Teil des Neubaus werde überhaupt nicht von der Quote erfasst.

Bernhard schlug stattdessen vor, mit „besseren Förderkonditionen, Direktvergabe von Flächen und einer aktiven Steuerung der Gewoba“ den Bau von „kommunalen Sozialwohnungen“ anzustreben. Möglichst viele Flächen quotiert zu privatisieren, sei falsch, so Bernhard. Dauerhaft bezahlbarer Wohnraum könne nur entstehen, wenn kommunale und genossenschaftliche Träger aktiv dabei unterstützt würden, preiswert zu bauen.

Flächen nach EU-Recht ausschreiben

Lohse sagt dennoch: „Die Quote trägt Früchte.“ Nur müsse die Immobilienwirtschaft mit dem Bauen vorankommen: „Schöner wäre, wenn mehr fertig wäre.“ Warum die Stadt nicht einfach den kommunalen Wohnungsbau direkt fördere bei der Flächenvergabe? „Bremen hat selbst keine eigene Baugesellschaft. Gewoba ist nur zu drei Vierteln städtisch“, so Lohse. Man müsse Flächen nach EU-Recht ausschreiben und dürfe keine „Inhouse“-Geschäfte machen.

Denkbar sei künftig jedoch, dass Flächen für den Wohnungsbau nicht höchstbietend an Investoren verkauft würden, sondern mit konkreten Konzeptvorgaben, die soziale Komponenten beinhalten könnten – „Konzepte, die vielleicht eine Vonovia so nicht anbieten würde“, so Lohse.

Prämie für junge Familien

Zudem wolle der Senat künftig vor allem jungen Familien durch eine Prämie dabei helfen, Häuser zu kaufen. 15.000 Euro sollen Familien unter bestimmten Bedingungen von Bremen dazu bekommen. Bedingung: Das Haus darf nicht teurer als 330.000 Euro sein und muss „in Ortsteilen mit starker sozialer Belastung“ liegen, so Sieling.

Gefördert wird also insbesondere das Hauskaufen in den armen Stadtteilen wie Blumenthal, Gröpelingen oder Tenever. Lohse sagte: „Die Stadt soll nicht weiter auseinanderfallen.“ Es sei ein Experiment, um soziale Durchmischung zu fördern und werde mit zwei Millionen Euro ausgestattet.

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