piwik no script img

WohnenLeerstand in Lichtenberg

Als Protest gegen Wohnungsnot wird am Samstag ein Haus besetzt und gleich geräumt. Um das Gebäude bewirbt sich seit langem eine Initiative – mit schwindenden Chancen.

Die Hausbesetzer halten das Land Berlin für die miserablen Lebensbedingungen von vielen Menschen für mitverantwortlich. Bild: DPA

Nach nur vier Stunden beendete die Polizei am Samstag eine Hausbesetzung in Lichtenberg. Bei dem Gebäude in der Rathausstraße handelt es sich um eine ehemalige Polizeiwache, die seit Februar 2012 leer steht. Haus und Grundstück gehören der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM).

In einer Pressemitteilung erklärten die BesetzerInnen, sie hätten auf die zunehmende Obdachlosigkeit in Berlin aufmerksam machen wollen. Unter den Besetzern seien Wohnungslose etwa aus Rumänien gewesen, die auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt rassistischer Diskriminierung ausgesetzt seien. Das Land Berlin sei „für die miserablen Lebensbedingungen von vielen Menschen in Berlin mitverantwortlich“.

Tatsächlich ist unklar, warum das insgesamt 6.000 Quadratmeter große Gelände noch leer steht. Seit über einem Jahr bemüht sich die Initiative „Rathausstern“ um die Liegenschaft. Die Rathausstern-Mitglieder wollen dort Wohnungen, Ateliers, ein Nachbarschaftscafé und eine Kita aufbauen (taz berichtete). 5 Millionen Euro sollten investiert werden, die Wohnungsmietpreise nettokalt zwischen 5 und 7 Euro liegen. Der Bezirk unterstützte die Bewerbung. Der Senat wollte bei der Vergabe des Gebäudes neue Kriterien anwenden: Statt an den meistbietenden Bewerber sollte das beste Konzept die Entscheidungsgrundlage sein.

Doch die erst jetzt veröffentlichten Vergabekriterien ließen davon nichts mehr erkennen, sagt Norman Ludwig von der Rathaussterninitiative. Statt Konzepten stünden Bedingungen wie 7 Millionen Euro Eigenkapital und Erfahrung mit Großprojekten im Vordergrund: „Das stellt uns als kleine Initiative vor große Herausforderungen.“ Bewerben wolle man sich dennoch.

Zur Besetzung sagt Ludwig: „Wir haben nichts damit zu tun, haben aber Verständnis für das Anliegen der Besetzer.“ Die Besetzung zeige, „wie nötig eine gerechtere Stadtpolitik ist und welchen Bedarf an sozialverträglichem Wohn- und kulturellem Freiraum es in der Stadt gibt“.

Laut Polizei verlief die Räumung der 18 Besetzer durch 100 Polizisten friedlich. Da die BIM Strafanzeige erstattete, müssen sich die Besetzer wegen Hausfriedensbruch verantworten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!