Wohltätigkeit: A l'Américaine
■ Neue Kinderstiftung ermöglicht gehobenen Ausbau der Hess-Klinik
Helle Zimmer, in denen höchstens zwei Kinder leben, Platz für die Eltern von beiden, eine Kochnische, in der Mutter oder Vater Spaghetti mit Tomatensoße für die kranken Kleinen kochen – so soll die Dr. Hess Kinderklinik am Zentralkrankenhaus St.-Jürgen-Straße aussehen, wenn der just begonnene Umbau im November 2002 abgeschlossen sein wird.
Die Sache hat nur einen Haken: „Aus öffentlichen Mitteln kann längst nicht alles finanziert werden, was für Patienten sinnvoll und vorteilhaft ist.“ Walter Bremermann, Verwaltungsdirektor der Klinik wies gestern anlässlich der Vorstellung der „Bremer Kinder Stiftung e.V.“ auf die Notwendigkeit neuer Finanzierungswege hin.
Der erste Bauabschnitt, der einen Neubau für die Hess-Klinik vorsieht, kostet rund 18 Millionen Mark. Zu den mit Eltern und Patienten besprochen Planungen gehöre insbesondere ein großzügiger Zuschnitt der Zimmer. „Die schwerkranken Kinder brauchen gerade nachts Bezugspersonen“, so der Direktor.
Zur Finanzierung steuert der Elternverein leukämie- und tumorkranker Kinder fünf Millionen Mark bei. Mindestens eine Million will die Stiftung für Kinder zusätzlich auftreiben.
Brigitte Dreyer, CDU-Bürgerschaftsabgeordnete und ehrenamtliche Präsidentin der Stiftung stellte gestern das Konzept dafür vor. Als „konsequente Weiterführung“ des 1995 gegründeten Freundeskreises „Kinder in Not“ beschreibt sie die Neugründung. Mit ihr wolle man sich das neue Stiftungsrecht zunutze machen: Bis zu 600.000 Mark können bei einer Stiftungsneugründung für die Spender steuermindernd berücksichtigt werden. So attraktiv war Stiften für die Reichen nie. Eingetragener Verein ist man aber auch geblieben: „Sonst können wir die zwanzig Mark von den alten Damen nicht annehmen“, erklärt Brigitte Dreyer.
Ansonsten hat man bei der Gründung nach Amerika geschaut – und zwar nicht nur einmal. Wie dort üblich, soll die Stiftung, falls vom Spender gewünscht, der privaten Altersvorsorge dienen. Gesammelt werden soll unter anderem auf großen Wohltätigkeitsparties.
Außerdem – auch das typisch amerikanisch – werden mit den Geldgebern Verträge geschlossen: „Der Stifter kann exakt sagen, für welches Bett oder welche Station er sein Geld ausgeben will“, erklärt Dreyer. Auch Klinikdirektor Bremermann hat sich bei den Kollegen in den USA schlau gemacht: „Die Namen der Spender stehen dort auf Steinen im Eingangsbereich. Sowas könnte ich mir hier auch vorstellen.“ Es sei aber auch möglich, ganze Zimmer nach Stiftern zu benennen, das würde dann aber zwischen 150.000 und 200.000 Mark kosten.
Bremermann räumt aber ein, dass das Konzept des Sponsorings längst nicht für jeden Bereich tauge. „Wir kalkulieren erstmals von Anfang an mit privaten Mitteln. Dieses Risiko wäre ich nicht eingegangen, wenn es sich nicht um den Kinderbereich handelte.“ hey
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen