Wohin das Geld der Energiekonzerne geht: Grünes Image für den Strom

Sechs Milliarden Euro will Eon bis 2010 in den Ausbau von erneuerbaren Energien investieren. Mehr als ein grünes Mäntelchen? Und was macht Konkurrent RWE?

Auch harmonisch: Ein Fischadler auf dem Heimweg. Bild: dpa

ESSEN taz Wind, Sonne, Biomasse, Erdwärme: Seit dem 1. Februar hat der Energieriese RWE die erneuerbaren Energien entdeckt. Die neue Tochter "Innogy" soll den noch vor kurzem in der Essener Konzernzentrale belächelten Geschäftsbereich bündeln - und kräftig wachsen. "1 Milliarde Investment ist unsere jährliche Untergrenze", so RWE-Vorstandsvorsitzender Jürgen Großmann bei der Vorstellung des neuen Unternehmens.

Eon hat 2007 seinen Gewinn deutlich gesteigert und sieht sich weiter auf ungebremstem Wachstumskurs. Der um Sonderfaktoren bereinigte Gewinn sei um 10 Prozent auf 9,2 Milliarden Euro gestiegen, teilte der Versorger mit. In Deutschland konnte Eon 300.000 neue Kunden gewinnen. Der Konzern profitiert dabei vom Erfolg seines vor einem Jahr gegründeten Billiganbieters "E wie einfach", der bundesweit Strom- und Gas zu Preisen unter den Tarifen der Stadtwerke anbietet. RWE hatte kürzlich mitgeteilt, wegen des wachsenden Wettbewerbs auf dem Strommarkt 2007 etwa 250.000 Kunden verloren zu haben.

Das neue, grüne Image der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke verantwortet Fritz Vahrenholt. Der ehemalige Hamburger Umweltsenator, bekannt durch seinen 1978 erschienenen Bestseller "Seveso ist überall", gilt als Spezialist für Marketing in schwierigen Fällen. Nachdem er sich 1997 im Kampf um die Nachfolge des ersten Hamburger Bürgermeisters Henning Voscherau nicht durchsetzen konnte, stieg der Sozialdemokrat aus der Politik aus - und wechselte in den Vorstand des Ölmultis Shell. Der stand wegen der erst nach heftigen Protesten aufgegebenen Versenkung des Nordsee-Ölspeichers "Brent Spar" unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit. 2001 wechselte der promovierte Chemiker dann zum Windanlagenbauer Repower.

Ein Freund der Windkraft allein ist der neue "Innogy"-Chef deshalb aber nicht: Seit Jahren wirbt Vahrenholt, in Hamburg wegen seines Engagements für neue Müllverbrennungsanlagen auch "Feuer-Fritze" genannt, für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken. Das Wachstumspotenzial der Erneuerbaren sei schlicht nicht groß genug, um auf Atomenergie verzichten zu können, so sein Standardargument. Entsprechend wenig begeistert von seiner neuen Aufgabe wirkte Vahrenholt bei der ersten Pressekonferenz von "Innogy" im November. Zwar versprach er, den Anteil erneuerbarer Energien im RWE-Konzern von derzeit 3 auf 20 Prozent zu steigern - umgesetzt werde dies aber vor allem wegen des zunehmenden Drucks der Bundesregierung: "Die politischen Vorgaben sind ja bekannt."

Skeptisch beobachten deshalb Umweltaktivisten die neue RWE-Tochter und die lustigen Werbespots, in denen der Energieriese mit Dackeln, Hamstern und Echsen seit neuestem für Energieeinsparung und Gebäudesanierung wirbt. "RWE ist und bleibt der Klimakiller Nummer eins", sagt Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz in Düsseldorf - so setzt der Konzern weiter auf besonders klimaschädliche Braunkohlekraftwerke mit hohem Kohlendioxid-Ausstoß.

So will RWE allein in Nordrhein-Westfalen rund 100 Millionen Tonnen Braunkohle jährlich verbrennen - und so 100 Millionen Tonnen CO2 in die Luft blasen. Zum Vergleich: Insgesamt stammen rund 15 Prozent aller deutschen CO2-Emissionen - rund 166 Millionen Tonnen - aus nordrhein-westfälischen Braun- und Steinkohlekraftwerken. "Das Versagen beim Klimaschutz hat für mich drei Buchstaben: RWE", sagt der Energieexperte der Grünen im Düsseldorfer Landtag, Reiner Priggen.

Für einen großen Marketinggag halten "Innogy" auch Atomkraftgegner. RWE betreibt die Atomkraftwerke Biblis A /B, Emsland sowie Gundremmingen B/C, ist in NRW darüber hinaus am Atommüll-Zwischenlager Ahaus wie an der einzigen deutschen Urananreicherungsanlage im münsterländischen Gronau beteiligt. "Die Forderung nach Laufzeitverlängerungen für Schrottreaktoren wie Biblis sprechen doch für sich", sagt etwa Matthias Eickhoff von der Initiative sofortiger Atomausstieg aus Münster. "RWE bastelt an der Zukunft der Atomkraft."

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