Wissenschaftsbauten in Berlin: Wie aus dem All gefallen
Besonders die Paläste der Wissenschaft aus den 1970er und 1980er sind erhaltenswert, findet der Denkmalschutz. Das allerdings kann teuer werden.
Oft geht man in Berlin an großen Gebäuden vorüber, ohne zu wissen, wozu diese errichtet wurden. Aber bei wenigen stellt sich die Frage nach dem Warum so drängend wie bei vielen der Wissenschaftsbauten der 1970er und 1980er Jahre. Denn einige wie der berühmte Mäusebunker in Lichterfelde wirken wie aus dem All gefallene Panzerkreuzer, andere wie das weniger bekannte Mathematikgebäude der TU in der Nähe des Ernst-Reuter-Platzes wie aufgeblasene Gewächshäuser.
Architekturkritiker Arne Schirrmacher beschreibt anschaulich auf einem Panel in der Urania am Mittwochabend den avantgardistischen Charme dieser Bauten. Organisiert haben die Veranstaltung das Landesdenkmalamt und die Architektenkammer Berlin, denn immer mehr dieser Bauten werden unter Denkmalschutz gestellt.
Die ersten Wissenschaftsbauten der Stadt wie die TU, so Schirrmacher, hatten es vor allem auf Repräsentativität angelegt: Das, womit man sich „die Hände schmutzig macht“, die Labore zum Beispiel, habe man eher vor den Augen der Öffentlichkeit versteckt. Erst nach dem Krieg seien dann Gebäude entstanden, deren Fassaden man ansieht, was hinter ihnen vor sich geht, deren Form wirklich ihrer Funktion folgt.
Eines der plakativsten Beispiele dafür ist vielleicht die „Rosa Röhre“, der Umlauftank 2 auf der Schleuseninsel am Rand des Tiergartens, der 2014 bis 2017 saniert wurde. Selbst durchs Fenster einer vorüberfahrenden S-Bahn aus erkennt man sofort, dass es hier irgendwie um Forschung gehen musste.
Und wie soll man sie nutzen?
Doch ist der Bau von Ludwig Leo von 1974 auch ein gutes Beispiel für etwas anderes. Denn viele Wissenschaftsbauten können gar nicht mehr genutzt werden, wofür sie einst gedacht waren. Der Leo steht seit Sanierung meist leer. Auch bei anderen Gebäuden ist das so: Der Mäusebunker wurde früher für Tierversuche genutzt, heute würde ihn die Charité am liebsten abreißen.
Aus der Diskussion geht hervor, dass die Gebäude, um die es hier geht, seit 40 Jahren vernachlässigt wurden. Das hat zur Folge, dass insgesamt um die 5 Milliarden Euro für ihre Sanierung nötig wären. Das ist so oder so eine schwindelerregende Summe – aber wenn noch nicht einmal klar ist, für welchen Zweck diese Gebäude erhalten werden sollen?
Zu dieser Frage gab es auch beruhigende Stimmen. Zum Beispiel ist vom Anatomischen Theater der Tierarznei in Mitte die Rede, im dem 1790 der Lehrbetrieb aufgenommen wurde – just in dem Moment, als sich die Mikroskopie durchsetzte und ganz andere Formen der Vorlesung nötig machte.
Heute finden in dem spektakulären Bau experimentelle Ausstellungen und Performances statt. Oder auch die Mensa 2 der FU an der an der Van't-Hoff-Straße in Dahlem: Hier befindet sich zwar im Erdgeschoss nach wie vor eine Mensa. Aber oben, so die Leiterin der Technische Abteilung der FU, Ursula Hüffer, befinden sich fantastische Arbeitsräume für Studierende. „Man muss sich in die Gebäude hineindenken“, sagt sie. Vielen Gebäuden seien so schlau gebaut, dass ihnen die Umnutzung schon eingeschrieben sei. Kein Wunder, dass Hüffer viel Zustimmung erhält.
Das große Umdenken hat dank Klimawandel längst begonnen. Es wird Zeit, der Umnutzung immer den Vorrang zu geben vor Abriss und Neubau.
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