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Wirtschaftsweiser geht

Mit dem Rückzug von Volker Wieland zieht sich binnen kurzer Zeit ein weiterer Ökonom aus dem Sachverständigenrat der Bundesregierung zurück

Vor nicht einmal zwei Wochen trat Volker Wieland bei der Vorstellung der Konjunkturprognose noch gut gelaunt auf. Nichts deutete auf einen Rückzug als Wirtschaftsweiser hin. An diesem Wochenende kündigte er überraschend an, seine Tätigkeit im Sachverständigenrat der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu beenden. Der Rücktritt erfolgt zum Monatsende und damit zehn Monate vor dem turnusgemäßen Ablauf seiner zweiten Amtszeit im Februar 2023.

Als Grund nannte der Frankfurter Ökonom, sich seiner „Haupttätigkeit in der Forschung und Lehre und als Leiter eines Universitätszentrums wieder intensiver widmen“ zu können. In der FAZ machte Wieland allerdings auch deutlich, dass es aus seiner Sicht im Sachverständigenrat derzeit „keine optimale Voraussetzung für die weitere Arbeit“ gebe.

Hintergrund ist, dass dem Gremium derzeit nur vier statt fünf Mitglieder angehören, da der Posten des Freiburger Ökonomen Lars Feld seit seinem Wechsel ins Bundesfinanzministerium unter Christian Lindner (FDP) bislang nicht nachbesetzt wurde. Seitdem gibt es einen Patt zwischen zwei politischen Flügeln, denen jeweils zwei der Mitglieder zugerechnet werden. Wieland und Veronika Grimm werden eher auf der wirtschaftsliberalen Seite verortet, Monika Schnitzer und Achim Truger eher als „links“ eingestuft. Auch bei der Frage, ob Deutschland ein Embargo gegen russische Energielieferungen verhängen sollte, konnten sich die Weisen auf keine Empfehlung einigen. Die Konstellation sei schwierig gewesen, „weil mehrmals klare Mehrheiten für inhaltliche Positionen fehlten“, wird Wieland in der FAZ zitiert. Ab Mai sind die Weisen nur noch zu dritt – was zumindest bis zur Nachbesetzung wieder leichtere Mehrheiten möglich macht.

Der Sachverständigenrat legt jeweils bis Mitte November ein Jahresgutachten zur wirtschaftlichen Entwicklung vor. Ergänzt wird dieses durch eine Konjunkturprognose jeweils Mitte März sowie durch Sondergutachten zu ausgewählten Themen. Wieland hatte sich dafür eingesetzt, das umfassende Jahresgutachten durch mehrere und dafür schlankere und kürzere Gutachten zu ersetzen. Auch in der Frage waren sich die Wirschaftsweisen uneinig. (flee, afp)

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