Wirtschaftliche Lage in den USA: Vor der Zinswende
Eine Inflation von sieben Prozent und mässige Wirtschaftsdaten alarmieren die Zentralbank Fed. Bald dürfte die Ära des ultrabilligen Geldes enden.
„Ich denke jetzt, dass wir 2022 vielleicht vier Schritte machen sollten“, sagte der Chef des Zentralbankbezirks St. Louis, James Bullard, dem Wall Street Journal. Sein Kollege Patrick Harker aus Philadelphia erklärte der Financial Times, er sei für eine Abfolge von drei Anhebungen, mit der man bereits im März beginnen könne.
Zuvor hatte die Nachricht viele ExpertInnen überrascht, dass die Inflationsrate für Waren und Dienstleistungen im Dezember 7,0 Prozent betrug. Das war der höchste Wert seit Juni 1982. Die Rate hatte bereits im November bei 6,8 Prozent gelegen.
Einige Indikatoren deuten darauf hin, dass sich die Geldentwertung fortsetzen könnte. So legten im Dezember Erzeugerpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 9,7 Prozent zu, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag mitteilte. Im November hatte die Rate bei 9,8 Prozent gelegen. Dies war der stärkste Zuwachs seit Erhebungsbeginn.
Zum Teil drastische Materialknappheit
Getrieben werden die Herstellerpreise durch eine Reihe von Faktoren. Dazu zählt die zum Teil drastische Materialknappheit, die auf Lieferprobleme im weltweiten Handelsverkehr zurückgehen. Hinzu kommen stark steigende Preise für Energie, die den Produktionsprozess erschweren und verteuern.
Aktuell liegt der Leitzins in den USA zwischen 0 und 0,25 Prozent. Schon im Dezember 2008 hatte die Fed als Reaktion auf die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers in den Krisenmodus geschaltet und den Leitzins auf das Rekordtief gesenkt. Außerdem hat sie seitdem Anleihen in Höhe von Billionen US-Dollar aufgekauft.
Auch die US-Wirtschaft leidet unter der Corona-Krise: Einerseits treiben aus der Pandemie resultierende Materialengpässe, hohe Energiekosten und ein Mangel an Arbeitskräften die Preise hoch. Andererseits zeigte der am Mittwoch veröffentlichte Konjunkturbericht der Zentralbank Fed („Beige Book“), dass die Pandemie viele Unternehmen trifft: Vor allem die Reisebranche und das Hotel- und Gaststättengewerbe sind gerade stark gebeutelt.
Arbeitslosigkeit gestiegen
Das zeigte sich auch an den neuen Arbeitsmarktdaten, die am Donnerstag veröffentlicht wurden: Danach stieg die Arbeitslosigkeit in den USA ist zu Jahresbeginn überraschend. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe nahm in der vergangenen Woche um 23.000 auf 230.000 zu, wie das Arbeitsministerium mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten dagegen einen Rückgang auf 200.000 prognostiziert.
Die Notenbank wolle die Inflation wieder auf 2 Prozent drücken, betonte die designierte Fed-Vizechefin Lael Brainard in einer Rede für eine am Donnerstagnachmittag geplante Senatsanhörung. Zugleich wolle sie eine wirtschaftliche Erholung für jeden erreichen. Das sei die wichtigste Aufgabe der Fed, erklärte Brainard.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!