Wirtschaft: Rabattschlacht auf dem Terminal
Hamburger Hafen senkt die Preise für Schiffe, um Reedereien anzulocken. Nach Einbußen bei Containermengen drohen weitere Verlagerungen nach Rotterdam.
Hamburg soll zum Billighafen werden. Mit einer dauerhaften Senkung der Umschlagskosten sollen verloren gegangene Ladungsströme zurückgeholt werden. Das kündigten Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) und der Chef der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA), Jens Meier, am Donnerstag an. Neben neuen Rabattsystemen beim Hafengeld zählen unter anderem Zugeständnisse der Elb- und Hafenlotsen sowie der Schleppreedereien zu dem "Hafenpaket". Für das Jahr 2010 werden sie auf geplante Erhöhungen verzichten. Gedaschko will das ausdrücklich als "Anreizsystem" verstanden wissen: "Das ist kein Krisentarif."
"Wer mehr Verkehr nach Hamburg bringt, wird davon auch am meisten profitieren", ist laut Meier das "Kernelement der Anpassungen beim Hafengeld". Danach können Reedereien bei regelmäßigem Anlaufen Hamburgs bei den Liegegebühren bis zu 50 Prozent Rabatt erhalten. Zudem ist ein zeitlich befristetes Anreizsystem im Transshipment vorgesehen, das Einsparungen von weiteren 50 Prozent möglich macht - im Extremfall wäre der Hamburger Hafen künftig nicht nur günstig, sondern gratis.
Nach einer Modellrechnung Meiers müssen für ein Containerschiff mit 8.500 Standardcontainern bislang 20.941 Euro Hafengeld entrichtet werden. Werden von diesem Schiff 750 Kisten im Feederverkehr umgeschlagen, soll es fünf Prozent Rabatt geben, bei 1.500 Containern gäbe es schon zehn Prozent.
Transshipment ist das Umladen von Containern im Hafen auf kleine Feeder- und Zulieferschiffe. Diese bedienen dann über den Nord-Ostsee-Kanal die Häfen im Ostseeraum. "Damit stärken wir unsere Position als Drehscheibe zwischen Nord- und Ostsee", betonte Meier. So soll verhindert werden, dass Reedereien ihre Containerriesen in Rotterdam oder Antwerpen entladen und die Feederverkehre sich dorthin verlagern.
Seit Ende vorigen Jahres hat Hamburg etwa eine halbe Million Container in diesem Segment verloren. Insgesamt wurde im ersten Halbjahr 2009 fast ein Viertel weniger Waren umgeschlagen als in den ersten sechs Monaten des vorigen Jahres. Noch dramatischer ist der Rückgang beim mit Abstand größten Segment, den Containern. Statt 5,0 Millionen Blechkisten im Vorjahr waren es jetzt nur noch 3,6 Millionen - ein Minus von 28,7 Prozent.
Mit der Rabattschlacht will Hamburg laut Gedaschko auf dramatische Konsequenzen der Wirtschaftskrise reagieren. Diese habe vor allem den besonders wichtigen Ostasienverkehr getroffen. Zu Boomzeiten 2008 hatte der Hafen noch gehofft, erstmals den Rekord von zehn Millionen umgeschlagenen Containern zu knacken, in diesem Jahr werden es nur etwa 7,5 Millionen werden.
Zudem soll der Freihafen zum ersten Januar 2013 aufgelöst werden. Wirtschaftsbehörde und Handelskammer erhoffen sich vom Wegfall der Zollgrenzen schnellere und flexiblere Abläufe im Hafen. Davon würden "alle am Hafengeschehen Beteiligten profitieren", glaubt Handelskammer-Geschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz.
"Wer mehr Verkehr nach Hamburg bringt, wird davon auch am meisten profitieren"Hafenchef Jens Meier
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