Wirtschaft und Menschenrechte: Kritik an freiwilliger Umfrage
Die Regierung startet eine Unternehmensbefragung zur Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette. Grüne befürchten verzerrte Ergebnisse.
Der Aktionsplan der Regierung sieht vor, dass Firmen beispielsweise für sichere Bauweise, Brandschutz, erträgliche Löhne und Gewerkschaftsfreiheit bei ihren Lieferanten unter anderem in Bangladesch, Pakistan oder Kambodscha sorgen sollen. Für den Fall, dass sie das nicht tun, droht die Regierung mit einem Gesetz für Sorgfaltspflichten. Über einen Entwurf aus dem Entwicklungsministerium (BMZ) berichtete die taz kürzlich.
Durch Interviews mit 30 Unternehmen wurde nun der Fragenkatalog entwickelt. Konkrete Informationen zum Inhalt blieb das Außenministerium am Dienstag jedoch schuldig. Anfang Mai beginnt die Befragung. Von den rund 7.100 einheimischen Firmen mit mehr als 500 Leuten werden 1.800 ausgelost, die an der Studie teilnehmen sollen. Diese fordert man auf, einen Online-Fragenkatalog auszufüllen. Das Auswärtige Amt und die beauftragte Beratungsfirma Ernst & Young (EY) rechnen mit einer Teilnahme von 400 Unternehmen. Damit seien die Ergebnisse dann repräsentativ, hieß es.
Zweifelhafte Standards
Eine Pflicht zur Teilnahme besteht nicht. Firmen, die befürchten, in schlechtem Licht zu erscheinen, können die Befragung ignorieren. Deshalb würden nur diejenigen teilnehmen, bei denen die Menschenrechtslage akzeptabel sei, argwöhnen die Kritiker*innen. Dieser Mechanismus könne das Ergebnis zum Positiven verfälschen. Er habe „große Zweifel, dass wissenschaftliche Standards eingehalten“ würden, bemängelte Kekeritz. Sowieso soll die Untersuchung nicht die tatsächliche Lage der Beschäftigten in den Zulieferfabriken beleuchten, sondern die Managementverfahren, die die Firmen einsetzen, damit sich die Situation dort bessert.
Michaela Spaeth, die Beauftragte für Wirtschaft und Menschenrechte im Auswärtigen Amt, appellierte, an der Befragung teilzunehmen. Die Ergebnisse würden anonymisiert. Die konkreten Daten über die einzelnen Unternehmen könnten keinesfalls in falsche Hände geraten, erklärte EY-Teamleiterin Nicole Richter.
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