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Windparks in der Ost- und NordseeMehr Strom vom Meer

Die Ausbauziele für die Windenergie in der Nord- und der Ostsee liegen im Plan. Die Branche ist mit Blick auf die kommende Regierung trotzdem besorgt.

Im Jahr 2045 sollen Offshore-Windanlagen 70 Gigawatt Strom produzieren Foto: Paul Langrock

Berlin taz | Die Zahl der Windräder in der Ost- und Nordsee wächst kräftig, die ehrgeizigen Ziele der Ampelkoalition für die nahe Zukunft werden nach Einschätzung von Branchenverbänden mit nur kurzer Verzögerung erreicht. Damit die positive Entwicklung anhält, fordern die Verbände von der kommenden Bundesregierung Planbarkeit und einen verlässlichen Rahmen für den weiteren Ausbau.

„Wir müssen jegliche Form von Zieldebatten vermeiden“, mahnte Stefan Thimm, Geschäftsführer, Bundesverband Windenergie Offshore BWO, am Dienstag bei einer gemeinsamen Online-Pressekonferenz mit fünf weiteren Verbänden. Bei der Offshore-Windenergie erzeugen Anlagen in Gewässern Strom, meistens im Meer. Sie sind wegen der höheren Windgeschwindigkeiten leistungsfähiger als vergleichbare Anlagen an Land. In Deutschland ging der erste Windpark vor 15 Jahren in Betrieb. Allerdings sind Windräder im Meer nicht unumstritten, denn sie haben erhebliche Auswirkungen auf die maritime Umwelt.

Nach den Plänen der Ampelregierung sollen bis 2030 insgesamt 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Dann soll die Offshore-Windenergie 30 Gigawatt Strom liefern. Ende 2024 waren nach Angaben der Beratungsagentur Deutsche Windguard in der deutschen Ost- und Nordsee insgesamt 1.639 Anlagen mit einer Leistung von 9,2 Gigawatt installiert. Im Jahr zuvor waren 1.566 Anlagen mit einer Leistung von knapp 8,5 Gigawatt in Betrieb gewesen. Zum Vergleich: Ende 2024 betrug die installierte Leistung von Windrädern an Land rund 63,5 Gigawatt, von Solaranlagen 99 Gigawatt. Insgesamt hatten Offshore-Windanlagen im vergangenen Jahr einen Anteil von 5,9 Prozent an der deutschen Stromerzeugung. Sie haben 25,7 Terawattstunden Strom erzeugt, nach 23,5 Terawattstunden im Jahr 2023.

„Wir sehen einen Trend zu immer größeren und leistungsstärkeren Anlagen“, sagte Merle Heyken von der Deutschen Wind­guard. Für Ende der 2020er und Anfang der 2030er Jahre erwartet die Branche einen sprunghaften Anstieg des Ausbaus. Ende des Jahres 2031 soll die Marke von 30 Gigawatt erreicht werden. „Damit könnte das Ausbauziel mit einem Jahr Verzögerung erreicht werden“, sagte Heyken. Verantwortlich für die Verspätung ist unter anderem der langsame Netzausbau.

Sorgen wegen geopolitischer Lage

Daraus folgt aber nicht, dass das nächste Etappenziel später erreicht wird. Nach dem derzeit gültigem Ausbaufahrplan der Bundesregierung sollen im Jahr 2035 Windanlagen im Meer 40 Gigawatt Strom erzeugen. Diese Marke wird bereits 2034 erreicht, erwartet die Branche.

Im Jahr 2045 sollen Offshore-Windanlagen 70 Gigawatt Strom produzieren. Das klappt nur, wenn die Pläne nicht umgeworfen werden. „Wir brauchen Planbarkeit, um Investoren zu gewinnen“, sagte Verbandsgeschäftsführer Thimm. Sollte die neue Bundesregierung die bisherigen Ausbauziele in Frage stellen, könnte das Investoren verschrecken.

Auch an anderer Stelle könnte eine neue Regierung den Ausbau durchkreuzen. Denn möglich ist er nur, wenn der Staat genügend Flächen zur Verfügung stellt und keine neuen Hindernisse auf- und bestehende abbaut. Nach Auffassung der Branche gibt es Verbesserungsbedarf an den Vorgaben für Ausschreibungen für neue Windparks. Die Regeln begünstigten zurzeit kapitalstarke Investoren. „Der Staat will möglichst viel Geld“, sagte Andreas Mummert von der Stiftung Offshore-Windenergie. Das setzt die gesamte Lieferkette unter Druck.

Sorgen bereitet den Offshore-Windparkbetreibern die geopolitische Lage. Umso wichtiger die Anlagen für die Energieversorgung werden, umso größer ist das Risiko, dass sie zum Ziel von Anschlägen werden. „Beim Cyberschutz muss noch einiges getan werden“, sagte Mummert. Eine Gesetzesinitiative zum Schutz vor Onlineattacken ist im Parlament durch den Bruch der Ampel vorerst gestoppt worden. Auch für den physischen Schutz der Anlagen wünscht sich die Branche mehr Engagement. „Das Thema braucht noch mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung“, sagte er. Das Bundesverteidigungsministerium sei im Austausch mit der Branche.

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