piwik no script img

Wikileaks droht Mitarbeitern14 Millionen Strafe für verratene Infos

Die Whistleblower-Plattform Wikileaks droht seinen Mitarbeitern. Falls sie Geheimnisse der Organisation verraten, sollen sie Millionen Euro Strafe zahlen. Der Grund: Wertverlust.

Wer bei Wikileaks die Maske hebt, ist finanziell in Gefahr. Bild: dpa

Um Indiskretionen der eigenen Mitarbeiter zu verhindern, setzt Wikileaks seine Arbeitnehmer offenbar unter Druck, drastische Schweigevereinbarungen unterzeichnen. Das legt ein Dokument nahe, dass die Webseite des britischen Magazins New Statesman am Mittwoch veröffentlichte. Mit dem Unterzeichner dieser Schweigevereinbarung verpflichten sich Helfen der Seite, Stillschweigen über Dokumente und organisatorische Details der Whistleblowing-Plattform zu bewahren.

"Signifikante Verstöße" dagegen droht Wikileaks mit Strafen in Höhe von 12 Millionen Pfund (ca. 14 Millionen Euro) zu ahnden. Eine Summe, die in der Vereinbarung als "typischer Marktwert" bezeichnet wird.

Zur Begründung dieser Maßnahme heißt es in dem Papier unter anderem, Wikileaks drohe bei Verstößen der "Verlust der Möglichkeit, die Informationen an andere Nachrichtenagenturen und Verlage zu verkaufen" und der "Verlust des Wertes der Informationen".

Gerüchte um verkaufte Daten

Diese Hinweise sind interessant – ist doch bislang kein Fall publik geworden, in dem Wikileaks ihre Informationen und Dokumente tatsächlich gegen Geld an Medien verkauft hat. Auch wenn es Gerüchte über entsprechende Deals gegeben hat und innerhalb der Organisation unterschiedliche Standpunkte zur monetären Verwertung der Informationen bestanden.

Die Vereinbarung ist aus dem Jahr 2010 und umfasst "jede Form von Kommunikation, inklusive Emails, schriftliche Korrespondenz, Besprechungsprotokolle, Informationen, die bei Besprechungen oder Diskussionen ausgetauscht wurden und andere newsworthy Informationen". Auch Existenz und Inhalt der Schweigeklausel sind darin eingeschlossen.

Derartige Vereinbarungen hätten nicht existiert, solange er bei Wikileaks gewesen sei, er habe ein Dokument dieser Art niemals unterzeichnet, sagt Daniel Domscheidt-Berg, ehemaliger Sprecher der Plattform, der taz. Er hält das Dokument für echt - sagt, sie stellen eine Lehre dar, die Wikileaks aus dem Ausstieg von ihm und einer Reihe anderer Mitarbeiter September 2010 gezogen habe.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • J
    Jens

    Da droht also ein Datendieb seinen Kumpanen, die ihm wiederum Daten geklaut haben mit einer Klage...

     

    Sachen gibt's...

  • R
    Renate

    Zeit für WikileaksLeaks...?

  • S
    Sven

    Wikileaks ist grundsätzlich eine gute Idee. Wie jede Idee, aus der eine Institution resultiert, scheint man derzeit von seinen eigenen Idealen systematisch abzurücken. Dass eine Whistleblowing-Plattform das Whistleblowing interner Informationen unter Strafe stellt, ist für mich absurd (vielleicht verstehe ich hier auch etwas nicht).

     

    Und dass derzeit kommerzielle Interessen in den Vordergrund zu rücken drohen (so die Information korrekt ist), gibt der Plattform in meinen Augen den Todesstoß. Wieder mal schade um einen guten Ansatz...

  • H
    hallo?

    Ich frage mich gerade, wo hier in der Kommentarspalte der Jubelchor der Wikileaks-Fans bleibt, für die der Herr Assange und seine Plattform das neue Evangelium und die Rettung der Welt zu sein scheinen.

     

    Letztlich ist wohl auch Wikileaks nichts anderes als ein kommerzielles Unternehmen, das zuvörderst eigene (finanzielle) Interessen verfolgt und einem einzelnen Protagonisten als Plattform seiner Selbstverliebtheit dient.

    Ich bin jedenfalls gespannt auf den Tag, da aus dem Inneren dieses Hortes der Demokratie und Freiheit geleakt wird und wie dann Wikileaks und Herr Assange darauf reagieren. Zumindest wird für diese Plattform, die sich ja mit Staaten auf eine Ebene stellt, nichts anderes gelten dürfen, wenn es um die Transparenz geht.

     

    Die Idee hinter Wikileaks ist absolut überzeugend und unbedingt notwendig. Die praktische Umsetzung allerdings hat bei mir jedenfalls in den letzten Monaten zu erheblichen Magenschmerzen geführt.

  • H
    Hans

    Ich kann sie ja verstehen, doch das ist das absolut falsche Mittel. Aber Wikileaks hat sich ja schon vorher selbst diskreditiert..but the show must not go on.

  • T
    Tyrfing

    Der Verweis auf Domscheit Berg ist recht interessant..

    Hat der sich nicht mit einer ganzen Menge Daten vom Projekt abgesetzt (bzw. hat er sie bislang wieder zurücküberreicht?).

    Obwohl mir die Nachricht sauer aufstößt, ist mir der Typ noch mehr zu wieder.

  • T
    Toby

    Das Wikileaks seinerseits zum Spähobjekt werden muß, ist klar. Daß man sie auf Pikanterien und Skandale abklopft. Wenn sie aber wirklich selbst Geheimnistuerei betreiben, ist das die Stecknadel in dem aufgeblasenen Ballon der Piraten- und Whistleblower-Ideologie.

  • A
    Alekto

    Na toll. Damit macht Wikileaks genau das, was es eigentlich bekämpfen wollte.

    Aus der Traum.

  • N
    Nico

    Das ist was ganz einfaches passiert. Ein Typ denkt sich, er müsste der Weltöffentlichkeit geheime Infos zur Verfügung stellen. Edles Ziel, so weit so gut. Doch dann merkt er, dass er damit enorme Macht hat und mächtig Kohle scheffeln könnte.

    Vielleicht auch wegen eines ohnehin labilen Geisteszustands sieht er in WikiLeaks insgeheim nur einen Weg um an Reichtum zu kommen.

    Schade.

  • X
    xVegAnarchistx

    Das mit der Maske ist zwar ne "lustige" Symbolik, aber trotzdem ergibt es nicht viel Sinn den Bericht über WL mit Anon Leuten zu bebildern

  • TH
    Thorsten Haupts

    Pruuuust. Eine "glaubwürdige" Plattform für expliziten Verrat vertraulicher Informationen droht den eigenen Mitarbeitern beim Verrat vertraulicher Informationen. Ich lach mich schlapp ...

  • R
    reblek

    "Die Whistleblower-Plattform Wikileaks droht seinen Mitarbeitern." Aha, "die Plattform droht seinen"!

    "Mit dem Unterzeichner dieser Schweigevereinbarung verpflichten sich Helfen der Seite..." Wie wäre es andersrum: Unterzeichnen und Helfer?

    "Diese Hinweise sind interessant – ist doch bislang kein Fall publik geworden, in dem Wikileaks ihre Informationen..." Und jetzt ist Wikileaks eine Frau?

    "Er hält das Dokument für echt - sagt, sie stellen eine Lehre dar..." Wer, bitte schön, ist "sie"?

  • G
    grafinger

    Klar, die VR China verbietet Ihren Bürgern doch auch im eigenen Land zu spionieren.

  • GM
    Gosig Mus

    Es geht da sicher (zumindest auch und in erster Linie) um den Werteverlust, den die Medienpartner von Wikileaks erleiden, wenn Daten weitergegeben werden. Eine der Strategien von Wikileaks ist/war ja, mit mehreren Partnern weltweit (Spiegel, Guardian, NY Times, etc.) gemeinsam die Daten zu analysieren und sie dann gleichzeitig zu veröffentlichen. Für die wäre das natürlich eine Katastrophe wenn der Kram dann zwei Tage vor dem Termin im Netz ist. Letztens gabs da ja auch sowas, eines der letzten Leaks wurde einer Zeitung, glaube der NYT (dann wohl nicht mehr Medienpartner), vorzeitig zugespielt.