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Wieder Räumungen am Hambacher ForstBehände ins nächste Gelände

Trotz Polizeiaktionen hält „Ende Gelände“ an den Protest- und Blockadeplänen fest. Derweil einigt sich die Kohlekommission auf einen Zwischenbericht.

Die Häuser denen, die drin protestieren: Polizeieinsatz in Manheim Foto: dpa

Manheim taz | Als die Polizisten das Zimmer im zweiten Stock betreten, sind die BesetzerInnen schon zum Fenster raus. Das Dach ist schräg – und keiner der etwa acht Menschen darauf ist gesichert. Auf der Dachspitze schrammelt ein Besetzer nun Gitarre, vom Himmel dröhnt der Polizeihubschrauber, unten vor dem Haus blasen Polizei und Feuerwehr Fallkissen auf. KletterpolizistInnen haben noch nichts zu tun, stehen unten, schauen rauf, die vielen Karabiner an ihren Gurten funkeln wie Behang an den Gürteln von Bauchtänzern.

Trotz gleich mehrerer Polizeiaktionen hielt das Aktionsbündnis „Ende Gelände“ am Donnerstag an seinen Protest- und Blockadeplänen für die nächsten Tage fest. Zu den Aktionen werden Tausende Teilnehmer erwartet, allein am Freitagmorgen sollte ein Sonderzug mit 1.000 Aktivisten in Düren ankommen. Von dem Protestcamp aus sind am Wochenende Aktionen gegen den Kohleabbau geplant, unter anderem auch im Tagebau und im Hambacher Forst.

Einige Tage zuvor hatten die Manheimer HausbesetzerInnen noch dem bevorstehenden Camp von Ende Gelände Schlafplätze angeboten. 8 bis 11 Häuser sollen besetzt gewesen sein. Doch am Donnerstagmorgen startete die Räumung der besetzten Häuser in dem vom Abriss bedrohten Ort. Die Häuser gehören nämlich RWE.

Bis 2023 soll ganz Manheim abgerissen sein, denn dann will der Energiekonzern hier Braunkohle abbauen. Etwa 250 Menschen leben noch in Manheim. Doch die meisten Häuser sind schon verlassen und mit Verschlägen zugesperrt: Fenster, Türen, überall Bretter davor, die Rollläden heruntergelassen. So geschäftig wie am Donnerstag war es hier lange nicht mehr.

Vor gut einer Woche hatten AktivistInnen die Häuser besetzt. Im Ort wurde das mit gemischten Gefühlen aufgenommen: Einige AnwohnerInnen riefen dazu auf, die Besetzungen zur Not selbst zu räumen. Andere gaben zu verstehen, sie würden sich freuen, dass sich wieder Menschen in den leeren Häusern aufhielten.

Platz für 4.000 Menschen

Ende Gelände hat es dieses Jahr nicht leicht: Auch die Nutzung eines zunächst beantragten Platzes in einem Naturschutzgebiet in Niederzier war vom Verwaltungsgericht Aachen untersagt worden. Den von der Polizei angebotenen Platz in Jülich hatten die OrganisatorInnen als zu weit entfernt vom Hambacher Forst abgelehnt.

Stattdessen begannen am Mittwoch etwa 100 AktivistInnen mit dem Campaufbau auf einem Sportplatz in Manheim, der RWE gehört. Diesen umstellte die Polizei am Mittwoch gegen 20 Uhr und forderte, alles freiwillig abzubauen. Ab etwa 23 Uhr begann die Räumung, in deren Verlauf die Polizei unter anderem Versammlungszelte beschlagnahmte.

Am Donnerstag wurde schließlich ein neues Camp bei Düren-Stepprath errichtet, etwa 15 Kilometer vom Hambacher Forst entfernt. Die Fläche gehöre einer kohlekritischen Privatperson, sagte ein Sprecher von Ende Gelände, man habe einen privaten Nutzungsvertrag abgeschlossen. Das Camp biete Platz für etwa 4.000 Menschen.

Auch die Politik behandelt das Thema Kohleausstieg derzeit intensiv. Die von der Regierung eingesetzte Kohlekommission hat sich am Donnerstag einstimmig auf einen Zwischenbericht mit Empfehlungen zum Strukturwandel in den Kohleregionen. Ein Datum für den Kohleausstieg ist nicht enthalten. Fest steht aber bereits, dass die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode 1,5 Milliarden Euro für den Strukturwandel in den Kohleregionen bereitstellen will.

Einem Entwurf vom Dienstag zufolge enthält der Bericht unter anderem auch konkrete Vorschläge zum Ausbau von Bahnstrecken und Straßen sowie zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Zudem schlägt er vor, dass Bund und Länder in den kommenden Jahren Behörden gezielt in die Kohlereviere verlagern, um dort Arbeitsplätze zu schaffen.

Einen Abschlussbericht, der einen Ausstiegspfad sowie ein Enddatum enthalten soll, will die Kommission bis Ende des Jahres vorlegen. Vertreten sind darin unter anderem Umweltverbände sowie Wirtschaftsvertreter und die Energiegewerkschaft IG BCE.

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2 Kommentare

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  • O weh!



    Jetzt wollen sie demolieren



    die alte Försterei,



    das älteste Haus im



    Ort.

    Dabei gäbe es so viele schöne



    Sachen, die sich dort machen lassen



    WÜrdeN zur



    . . iNsTandB-setzUnG

    ne bäckerei,



    für tolle Kraftbrote(+Orte) aus Hokkaido und Roggenschrot

    ökologisch vegane Landwirtschaft



    Textilfaseranbau, ne Botschaft für Indigene

    diversifizierte Landwirtschaft für

    Artenschutz und gegen das Aussterben



    von Insekten und kleinen Wirbeltieren in den



    abgebaggerten, ausgeräumten, flurbereinigten



    Landschaften ..

    Lebensqualität statt Quantität !!

    jedes projekt, jede Idee zählt !!!

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Wahnsinn. Kostenlose Kita, aber dann mit 15 Jahren sollen die jungen Leute schauen, wo sie bleiben und wie das menschengemachte Klimadesaster gewütet hat. Hauptsache, der jetzige Aktionär hat seine Penunze auf dem Konto.