Wettbewerb um grüne Fraktionsspitze: Machtkampf der Frauen
Katrin Göring-Eckardt und Kerstin Andreae konkurrieren im Moment um den wichtigsten Spitzenposten bei den Grünen. Doch wer gewinnt?
BERLIN taz | Trittin weg, Roth weg, Künast weg. Die Grünen erneuern ihr Personal schneller, als man „ökologische Transformation“ sagen kann. Doch die wichtigste Frage des Generationenwechsels ist offen. Wer wird die starke Frau an der Spitze?
Die ehemalige Umweltministerin im Saarland, Simone Peter (47), will Grünen-Chefin werden. Das teilte sie am Donnerstag auf ihrer Homepage mit.
Die ehemalige Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt hat ihre Kandidatur für den Fraktionsvorsitz auf der ereignisreichen Fraktionssitzung am Dienstag bekannt gegeben. Sie sei extrem gut vorbereitet gewesen, berichten Teilnehmer. Göring-Eckardt setzt nach einem scharfen Wahlkampf wieder auf versöhnliche Töne. Die Grünen wollten „die bürgerliche Mitte wieder anders ansprechen und einbinden“, sagt sie. Die Partei müsse mit der Wirtschaft reden, mit Kulturschaffenden und Intellektuellen über eine freie und faire Gesellschaft.
Ihre Konkurrentin, Fraktionsvize Kerstin Andreae, war bisher noch in der Deckung geblieben. Doch am Donnerstag zog sie nach. „Habe meine Kandidatur für den Fraktionsvorsitz angekündigt“, twitterte sie. Damit korrigiert Andreae ihre bisherige Linie. Eigentlich hatte sie angekündigt, das Votum eines Realo-Treffens am Freitag und das des Grünen-Länderrates am Samstag abwarten zu wollen.
Das Duell, das also nun offen geführt wird, ist ein sehr wichtiges. In den Fluren der neu gewählten Bundestagsfraktion wird im Moment über wenig anderes geredet als über den Machtkampf der beiden Frauen.
Fraktionschef haben Bühne des Parlaments
Die Fraktion bildet traditionell das Machtzentrum der Grünen, nicht die Parteizentrale. Die beiden Fraktionschefs haben die Bühne des Parlaments, sie können öffentlichkeitswirksam Initiativen einbringen, nicht zuletzt verfügen sie über einen größeren Apparat. Ihre Posten sind Karrierebeschleuniger, wer hier landet, hat gute Chancen auf die Spitzenkandidatur für die Wahl 2017. Wettbewerbe um die Fraktionsspitze gab es deshalb in der Vergangenheit immer wieder.
Eine Doppelspitze ist ein fein austariertes, von allen argwöhnisch beäugtes Kunstwerk. Sie muss die Quotierung berücksichtigen, den Flügelproporz, und klar, auch die inhaltlichen Schwerpunkte der KandidatInnen. Der Verkehrsexperte Anton Hofreiter, 43, gilt als aussichtsreicher Kandidat des linken Flügels (siehe Interview). Sein Fokus auf Verkehr und allgemein Ökologisches findet auch bei den Realos Anklang, seine integre Art wird sehr geschätzt.
Die zwei Frauen kämpfen jetzt um den Realo-Platz neben ihm. Göring-Eckardt, 47, hat ein starkes Votum der Basis hinter sich, weil sie 2012 überraschend die Urwahl gewann. Als Spitzenkandidatin vertrat sie an der Seite Jürgen Trittins das nach links gerückte Programm und warb für mehr soziale Gerechtigkeit. Einige Realos hätten sich von ihr eine klarere Linie für eigene Lieblingsthemen gewünscht – und mehr Abgrenzung zu Trittin. Ein wirklich neues Gesicht ist Göring-Eckardt nicht, weil sie schon während der rot-grünen Regierungszeit Fraktionschefin war.
Ihre Konkurrentin Andreae, 44, leitete zuletzt den wichtigen Arbeitskreis 1 (Wirtschaft, Soziales, Haushalt) der Fraktion, sie kann vor allem auf die Unterstützung der starken Landesverbände Baden-Württemberg und Bayern zählen. Andreae pflegt gute Kontakte zu Wirtschaft und Mittelstand, was bei einer engagierten Energiewende nicht nur hilfreich, sondern notwendig ist.
Offizielle Wahl am 8. Oktober
Wer gewinnt? Entscheidend könnte sein, dass viele linke Abgeordnete Göring-Eckardt lieber vorn sähen als die wirtschaftsaffine Andreae. Denn neben der Unterstützung des eigenen Lagers ist der Brückenschlag ins andere wichtig.
Göring-Eckardt habe ein Faible für Sozialpolitik und loyal das eigene Programm vertreten, sagen mehrere Linke. Auch, dass sie in der Pädophilie-Debatte als Erste einen warmen, empathischen Ton traf, wird ihr hoch angerechnet.
Offiziell wird die Fraktion ihre neuen ChefInnen am 8. Oktober in ihrer konstituierenden Sitzung wählen. Dann könnte es zu einer Kampfabstimmung kommen. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass beide sich noch intern einigen.
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