Westbalkan und EU: Weiter in der Warteschlange
Die EU-Kommission will den Weg zu Beitrittsgesprächen reformieren. Was das für die Zukunft von Albanien und Nordmazedonien bedeutet, bleibt unklar.
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Die Pläne der Kommission seien „ein positiver Schritt“, sagte Europastaatsministerin Amélie de Montchalin. Es gebe aber „keinen Automatismus“ für eine Zustimmung Frankreichs zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien. Vielmehr müssten zunächst alle 27 EU-Staaten der Reform zustimmen.
Der Vorschlag sieht vor, dass Beitrittsgespräche künftig keine Einbahnstraße zur EU-Mitgliedschaft mehr sind. Vielmehr sollen die Kandidaten bei Verstößen gegen Rechtsstaat, Demokratie und andere EU-Prinzipien auch wieder zurückgestuft werden können. Gleich zu Beginn und am Ende soll der Rechtsstaat überprüft werden.
Zudem wird der gesamte, bürokratische Verhandlungsprozess neu geordnet. So sollen die bislang 35 Verhandlungskapitel in sechs Themenbereiche aufgeteilt werden. Die Verhandlungen sollen jeweils zu den gesamten Bereichen aufgenommen werden. Bei Stillstand oder Rückschritten können auch EU-Fördermittel gekürzt werden.
Prozess soll transparenter werden
Es gehe darum, die Verhandlungen glaubwürdiger und transparenter zu machen und die politische Kontrolle zu stärken, sagte der EU-Erweiterungskommissar Olivér Várhelyi. Künftig sollten Reformfortschritte klarer herausgestellt und belohnt werden.
Genau das hatte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron gefordert. Das gesamte Verfahren müsse reformiert werden, bevor neue Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden können, so Macron. Im Oktober hatte er die Aufnahme von Gesprächen mit Albanien und Nordmazedonien blockiert.
Demgegenüber tritt Kanzlerin Angela Merkel für eine Einladung ein. Dass die Länder des Westbalkans an Europa herangeführt würden, sei auch im Interesse der EU, sagte Merkel beim Besuch des albanischen Premiers Edi Rama in Berlin. Es gehe um geopolitische Erwägungen.
Dahinter steht die Sorge, dass Russland, China oder die Türkei auf dem Balkan an Einfluss gewinnen könnten, wenn die EU nicht handelt. Allerdings bezweifelt nicht nur Paris, dass die Balkanländer „beitriffsreif“ sind. Auch die Niederlande und Dänemark hatten Aufnahmeverhandlungen mit Albanien abgelehnt.
Ob der Vorstoß der EU-Kommission die Blockade lösen kann, dürfte sich frühesten am 25. Februar zeigen, wenn die Europaminister in Brüssel tagen. Mit einer Entscheidung wird aber erst beim Westbalkan-Gipfel im Mai in Zagreb gerechnet.
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