Werbung für Terrororganisationen: Muss Sympathie strafbar sein?
Politiker der Großen Koalition wollen eine rot-grüne Liberalisierung rückgängig machen. Es geht um Werbung für Terrororganisationen.
BERLIN taz | In der Großen Koalition gibt es ernsthafte Überlegungen, die Sympathiewerbung für Terrorgruppen wieder zu bestrafen. Rot-Grün hatte dies 2002 abgeschafft.
Vorige Woche diskutierten die Innenpolitiker der Großen Koalition über Maßnahmen gegen den Terror des Islamischen Staats (IS). Es ging dabei vor allem um die Frage, wie man die Aus- und Wiedereinreise kampfbereiter IS-Anhänger verhindern kann. Dazu kam ein strafrechtliches Projekt: Die Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen soll wieder strafbar werden.
Der Vorschlag kam zwar vor allem von Unionsabgeordneten wie Armin Schuster. Doch auch SPD-Innenpolitiker wie Eva Högl halten den Vorschlag für „grundsätzlich konsensfähig“. Eine erste Prüfung soll bis kommenden Montag abgeschlossen sein.
Konkret geht es um Paragraf 129a im Strafgesetzbuch, der 1976 als Mittel gegen die RAF eingeführt wurde. Er stellte die Mitgliedschaft, Unterstützung und Werbung für terroristische Vereinigungen unter Strafe. Damit sollten Handlungen im Vorfeld konkreter Terrorakte bestraft und polizeiliche Ermittlungen erleichtert werden.
Als strafbar galt es nun schon, wenn Sympathisanten „RAF“ an eine Hauswand sprühten. Die Strafbarkeit der bloßen „Werbung“ ging aber auch vielen Liberalen zu weit, und die Rechtsprechung wurde mit Blick auf die Meinungsfreiheit immer zögerlicher.
Dann kamen die Al-Qaida-Anschläge von New York und Washington. Als Reaktion wurde 2002 das Strafrecht um Paragraf 129b ergänzt, der nun auch „ausländische“ terroristische Vereinigungen erfasste. Im Gegenzug wurde Paragraf 129a von Rot-Grün leicht liberalisiert. Die reine Sympathiewerbung wird seither nicht mehr als Terrorismus bestraft, nur noch das Werben um neue Mitglieder und Unterstützer.
Maas warnt vor „reinem Aktivismus“
Selbst Rainer Griesbaum, damals oberster Terrorjäger der Bundesanwaltschaft, begrüßte die Reform 2009 im taz-Interview: „Das war eine gute Entscheidung des Bundestags.“ Es mache keinen Sinn, „dieses ganze diffuse Umfeld in die Terrorbekämpfung einzubeziehen.“ Dies überfordere das Strafrecht.
Besonders wirkungsvolle Propaganda-Aktionen sind aber auch heute noch als „Unterstützung“ einer terroristischen Vereinigung strafbar, etwa das Verschicken von Enthauptungsvideos.
Inzwischen ist selbst das Zeigen von IS-Fahnen verboten, nachdem Innenminister de Maizière (CDU) vor zwei Wochen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot gegen den IS ausgesprochen hat. Für das Strafrecht ist in der Bundesregierung Justizminister Heiko Maas (SPD) zuständig. Am Wochenende warnte er vor „purem Aktionismus“.
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