Kommentar Strafe Terror-Werbung: Wenn das Kalifat cool wird

Sympathiewerbung für den „Islamischen Staat“ und für al-Qaida soll als Terrorismus verfolgt werden. Das ist einfach kontraproduktiv.

Satirische Kritik am „Islamischen Staat“ oder doch Werbung für die Terrormiliz? Bild: AP

Die meisten Muslime finden den Kopf-ab-Terrorismus des Islamischen Staats (IS) grässlich und eine Schande für die eigene Religion. Aber es gibt auch erschreckend große Sympathien, gerade unter jungen Muslimen.

Und es sind nicht nur perspektivlose Ausgegrenzte, sondern auch junge Leute, die zeitweise gut integriert waren, die die IS-Terroristen und ihren archaischen Kampf plötzlich cool und attraktiv finden – jedenfalls solange er militärisch erfolgreich ist. Man kann nur hoffen, dass dies vorübergehende Verirrungen sind, so wie aus manchem RAF-Sympathisanten noch ein braver Grüner wurde.

Wenn nun aber aus Kreisen der Großen Koalition vorgeschlagen wird, jede Sympathiewerbung für IS und al-Qaida wieder als Terrorismus zu verfolgen, dann ist das kontraproduktiv. Es würde die Sympathisanten nur noch weiter ins dschihadistische Lager und zur Identifikation mit den als Popstars wahrgenommenen Kalifatskämpfern drängen.

Wieder einmal zeigt sich die doppelte Funktion der Meinungsfreiheit. Einerseits schützt sie die, die man am liebsten auf den Mond schießen würde. Nur dann ist sie als Garantie einer freiheitlichen Demokratie überzeugend. Zugleich aber bewahrt die Meinungsfreiheit den Staat auch vor unnötigen Zuspitzungen und Eskalationen. Auch deshalb sind westliche Staaten relativ stabil.

Wer nun aus hilflosem Aktionismus oder aus parteipolitischem Interesse Öl ins Feuer gießt und Tausende anradikalisierter muslimischer Jugendlicher kriminalisieren will, gefährdet diese Stabilität genauso wie die Hassvideos der IS-Terrormiliz. Die SPD kann nun zeigen, dass sie die Mechanismen einer klugen Innenpolitik besser versteht als die Unionsparteien, die mal wieder ihre Reflexe nicht im Griff haben.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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