Werbung auf Skype: Bitte sprechen Sie nach der Werbung!

Geld verdienen und die Nutzer nicht abschrecken: Der Netztelefoniedienst Skype entdeckt die Werbung. Auch das Online-Netzwerk Twitter experimentiert mit Reklame.

Solange keine Werbesprecher ins Telefonat reinquatschen, geht's ja noch: Skype. Bild: dpa

Nutzer der Windows-Version 5.1 der Internet-Telefonie-Software Skype erwartet seit wenigen Tagen eine unangenehme Überraschung. Ihnen lacht unter dem "Home"-Karteireiter, den viele Nutzer aktiviert haben, eine große Werbefläche entgegen. Diverse Werbepartner hat Skype dort versammelt, wie das Unternehmen stolz in einer Pressemitteilung schreibt. "Skype startete eine neue Werbegelegenheit für die wichtigsten Marken der Welt".

Skype erlaubte seinen mittlerweile 650 Millionen Nutzern seit bald acht Jahren das kostenlos Kommunizieren per Sprache, Video oder Text. Nur für Sonderdienste wie Gespräche ins Fest- oder Mobilfunknetz oder Videokonferenzen mit mehreren Personen wird Geld verlangt. Von ein paar Cent pro Minute bis zu einigen Euro im Monat belaufen sich die Kosten. Ansonsten verhielt sich Skype sehr nutzerfreundlich: Kaum ein ablenkendes Element störte die hübsch gestaltete Software - und schon gar keine Werbung.

Zu unfreiwilligen Reklamebetrachtern werden zunächst Nutzer in den USA, in Großbritannien und auch in Deutschland. Die Aufmerksamkeit von "durchschnittlich 145 Millionen verbundenen Nutzern im Monat" will Skype zu Geld machen, zu Spitzenzeiten nutzen fast 30 Millionen User gleichzeitig den Dienst. Nun will das Unternehmen diese Kunden mit Werbung von Nokia, Universal Pictures oder Groupon konfrontieren. Dem IT-Nachrichtendienst Heise sagte ein Skype-Sprecher, man plane weder Pop-ups noch blinkende Banner.

"Rich Media"

Sogenannte "Rich Media"-Anzeigen sind erlaubt, die nach Angaben von Skype Audio- oder Video-Elemente enthalten könnten. Die Formate sind verhältnismäßig groß: Bis zu 650 mal 340 Bildpunkte darf die Werbung einnehmen, auf kleinen Laptops mit nur 1024 Bildpunkten horizontaler Auflösung wird man ihr also kaum entgegen können.

Unklar ist, ob von der neuen Werbeoffensive, die viele Nutzer aus heiterem Himmel traf, auch zahlende Kunden betroffen sind. Skype wolle dies testen, wobei die "meisten" Werbekonsumenten wohl Gratis-User sein dürften, wie die Firma ausführte. Skype will zur Zielgruppenoptimierung auch Daten nutzen, die aus der Kundendatenbank stammen - Wohnort, Altersgruppe oder Geschlecht.

Immerhin soll man dieser "Personalisierung" über ein Einstellungsmenü widersprechen können, in der Standardeinstellung ist sie aber aktiviert. Von Werbung verschont bleiben vorerst User unter Mac OS X und Linux; auch die Mobilversionen von Skype für iPhone und Co. sind zunächst reklamefrei.

Skypes Werbestrategie hat rein wirtschaftlich-strategische Gründe. Das Unternehmen konnte sich mithilfe von Finanzinvestoren vom bisherigen Mutterunternehmen Ebay loskaufen und hat im August vergangenen Jahres bei der US-Börsenaufsicht einen Antrag gestellt, in den nächsten Monaten an den New Yorker Aktienmarkt gehen zu dürfen. Dazu müssen Einnahmen her. Um die Umsätze aus den erwähnten Sonderdiensten zu ergänzen, will man nun mit Online-Werbung Kasse machen.

Twitters "Dickbar"

Der Internet-Telefonie-Dienst ist nicht das einzige Gratisangebot, das gerade mit neuen Reklamestrategien für Verärgerung bei seiner treuen Nutzerschaft sorgt. Der Kurznachrichtendienst Twitter sucht schon seit Jahren nach einem passenden Geschäftsmodell und glaubt, es ebenfalls in der Online-Werbung gefunden zu haben. Wie diese in den Nachrichtenstrom integriert werden soll, wird allerdings unter Experten wie Usern kontrovers diskutiert.

So ergänzte Twitter vor wenigen Tagen seine populäre iPhone-Twitter-Anwendung um eine sogenannte Quick Bar. Sie überlagert am oberen Rand des Bildschirms andere Tweets und zeigt "Trending Topics" an, also Begriffe und Themen, die gerade besonders stark diskutiert werden. Das Ziel der Quick Bar ist ein anderes: Das Einblenden gelegentlicher "promoted trends", also beworbener Themen, für die Reklamekunden zahlen.

Dass man die Quick Bar nicht abschalten kann, führte schnell zu einem lustigen Spitznamen: Der Blogger John Gruber nannte sie "Dickbar". "Dick" ist sowohl das englische Wort für "Schwanz" als auch der Name von Twitter-Chef Dick Costolo. Mittlerweile hat Twitter das Problem mit einer Änderung leicht entschärft, doch weg bekommt man die "Dickbar" noch immer nocht.

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