Wende im Schweizer Steuerkrimi: "Die Scheiße ist angerichtet"
Ein Schweizer Gericht verbietet, dass die USA Daten von Bankkunden erhalten, die der Steuerhinterziehung verdächtigt werden. Der Schweiz drohen dramatische Folgen.
Tabubruch in der Schweiz: Die an der Regierung beteiligte und bislang ganz wesentlich von der größten Schweizer Bank "Union Banque Suisse" (UBS) finanzierte FDP forderte gestern erstmals den Bruch der Politik mit der Großbank. "Die Scheiße ist angerichtet. Jetzt müssen den Worten Taten folgen", erklärte der FDP-Nationalratsabgeordnete Phillip Müller.
Ähnlich, wenn auch weniger drastisch, hatten sich am Wochenende bereits andere führende PolitikerInnen der Partei geäußert. Der Grund für die starken Worte: Am Freitag hatte das Bundesverwaltungsgericht - die höchste juristische Instanz der Schweiz - der Regierung untersagt, Kundendaten von 4.450 US-AmerikanerInnen, die ihr Geld unter Missachtung der US-Steuergesetze und mit krimineller Unterstützung durch UBS-Manager auf Konten der Großbank vor dem heimischen Fiskus versteckt hatten, an die Steuerbehörden in Washington zu übergeben.
Diese "Amtshilfe hatte die Schweiz den USA im August 2009 in einem Staatsvertrag verbindlich zugesagt. Dagegen klagte eine US-Bürgerin, die "vergessen" hatte, die heimischen Steuerbehörden von einem Millionenkonto bei der UBS zu unterrichten. Laut Gericht beging die Amerikanerin damit lediglich "Steuerhinterziehung", die nach Schweizer Recht nicht strafbar ist - im Unterschied zu "Steuerbetrug" (etwa durch aktives Fälschen von Steuerunterlagen). Daher, urteilte das Gericht, verstoße die von der Regierung beabsichtige Übergabe der Daten an die USA gegen Schweizer Recht. Schon vor zwei Wochen hatte das Gericht die bereits im Februar 2.009 erfolgte Übergabe von 255 Kundendossiers an die USA für rechtswidrig erklärt.
Das Urteil entfacht erneut den Streit zwischen der Schweiz und den USA, der für den Bankkonzern existenzbedrohend werden könnte. Denn im Zuge ihrer Ermittlungen drohten die US-Justizbehörden der UBS, sie wegen ihrer konspirativ durchgeführten Beihilfe zur Steuerhinterziehung vor Gericht zu bringen. Das hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur zur Einstellung jeglicher Geschäftstätigkeit der Großbank in den USA geführt, sondern die Klage hätte das gesamte Unternehmen bedroht. Die Folgen eines Bankrotts der UBS wäre für die Schweizer Volkswirtschaft dramatisch, denn die gemeinsame Bilanzsumme von UBS und der zweitgrößten Bank Credit Suisse beträgt mit 2.500 Milliarden Schweizer Franken das Fünffache des Schweizer Bruttosozialproduktes.
Die Regierung in Bern begründet die bereits im letzten Februar erfolgte Übermittlung
von Daten an die USA mit einem "Notrecht", weil sonst das "Ende der UBS" gedroht hätte.
Für die versprochene Übergabe der 4.450 Kundendossiers hatten die USA die Einstellung des Verfahrens gegen die UBS zugesagt. Jetzt droht seine Wiederaufnahme. FDP-Politiker Müller schlägt nun vor, dass die UBS die Kundendossiers an die USA in eigener Verantwortung übergeben soll.
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