Wende der EU-Kommission: 50 Milliarden für die Ukraine
Krieg, China, Energiekrise: Das 7-Jahres-Budget der EU reiche nicht, sagt Kommissionspräsidentin von der Leyen. Ein Nachschlag müsse her.
„Wir leben in einer völlig anderen Welt als 2020“, sagte von der Leyen am Dienstag in Brüssel. Damals war das Sieben-Jahres-Budget der EU nach langem Ringen beschlossen worden. Der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise zögen neue Ausgaben nach sich. Doch das 1,8 Billion Euro schwere EU-Budget, das bis 2027 gilt, reiche hinten und vorne nicht. Die Kommission fordert daher einen Nachschlag – und neue Eigenmittel, aus denen sie schöpfen kann.
Konkret geht es um 50 Milliarden Euro für die Ukraine, 15 Milliarden für die Migrationspolitik und 10 Milliarden für die Wettbewerbsfähigkeit. Dies sei das „absolute Minimum“, so die deutsche CDU-Politikerin. „Wir wissen alle, dass ein Krieg uns äußerste Flexibilität abverlangt“, betonte sie. Die Mittel für die Ukraine sollten aus Krediten und aus nicht rückzahlbaren Zuschüssen bestehen. Im laufenden Jahr fließen aus Brüssel 18 Milliarden Euro nach Kiew.
Es ist das erste Mal, dass die EU-Behörde einen Mehrjahresplan zur Unterstützung eines Landes aufstellt, das nicht Mitglied ist. Die 27 EU-Staaten sollen für die Ukraine sogar mehr Geld nachschießen als für die Migration und die Wettbewerbsfähigkeit. Neu ist auch, dass Brüssel um mehr Geld für den Schuldendienst bittet. Hier geht es um den schuldenfinanzierten Corona-Aufbaufonds, der unter den gestiegenen Zinsen leidet.
Widerspruch aus Berlin
Ob Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten mitziehen und mehr Geld locker machen, ist unklar. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gibt sich zugeknöpft. Er sehe derzeit keinen Spielraum für zusätzliche deutsche Zahlungen, sagte Lindnerletzte Woche. „Angesichts der notwendigen Kürzungen in unserem nationalen Haushalt können wir derzeit keine zusätzlichen Beiträge zum Haushalt der EU zeichnen.“
Auf Widerspruch in Berlin dürfte auch von der Leyens Vorschlag zur „wirtschaftlichen Sicherheit“ stoßen. Die Kommissionschefin stellte ihn just in dem Moment vor, da Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin vor die Presse trat – gemeinsam mit Chinas Ministerpräsident Li Qiang. Anders als Scholz warnte von der Leyen – ohne China zu nennen – vor neuen ökonomischen Risiken. Als Beispiele nannte sie die Energieversorgung, aber auch High-Tech-Produkte.
„Wirtschaftliche Sicherheit ist für uns zu einer Priorität geworden“, so die EU-Chefin. Allerdings blieb unklar, wie sie diese Sicherheit definiert – und wie sie sie gewährleisten will. Ihre Behörde werde bis zum Jahresende eine „strategische Vision“ vorlegen, sagte von der Leyen. Sie ziele vor allem darauf ab, zu verhindern, dass kriegswichtige Hochtechnologie exportiert werde. Geplant sind offenbar auch Investitionskontrollen.
Schulterschluss EU-USA
Dies bedeute jedoch keine Abkehr vom Freihandel, so von der Leyen. Doch genau das fürchten die Kritiker. „Kein Wirtschaftsraum profitiert so sehr von Freihandel wie Europa“, sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. „Es ist in unserem ureigenen Interesse, dass die ‚strategische Autonomie‘ nicht zum Codewort für Protektionismus wird.“
Ähnlich argumentieren deutsche Wirtschaftsverbände. Die Pläne dürften nicht in Richtung eines „staatlich gelenkten Außenhandels“ ausufern, erklärte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Besonders kritisch sieht die DIHK die Pläne zur Prüfung von Auslandsinvestitionen. Die EU solle davon Abstand nehmen.
Allerdings gibt es offenbar bereits Absprachen mit den USA. Von der Leyen hatte im März US-Präsident Joe Biden in Washington besucht und den Kurs in der China-Politik festgelegt. Nun wird er Schritt für Schritt umgesetzt.
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