Eine Person in einem Raum mit Betten.

Foto: Elisabeth Bauer

Krieg in der Ukraine:Wiederaufbau Ost

Zerstörte Dörfer und Städte in den befreiten Gebieten möchte die Ukraine möglichst schnell wieder aufbauen. Doch manche werden dabei vergessen.

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Aus moschtschun und butscha, 20.10.2023, 20:34  Uhr

Eine knappe halbe Stunde Autofahrt und ein etwa drei Kilometer breiter Streifen Kiefernwald trennen das Dorf Moschtschun von der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw. Vor dem russischen Großangriff lebten hier rund 1.000 Menschen.

Tetjana Jarema, eine kleine, rüstige Frau mit sonnengebräuntem Gesicht, steht auf ihrem Grundstück und deutet auf eine kahle, von Unkraut überwucherte Fläche. „Was soll bei mir erneuert werden – Fenster, Dach? Ich habe ja nicht einmal mehr Wände“, sagt die alleinerziehende Mutter über das Haus, das ihr von den russischen Angreifern in der Anfangsphase der großen Invasion genommen wurde.

Am 5. März 2022 – die russischen Truppen waren schon fast bis ins benachbarte Irpin vorgedrungen – evakuierten Nachbarn Jarema und ihren 13-jährigen Sohn Artem unter Raketendonner. Ihr Haus sollten sie zum letzten Mal stehend gesehen haben. „Am 6. März waren wir schon in Riwne“, erzählt Jarema von ihrer Flucht in die westlicher gelegene Großstadt. „Ende April kehrten wir zurück.“

Das Haus fanden sie bis zu den Fundamenten heruntergebrannt vor. Daneben, gleich neben dem Rosenbusch, zeugte ein Krater von einem Einschlag. „Mit meinen Händen füllte ich ihn wieder auf, mit Erde und Schutt.“

Seit Monaten leben Tetjana und ihr Sohn in einem Wohnwagen

Noch immer, achtzehn Monate nach der Befreiung des Kyjiwer Umlands, liegt das Dorf in Trümmern: Etwa 70 Prozent der Häuser wurden zerstört, als russische Soldaten Moschtschun Anfang März unter Beschuss nahmen, mit dem Ziel, von hier aus nach Kyjiw vorzurücken. Der Blitzkrieg-Plan scheiterte – und die „Schlacht um Moschtschun“, die am 21. März mit der Befreiung von den russischen Besatzern endete, erwies sich als eines der zentralen Momente in der Verteidigung Kyjiws.

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Mutter und Sohn leben zurzeit in einem Wohnwagen. Von außen aus Blech, von innen mit Holz verkleidet und mit dem Nötigsten ausgestattet, dient er Tetjana und Artem als provisorische Behausung. Eine der Stiftungen, die in Moschtschun aktiv sind, stellte den Wagen letztes Jahr auf, dazu einen kleinen Holzofen.

Modulhäuser und funktional ausgebaute Wohnwagen – das ist neben staatlichen Einmalzahlungen, die alle Ukrai­ne­r:in­nen erhalten haben, für viele Dorf­be­woh­ne­r:in­nen die einzige angekommene Unterstützung. Auch Fenster- und Dachschäden wurden teils schnell von der Bezirksregierung registriert und repariert. Doch bei denjenigen, die alles verloren haben, ist bisher keine Hilfe angekommen.

Wenigstens sei ihr die Wasserpumpe im Garten geblieben, sagt Jarema. Sie pumpt ein paar Mal und bringt einen sprudelnden Wasserstrahl hervor. „Sie hat überlebt, meine Kriegspumpe. Alle Nachbarn kamen her, um Wasser zu holen.“ Sie deutet auf eine niedrig ummauerte Eisentür, jenseits des Hauses gelegen, die fingerdicke Einschusslöcher aufweist. In diesem feuchten Vorratskeller hatte sie mit Artem ausgeharrt, als der Beschuss vor ihrer Flucht begonnen hatte. „Man sagt uns, noch könne der Wiederaufbau nicht beginnen – aber wann?“

Löcher in einer Tür.

Hinter dieser von Schüssen durchlöcherten Tür versteckten sich Tetjana Jarema und ihr Sohn Artem, als die russischen Truppen angriffen Foto: Elisabeth Bauer

Der Wiederaufbauplan der ukrainischen Regierung ist ambitioniert – und mehrdimensional. Er hat materielle, sozialpolitische, wirtschaftliche und psychologische Aspekte. Einerseits geht es ganz konkret darum, allen Menschen ein Dach über dem Kopf zu gewährleisten und Existenzen zu sichern. Andererseits ist es psychologisch von zentraler Bedeutung, wiederaufzubauen, obwohl – oder gerade weil – Russland den Ukrai­ne­r:in­nen gewaltsam einen erbitterten Krieg aufzwingt, dessen Ziel es ist, zusammen mit ihren Häusern auch alle Hoffnungen auf eine freie Zukunft zu zerstören.

Viele Häuser sind noch zerstört

Moschtschun ist Teil des Wiederaufbauplans, jedoch hinkt es bei der Umsetzung. Während den übrigen fünf Ortschaften, die in das staatliche „experimentelle Wiederaufbauprojekt“ aufgenommen wurden, im August 3,35 Milliarden Hrywnja bewilligt wurden, umgerechnet fast 86,7 Millionen Euro, blieb Moschtschun außen vor. In jenem Dorf, das teils aus Kleingartensiedlungen besteht, muss zunächst der legale Status des Baulands geklärt werden, bevor der neue Generalplan umgesetzt werden kann.

Viele Dorf­be­woh­ne­r:in­nen haben ihre Grundstücke nach dem Ende der Sowjetunion nicht privatisieren lassen. Sie befinden sich immer noch in kommunalem oder staatlichem Besitz. So auch jenes von Tetjana Jarema – bisher hatte sie einfach keinen Grund dafür gesehen, es auf sich eintragen zu lassen.

Das geltende Kriegsrecht ist die nächste Hürde. Denn die zuständige Militärverwaltung von Hostomel sei nicht befugt, die notwendigen städtebaulichen Bewilligungen zu erteilen, erklärte Ruslan Krawtschenko, Leiter der Kyjiwer Militärverwaltung, gegenüber der Agentur Interfax Ukraine im August.

Die offiziellen Wiederaufbau­programme allein können die Situation nicht stemmen. Zivilgesellschaftliche Anstrengungen sorgen dafür, dass dort, wo die internationale oder staatliche Hilfe (noch) nicht ankommt, zumindest humanitäre Grundbedürfnisse gesichert werden.

Butscha ist das Flaggschiff des Wiederaufbaus

Das funktioniert unterschiedlich gut. Während Moschtschun weiter zu großen Teilen in Trümmern liegt, sind andere Städte ein Jahr nach ihrer Befreiung erneuert worden. Beispiel Butscha: Nach der einmonatigen Okkupation Anfang April 2022 avancierte die Stadt, in der die barbarische Kriegsführung der russischen Armee ersichtlich wurde, zu einem Symbol der Massenverbrechen. Längst ist Butscha aber nicht mehr nur als Ort des Schreckens bekannt; die zentrale Straße Woksalna gilt als Beispiel des fortschreitenden Wiederaufbaus.

Die Straße ist kaum mehr als Teil jener apokalyptischen Szenerie auszumachen, die im April 2022 die Titelseiten internationaler Medien prägte. Nach wochenlanger Besatzung kamen damals Bilder der russischen Gräueltaten in Butscha an die Öffentlichkeit. Über die Woksalna zog sich am 27. Februar 2022 eine dreißig Kilometer lange russische Militärkolonne in Richtung Irpin, von wo aus sie über Kyjiw herfallen sollte. Der Plan wäre wohl aufgegangen, hätte die ukrainische Armee den Angreifern nicht durch Sprengung eines Damms und mehrerer Brücken über den Fluss Irpin den Weg abgeschnitten. So fiel die russische Route auf Moschtschun als Ausweichort.

Zwei Personen vor einem provisorischen Haus.

Tetjana Jarema und ihr 13-jähriger Sohn Artem vor ihrer provisorischen Behausung im August. Auf einen Wiederaufbau ihres Hauses warten sie seit anderthalb Jahren Foto: Daniel Sager

„Wir haben uns für die Woksalna entschieden, weil sie symbolträchtig ist“, sagt Andrij Nehrytsch, Leiter des ukrai­nischen Ablegers der Global Empowerment Mission (GEM), einer amerikanischen Non-Profit-Organisation, in einer Radiosendung. Die Straße solle für die ganze Welt ein Beispiel des Wiederaufbaus der Ukraine werden.

Im Rahmen des Wiederaufbauprojekts „Hoffnung für Butscha“, das GEM zusammen mit dem Stadtrat und der Vespa Group im Oktober 2022 initiierte, wurden innerhalb von nur fünf Monaten 110 Häuser entlang der Woksalna repariert und zum Teil neu errichtet.

Butscha gilt als Flaggschiff des ukrai­nischen Wiederaufbaus. Dem im März 2023 vorgestellten „Build Bucha Back Better Recovery Plan“ zufolge möchte man nicht nur das Zerstörte wiederherstellen, sondern auch nachhaltige Prinzipien und europäische Erfahrungen berücksichtigen. „Butscha ist ein anschauliches Beispiel für die Rückkehr des Lebens in eine deokkupierte Stadt“, sagte Dmytro Nazarenko, Leiter der Kyjiwer Staatsverwaltung.

Flucht zu Fuß über Leichen

Ein Ort, an dem Anstrengungen und Mittel investiert wurden, um den Kriegsalltag, den viele Ukrai­ne­r:in­nen als „neue Normalität“ bezeichnen, für die Kleinsten erträglicher zu machen, ist der Kindergarten „Kosatschok“. Die größte Kindertagesstätte von Butscha befindet sich im nördlichen Teil der Woksalna und damit in unmittelbarer Nähe zu dokumentierten Orten russischer Gräueltaten.

Am 1. September, an dem traditionell der Tag des Wissens gefeiert wird, s­tehen die Beete vor dem modernisierten 70er-Jahre-Bau in bunter Herbstblüte, leuchten die Spielgeräte im Hof in frischen Farben. „Das einzige Gerät, das wir noch nicht erneuert haben, ist die Rutsche“, sagt Kindergarten­direktorin Tetjana Mykolajiwna Morosenko.

Als Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine überfiel, war die Pädagogin an ihrem Arbeitsplatz – und brachte in den ersten Tagen der großen Invasion Familien mit ihren Kindern im Keller des Gebäudes unter.

Tetjana Mykolajiwna Morosenko, Kindergartendirektorin in Butscha

„Traumatisiert sind jetzt alle – wir versuchen damit umzugehen“

Am 10. März floh Morosenko mit ihren Enkelkindern – zu Fuß, über Leichen. „Mein Gott, wie viele Menschen waren getötet worden, wie viele Autos lagen dort? Russen fuhren mit ihren Panzerabwehrkanonen und Maschinengewehren vorbei. Sie töteten, wen sie wollten.“ Über die Straße Jablonska, wo neben der Woksalna die meisten Morde an der Zivilbevölkerung verübt wurden, liefen sie zum Bahnhof, dann nach Irpin. Dort wartete ein Wagen, der sie über die Romanowsky-Brücke brachte, wo Jour­na­lis­t:in­nen und Volunteers warteten.

Ein kindergerecht gestalteter Schutzraum

„Zwei Kolleginnen sind nicht mehr unter uns“, sagt Morosenko mit leiser Stimme. „Eine langjährige Mit­arbeiterin ist in ihrem Auto erschossen worden, und unsere Köchin, die in ­Hostomel lebte, wurde am 20. März getötet. Als sie aus dem Keller trat, ­explodierte direkt auf ihren Beinen ein Projektil.“

In einem blauen Kleid führt die Pädagogin durch ein Treppenhaus, dessen Wände mit Märchenfiguren überzogen sind, in den Keller. Vor einem Jahr feierte der Kindergarten seine Wiedereröffnung. Was früher ein Lagerraum war, ist nun ein Bunker – kindergerecht gestaltet, mit staub­abweisender, ökologischer Farbe gestrichen.

„Als wir anfingen, merkten wir schnell, dass wir Hilfe benötigen. Dass der Schutzraum für Kinder angemessen dekoriert werden sollte, damit sie hier keine Angst haben.“ Während die Reparaturen am Haus und im Hof vom Staat getragen wurden, holte sich Morosenko für den Bunkerausbau Hilfe von Freiwilligen, die bereits in Butscha und Umgebung aktiv waren. Für die Volunteer-Organisation B50 war die Säuberung und Ausgestaltung im Kindergarten „Kosatschok“ ein Pilotprojekt, sechs weitere Bildungsinstitutionen im Kyjiwer Gebiet sollten folgen. Der Kindergärtnerin steigen bei der Erinnerung Tränen der Dankbarkeit in die Augen.

Die Kinder gehen brav in den Bunker

„Die Kinder verstehen, dass sie in den Bunker müssen. Wenn der Luftalarm ertönt, gehen sie ruhig hinunter, sie kennen die Regeln“, sagt Morosenko. Wenn es Alarm gibt, manchmal zwei, drei Mal am Tag, kommen die Kinder aus zwei Richtungen, erzählt sie. Sie folgen einem durchgetakteten Verhaltens­algorithmus: Die Kinder, die draußen waren, kommen durch die eine Türe, diejenigen, die im Haus waren, durch die andere.

Selbst den Jüngsten sei klar, dass dieser Bunker ein Ort der Sicherheit ist. Dass man unbedingt herkommen müsse, um sein Leben zu schützen. „Traumatisiert sind jetzt alle – wir versuchen damit umzugehen.“

Fast alle Kinder seien mit ihren Familien nach Butscha zurückgekehrt. Vor der Invasion zählte die Institution 420 Kinder, im Herbst 2022 dann nur noch 200. In diesem Jahr sind es wieder 328 Kinder.

Zurück in Moschtschun. An einem Samstag steht Kateryna Samantsowa auf den Trümmern ihres Hauses. Volunteers der Organisation B50, zu Beginn des russischen Großangriffs gegründet, haben sich hier versammelt, um marodes Mauerwerk abzutragen – alles, was vom materiellen Familien­gedächtnis der jungen Frau geblieben ist.

„Hoffnung, dass der Staat uns hilft, habe ich wenig“, sagt sie. „Zum Glück gibt es Volunteers, Stiftungen, Menschen in Europa, die uns helfen. Hoffen kann ich nur auf sie.“ Im Gegensatz zu anderen Dorfbewohnern hat Samantsowa noch keinen provisorischen Wohnraum bereitgestellt bekommen. Sie zeigt auf eine Stelle zwischen den Fundamentresten: „Hier sollte unser Modulhaus stehen, hier hätten wir leben können, solange wir wiederaufbauen.“ Auch an die regionale Militärverwaltung von Hostomel habe sie sich gewendet. Man versprach ein provisorisches Haus, bisher warten Samantsowa und ihr Mann – Eltern eines fünf Monate alten Mädchens – vergeblich.

Zurzeit mietet das Paar eine Kommunalwohnung in der Hauptstadt, doch die sei teuer und zu eng für drei Menschen.

Manche finden nicht, dass der Staat den Wiederaufbau alleine stemmen muss

Ruslan Habdulow, Kopf von B50 und eigentlich Jurist, packt an diesem Samstag mit an. Mit vereinten Kräften bearbeiten die Volunteers einen Mauerabschnitt, den sie abreißen wollen. Nach einigen Minuten gibt er krachend nach und lässt eine große Staubwolke aufsteigen. Das CleanUp!-Projekt erfordere kaum finanzielle Mittel: Das nötige Werkzeug sei besorgt, rund 30 Volunteers sind regelmäßig an den Wochenenden bei den Einsätzen dabei.

Warum der Staat in Moschtschun noch nicht aktiv geworden ist? „Wir kennen den Maßstab der Zerstörung, verstehen, dass soziale genauso wie kritische Infrastruktur wiederaufgebaut werden muss – nicht erst, wenn der Krieg vorbei ist“, sagt Ruslan Habdulow. „Wir glauben nicht, dass all das der Staat leisten muss. Das ist kaum möglich, und wir erwarten es nicht. Auch die Gesellschaft muss einen Teil dieser Arbeit leisten.“

Im benachbarten Hostomel öffnet Taras Lazer eine App auf seinem Smartphone. Dija (auf Deutsch: Handeln, Aktion) soll als smarte Schaltstelle zwischen Bür­ge­r:in­nen beziehungsweise Unternehmen und Staat alle öffentlichen Dienstleistungen online zugänglich machen. Die App, die für einen „digitalen Staat“ steht, speichert persönliche Dokumente und bietet Formulare an, über die staatliche Hilfeleistungen beantragt werden können.

Seit April können auch Kompensationen für Reparaturen an Haus oder Wohnung beantragt werden. Aber: Leistungen wurden in der ersten Phase des Programms nur für sehr spezifische Reparaturen und in geringfügigem Maße erstattet.

„Es gibt viele Nuancen in dem Unterstützungsprogramm, die nachgebessert werden müssen“, meint Lazer, der als Filmemacher, Übersetzer und Dozent am Romanistik-Institut der Kyjiwer Borys-Grintschenko-Universität arbeitet. Er wohnt in einer Townhouse-Siedlung am Rande Hostomels, die stark unter dem russischen Totalangriff gelitten hat. Einige Häuser sind immer noch schwarz verkohlt, andere wieder belebt, waren vielleicht nur leicht beschädigt oder wurden schon renoviert.

„Wie lange sollen wir noch warten?“

Der Journalist, der seit Beginn der großflächigen Invasion russische Kriegsverbrechen dokumentiert, hat Geld für einige Hausreparaturen erstattet bekommen. Seine Frau und Tochter sind nach Berlin geflüchtet, an ihrer Stelle wohnen jetzt seine Eltern bei ihm. In der Region von Cherson verloren sie ihr Lebenswerk.

Erst wurde ihr Haus von Raketen zerstört, nach der Sprengung des Kachowka-Damms von Wassermassen überflutet. Eine Kompensation für diesen Totalschaden hat die Familie bislang nicht gesehen. In Hostomel führt Lazer die schmale Treppe hinauf unters Dach, um verbliebene Spuren der Gewalt zu zeigen. Er weiß genau, welche Schrammen in seinen Wänden durch russische Granaten und Splitter entstanden sind; erinnert sich, was die eingedrungenen russischen Soldaten aus welchen Zimmern entwendet haben.

„Dija ist ein gutes Instrument, wenn es richtig genutzt wird und nicht den Falschen in die Hände fällt.“ Lazer, der viel mit den Behörden von Hostomel zu tun hatte, bezieht sich auch auf Nachrichten über sinnlose Großbauprojekte in Kyjiw oder fragliche Auftrags­verteilungen für Bauprojekte in Butscha an nur wenige, ortsferne Firmen, die in den vergangenen Sommermonaten für Unverständnis und Ärgernis sorgten.

„Korrumpierte Firmen, die sich bereichern, gab es schon immer, aber das in Kriegszeiten zu tun, ist etwas anderes“, echauffiert sich Lazer. Ein Problem sei das politische System, das sich nur langsam verändere, aber auch ­Budgetfragen – also die Umverteilung finanzieller Mittel, wie etwa der EU-Gelder.

„Für Ukrai­ne­r:in­nen ist es wichtig zu sehen, dass der Wiederaufbau real ist“, hatte Ministerpräsident Denys Schmyhal, verantwortlich für die klangvolle Parole „Build Back Better“, während einer Regierungssitzung im April gesagt. Die Menschen in Moschtschun warten auf die Erfüllung jenes Versprechens – und glauben kaum noch an eine baldige Realisierung.

„Ich hoffe sehr, dass es besser wird, als es war. Aber wie lange sollen wir noch warten?“, sagt Tetjana Jarema in Moschtschun. „Wir dachten, im Sommer würden sie anfangen, nun steht der Winter vor der Tür.“ Während in Borodjanka, einer anderen Siedlung, das Teil des ukrainischen Wiederaufbauplans ist, der Bahnhof erneuert wurde, sieht Jarema den kalten Monaten voller Sorgen entgegen.

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